Nirgendwo ist das Meer so tief wie im Marianengraben. Forscher haben dort Krebse untersucht, die in bis zu 10.000 Metern Tiefe leben. Und die Giftkonzentrationen waren deutlich höher waren als etwa die von Krabben aus stark verschmutzen Flüssen in China. Dabei ist der Marianengraben tausende Kilometer weit weg von jeglichem Festland. Und die kleinen Krebse stehen ziemlich am Anfang der marinen Nahrungskette, nicht am Ende, wie die großen Raubfische oder die Eisbären.

Warum diese Tiefsee-Krebse so viel PCB und PBDE enthalten, darüber stellen die Forscher nur Vermutungen an:
- Möglichkeit 1: Das Zeug rieselt von der Meeresoberfläche hinunter: Oben im Meer schwimmen Fische, in denen sich das Gift schon angereichert hat, wenn die Fische sterben, sinken ihre organischen Überreste in die Tiefe. Die Krebse ernähren sich davon und reichern die Gifte dann ihrerseits an. Gegen diese Vermutung spricht jedoch, dass diese organischen Überreste normalerweise nicht bis in die tiefste Tiefsee gelangen, sondern vorher von Bakterien zersetzt werden.
- Möglichkeit 2: Der Stoffwechsel dieser speziellen Krebse sorgt dafür, dass sie die Substanzen besonders stark anreichern – auch das halten die Forscher für unwahrscheinlich.
- Möglichkeit 3: Der Marianengraben liegt im Radius des pazifischen Plastikstrudels – in den letzten Jahrzehnten haben sich an der Meeresoberfläche dort riesige Mengen vor allem Müll angesammelt. Auch von dort könnten Giftstoffe auf den Meeresboden sinken. Dafür spricht, dass in einem anderen Meeresgraben – dem Kermadec-Graben bei Australien – die gemessenen Giftkonzentrationen in den Tiefseekrebsen schon deutlich niedriger sind. Aber das sind alles Hypothesen.
In jedem Fall die hohe Konzentration von PCB und PBDE in den Tiefseekrebsen neue Fragen auf. Beide Stoffgruppen sind sehr langlebig, werden kaum abgebaut. Sie sind im Normalfall flüchtig - das heißt, sie verdunsten in die Atmosphäre und über die globale Luftzirkulation gelangen sie dann in Gebiete, tausende von Kilometern von ihrer Entstehung entfernt.
Gerade in Polargebieten findet man sie in höheren Konzentrationen, denn bei niedrigen Temperaturen kondensieren sie. Gerade im Fettgewebe von Walen, Robben und Eisbären reichern sie sich an – das ist schon lange bekannt. Dass sie über Meeresströmungen auch in die Tiefsee gelangen, war zu erwarten, aber es wurde jetzt zum ersten Mal gemessen. Manche Forscher stellen die allerdings die Ergebnisse an sich in Frage und möchte zunächst unabhängige Kontrollmessungen abwarten.