Tomaten in Plastikverpackung (Foto: Colourbox, Foto: Colourbox.de -)

Dick durch Weichmacher

Plastikverpackungen untersucht

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AUTOR/IN
Annegret Faber
ONLINEFASSUNG
M. Walter
R. Kölbel

Um Plastikverpackungen kommt man kaum herum. Das Problem: Zum Teil sind gefährliche Weichmacher enthalten. Eine Studie mit Mäusen zeigt nun, dass der Weichmacher DEHP dick macht.

Studie: Mäuse werden dick durch Weichmacher

Phthalat DEHP nennt sich der Weichmacher, der Mittelpunkt der Studie ist. Mäusen wurde er über zehn Wochen im Trinkwasser verabreicht. Und zwar in Mengen, die vielleicht vor ein paar Jahren noch jeder EU-Bürger zu sich nahm, ohne es zu wissen, sagt Prof. Matthias Blüher, der Leiter des Adipositas Zentrums am Leipziger Universitätsklinikum. Die Studie habe ergeben, dass zumindest die weiblichen Tiere ein deutliches Übergewicht entwickelt hätten. Die Fettzellgröße nehme zu und auch die Fettgewebefunktion werde schlechter.

Labormaus (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa -)
Die Studie zeigt, dass zumindest weibliche Mäuse durch die Weichmacher an Gewicht zunehmen.

Weichmacher können wie Hormone wirken

Die doppelte Katastrophe: Fettzellen werden nicht nur um 30 Prozent größer. Sie schrumpfen danach auch noch langsamer. Die Forscher vermuten, dass der Weichmacher vor allem Geschlechtshormone beeinflusst. Denn es zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Tieren. Laut Professor Blüher können Phtalate und andere Weichmacher wie Hormone wirken; sie würden dazu beitragen, dass Menschen zunehmen und vom Problem der Fettleibigkeit oder Adipositas betroffen seien. Noch lässt sich wohl nicht abschätzen, inwiefern solche Umweltgifte einen Anstieg des Übergewichts in der Bevölkerung bewirken.

Gefüllter Einkaufskorb (Foto: Colourbox, Foto: Colourbox.de -)
Wer im Supermarkt einkauft, kommt kaum an Plastikverpackungen vorbei.

Jeder Mensch nimmt Phthalate auf

Doch wozu eine Studie mit DEHP, wenn dieser Stoff in der EU für Lebensmittelverpackung und Spielzeug nicht mehr zugelassen ist? Prof. Martin von Bergen, Molekularbiologe am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ in Leipzig, erklärt, dass der Weichmacher DEHP ein gutes Modellsystem sei. Die Folgesubstanzen seien diesem relativ ähnlich und so könnten diese Ergebnisse teilweise auf andere übertragen werden.

Außerdem sei Phthalat DEHP immer noch präsent, sagt Matthias Blüher. So könnten Nahrungsmittel, die von Märkten außerhalb der EU in Verpackungen eingeführt werden, durchaus noch DEHP enthalten. Doch egal ob DEHP oder andere Weichmacher. Sie seien überall. Eine menschliche Fett- oder Urinprobe ohne Phthalate, wie er Weichmacher nennt, gäbe es faktisch nicht. Auch der Molekularbiologe Martin von Bergen bestätigt das: Eine seiner Studien, in der Mitarbeiter getestet wurden, ergab, dass jeder Mensch eine gewisse Dosis Phthalate aufnimmt.

Puppe (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa -)
In der EU sind bestimmte Weichmacher für Spielzeug und für Verpackungen inzwischen nicht mehr zugelassen.

Ergebnisse von Mäusestudien auf den Menschen übertragbar?

Die aktuelle Studie ist nun erst einmal im Mäusestadium. Ob ihre Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, ist noch nicht klar - auch wenn sich vermutlich vieles ähnlich verhält. Laut Blüher sei es schwer, die Erkenntnisse direkt auf den menschlichen Organismus zu übertragen. Da man Menschen DEHP nicht gezielt verabreichen kann, könne man nur Rückschlüsse ziehen: Von der Menge an Weichmachern, die über die Jahre im Fettgewebe von Menschen abgelagert würden, könne man auf die Exposition schließen. Tatsächlich gebe es Zusammenhänge zwischen Übergewicht und der vermehrten Konzentration bestimmter Umweltgifte im Fettgewebe.

Weitere Forschungsarbeiten nötig

Und was raten die Forscher dem Verbraucher? Von Bergen meint Folgendes:

Appell an die Industrie: Keine Risiken eingehen!

Viele Weichmacher seien noch nicht ausreichend untersucht. Blüher und von Bergen sagen, es gibt Parallelen zu derzeitig zugelassenen Weichmachern. Deshalb wird es weiter Studien geben. Von Bergen hält das Butyl Benzyl Phthalat und das Di-Isonolyl Phthalat für besonders wichtig, da es noch zugelassen sei und in Verpackungsmaterialien und anderen Plastikartikeln vorhanden sei.

Die Forscher appellieren an die Industrie, keine Großversuche an der Menschheit zu riskieren, nur des Profites wegen. Fragliche Chemikalien sollten erst dann zugelassen werden, wenn ihre Wirkung auf den Menschen klar definiert ist.

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