Eine bimediale Dokumentensammlung über den Frankfurter Auschwitz-Prozess
Johann Zilien ist Archivar im Hauptstaatsarchiv Wiesbaden. Die 103 Tonbänder, die hier bei gleichbleibenden 18 Grad im Magazin lagern, sind ein Teil der Verfahrensakte des „1. Frankfurter Auschwitz-Prozesses“ – einer bimedialen Dokumentensammlung.
Heute macht dieses Audiomaterial mit den mehr als 300 Zeugen den besonderen Wert des Konvoluts aus: Sie vermitteln die Atmosphäre des Prozesses viel besser als die 50.000 Aktenseiten aus Papier.
Dass die Tonbänder nach den Verhandlungen nicht vernichtet wurden, geht auf die Initiative von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer zurück – und auf den KZ-Häftling Hermann Langbein. Hermann Langbein sagte auch als Zeuge aus: Von 1942 bis 44 war er in Auschwitz als Schreiber in der Nachtschicht eingeteilt gewesen.
Der Podcast soll die Aufnahmen einer breiteren Öffentlichkeit vermitteln
Johann Zilien hat nun über die Materialsammlung eine Art Podcast gemacht – auch um sie einer breiteren Öffentlichkeit auf digitalem Weg zu vermitteln.
In knapp einer Stunde blättert Johann Zilien auf, warum die Verfahrensakte seit kurzem zu einem der rund 400 Dokumente des sogenannten Weltgedächtnisses gehört. Dabei stellt er vor allem die juristischen und archivgeschichtlichen Hintergründe vor.
Die Aufarbeitung ist auch heute noch wichtig
Man merkt dem sechsteiligen Audio an, dass dahinter kein Journalist steht, kein professioneller Sprecher. Dafür bringt der Podcast die authentische Stimme eines profunden Kenners des riesigen Konvoluts ein, der sich trotz des sachlichen Tons auch berührt zeigt.
Auch wenn viele enttäuscht waren, dass die Strafen gegen die zwei Dutzend Angeklagten relativ milde ausfielen: Der Auschwitz-Prozess von 1963 bis 1965 brach das Schweigen in der Bundesrepublik über die eigene Schuld an der Nazi-Diktatur. Er löste eine Aufarbeitung aus, die heute weiterhin wichtig ist, sagt Johann Zilien.