Etwa 328 verschiedene Papageienarten sind in den Regenwäldern und Feuchtsavannen fast aller Kontinente zu Hause. Nach Europa kamen sie im Gefolge antiker Feldherrn und frühneuzeitlicher Seefahrer, Entdecker und Kolonisatoren.
Weil sie so kontaktbedürftig sind, gelten Papageien als Liebesvögel. Ihre Intelligenz fasziniert die Menschen seit alters her. Doch wie intelligentes Verhalten entsteht, ist noch nicht völlig geklärt, sagt die Zoologin Alice Auersperg.
Möglicherweise spielen soziale oder technische Herausforderungen eine Rolle. Wenn man sich in einer Gemeinschaft behaupten muss, ist es von Vorteil, clever zu sein. Oder aber, wenn die physische Umwelt Ansprüche stellt.
Schwärme, Familien und Paare
Traditionell ist die Ordnung der Papageienvögel – wissenschaftlich "Psittaciformes" – zweigeteilt: Es gibt die Kakadus mit ihren Federhauben und ihrem meist weißen Federkleid. Und es gibt die große bunte Gruppe der sogenannten Eigentlichen Papageien: Aras, Amazonen, Graupapageien, Loris, Sittiche und andere.
Familienverbände, die sich in Schwärmen zusammenfinden – das ist in unterschiedlichen Ausprägungen die Lebensweise vieler Papageienarten. Die meisten leben auf den Baumriesen des südamerikanischen Regenwaldes. Die Paare sind eng verbunden, besonders, wenn sie gemeinsam brüten und Junge aufziehen. Ansonsten nimmt man es mit der Treue nicht immer ganz so genau.
Animalisch, menschlich und göttlich zugleich
Als fliegende Wesen erinnern die Papageien an Engel, an das Göttliche, an die Transzendenz. Als Tiere an das Animalische, Triebhafte, Kreatürliche. Als sprechende Wesen an menschliche Kulturleistungen. Eigentlich gilt Sprache traditionell als Siegel menschlicher Überlegenheit.
Der Papagei in der Literatur – Gefährte gegen die Einsamkeit
Robinson Crusoe, der Titelheld von Daniel Defoes 1719 erschienenen Roman, hat auf seiner einsamen Insel niemanden, der mit ihm redet. Und es gibt zunächst nur eine Möglichkeit, das zu ändern. Robinson zähmt und bändigt einen Papagei durch Sprachunterricht. So wie später den karibischen Ureinwohner, den Robinson vor dem Kochtopf der Kannibalen rettet. Freitag löst den Papageien als Gefährten Robinsons ab.
In der "Schatzinsel", dem 1883 erschienenen Piratenroman von Robert Louis Stevenson, stechen Männer in See, um einen Schatz zu finden. Begleitet werden sie von einem Papagei.
Er heißt Käpt’n Flint, so wie der Pirat, der den Schatz auf der Insel vergraben hat. Der ist zwar längst tot, doch seine Geldgier hallt in dem gefiederten Namensvetter nach, der ständig "Piaster, Piaster" schreit. Das ist die Bezeichnung einer Geldmünze. Die Schatzsucher sind in ihrer Gier gefangen wie der Papagei im Käfig. Im Wettlauf um den Schatz gehen sie über Leichen.
Wilderei und Schmuggel – das Geschäft mit den Papageien
Geldgier ruft eine archaische Grausamkeit in Menschen wach, auch im Verhältnis zu Papageien. Bis heute ist der illegale Schmuggel von Papageien, die von Wilderern gefangen wurden, ein großes Geschäft – mit bedrohlichen Folgen für die Populationen.

Bis heute verlieren Papageien auch deswegen ihre Lebensräume, weil Regenwälder gerodet werden. Schon im 18. und 19. Jahrhundert war der Handel mit Papageien sehr lukrativ.
Ende des 18. Jahrhunderts schlenderte auch Joseph Haydn über einen Londoner Markt und kaufte sich einen Graupapagei. Vielleicht fand er ihn lustig, vielleicht tat er ihm leid. Als er nach Wien zurückkehrte, war der Papagei auch mit dabei.
Ein Papagei als Quelle der Inspiration für Joseph Haydn
A. C. Dries, der erste Biograph Joseph Haydns, kannte den Komponisten und seinen Vogel persönlich und notierte:
Ein Papagei, der in seinem eisernen Käfig Hüter des Wohnhauses ist, spottet die Sperlinge aus, mischt sich in das Gezänke und überschreit sie alle. Zuweilen ahmt er die Flöte nach und durchläuft eine ganze Oktav, oder er spricht die Worte: Komm, Haydn Papa, komm zum schönen Paperl.
Der Papagei hat so manchen Schaffensprozess Haydns begleitet, vor allem die Arbeit am Kaiserlied. Am Wiener Hof wünschte man sich ein Musikstück mit ähnlich identitätsstiftender Kraft wie die Nationalhymne der Engländer oder die Marseillaise der Franzosen. Haydn gab sein Bestes. Dass seine Melodie einmal den Text der deutschen Nationalhymne untermalen würde, konnte er damals nicht ahnen.
Haydn hat das Lied "Gott erhalte Franz den Kaiser" so oft zu Hause am Klavier gespielt, dass sein Papagei es irgendwann auch konnte. Jedes Mal, wenn der Komponist im Kreis seiner Gäste einen Toast auf den Kaiser ausrief, soll der Papagei unaufgefordert das musikalische Rahmenprogramm geliefert haben. Nach Haydns Tod 1809 wurde der Papagei versteigert und erzielte die enorme Summe von umgerechnet 32.500 Euro.
Einzelhaltung widerspricht der Natur der Tiere
Heute müsste sich Haydn mindestens zwei Papageien zulegen, denn die österreichischen Gesetze verbieten die Einzelhaltung. Diese Vögel sind nicht so domestiziert wie Hunde oder Katzen. Auch in Gefangenschaft behalten sie die Triebe und Bedürfnisse eines Wildtiers bei. Der Kontakt zum Menschen, auch das Sprechen in Menschensprache, ist für sie nur ein Notbehelf.
Aber auch Papageien, die von Züchtern mit der Hand aufgezogen wurden, sind oft schwer zu sozialisieren. Ein Vogel, der in der prägenden Phase nur Menschen um sich hatte, ist zwar als Jungtier völlig zahm, kommt mit anderen Vögeln aber oft nicht zurecht. Und da er Menschen als Eltern erlebt hat, kann er nicht verstehen, warum ein menschliches Wesen auf seinen Wunsch nach Familiengründung nicht eingehen kann.