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Beate Uhse – Sex-Pionierin und Geschäftsfrau

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Lukas Meyer-Blankenburg
Lukas Meyer-Blankenburg (Foto: SWR, Oliver Reuther)

Anfangs ging es Beate Uhse (25.10.1919 bis 16.7.2001) um mehr Lust und Selbstbestimmung der deutschen Frauen. Später dachte sie vor allem ans Geschäft und bediente mit ihren Pornofilmen Männerfantasien.

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Ihr Name steht in Deutschland für sexuelle Freizügigkeit und den Aufstieg der Erotik-Industrie. Dabei entdeckte die 1919 im ostpreußischen Wargenau geborene Beate Uhse das Geschäft mit Sexartikeln eher zufällig. Uhse war Pilotin und während des Zweiten Weltkriegs Hauptmann der Luftwaffe. Aber weil Deutschen fliegerische Tätigkeiten im Nachkriegsdeutschland untersagt waren, begann Uhse als alleinerziehende Kriegswitwe mit dem Verkauf von Info-Broschüren über Verhütung. 

Mitarbeiterinnen des Flensburger Versandunternehmens für Sex- und Hygieneartikel Beate Uhse. In dem Büro wird die Kundenkartei auf Lochkarten aufbewahrt. Aufnahme vom März 1969 (Foto: picture-alliance / Reportdienste, (c) dpa - Bildarchiv)
Mitarbeiterinnen des Flensburger Versandunternehmens für Sex- und Hygieneartikel Beate Uhse. In dem Büro wird die Kundenkartei auf Lochkarten aufbewahrt; März 1969

Der erste Sexshop der Welt

Das Geschäft lief so gut, dass Beate Uhse erst ihr eigenes Versandhaus für Kondome und 1962 in Flensburg das „Fachgeschäft für Ehehygiene“ eröffnen konnte, den ersten Sexshop der Welt. Bereits nach wenigen Jahren versorgte Uhse damit mehr als 1,5 Millionen Kundinnen und Kunden und beschäftigte rund 200 Mitarbeiter.

Beate Uhses "Fachgeschäft für Ehehygiene" in Hamburg; um 1965 (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/IMAGNO)
Beate Uhses "Fachgeschäft für Ehehygiene" in Hamburg; um 1965

Kampf gegen die deutsche Prüderie

Die „Beate-Uhse-Shops“ machten ihre Gründerin zu einer der einflussreichsten Unternehmerinnen der Bundesrepublik. Und sie setzten ein Zeichen gegen die deutsche Prüderie der 50er und 60er Jahre. Beate Uhse trat für Aufklärung, Verhütung und Spaß beim Sex ein. Unverhohlen sprach sie über Gleichberechtigung im Bett und die Lust der Frau. Ihre Gegner warfen ihr deshalb Pornografie vor oder Beihilfe zur Unzucht und attackierten sie jahrelang mit insgesamt mehr als 2000 Strafverfahren. Keine der Klagen war besonders erfolgreich. Was hängen blieb, war hingegen Uhses Satz:

„Hier steht der Orgasmus vor Gericht.“ 

Geschäfte mit frauenfeindlichen Pornos

Später kritisierten Feministinnen Uhses Geschäft mit Mainstream-Pornos für einen reinen Männergeschmack. Ab den Nuller Jahren machten zunehmender Online-Handel und Internetpornografie dem Unternehmen Konkurrenz. Bereits in den 1980er Jahren wurde Uhses Konzern unter den zerstrittenen Söhnen aufgeteilt. Den Niedergang ihres Geschäfts musste Beate Uhse aber nicht mehr erleben; sie starb 2001.

Literatur zum Thema

  • Katrin Rönicke: Beate Uhse. Ein Leben gegen Tabus, Residenz Verlag, 2019.
  • Sybille Steinbacher: Wie der Sex nach Deutschland kam, Verlag Siedler, 2011.

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