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Feuer im Haus – Brandschutz vor neuen Herausforderungen

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Joachim Meißner
Joachim Meißner (Foto: SWR, Foto: Patrick Höniges)

Mit dem technologischen Fortschritt kommen neue Brandgefahren hinzu, mit denen Feuerwehr, Brandschutzforscher und Kriminalpolizei umgehen müssen. Das gilt zum Beispiel für Fahrzeugantriebe von Elektroautos, die bei Unfällen brandgefährlich werden können.

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Elektro-Autos sind das neueste Thema an der Karlsruher Forschungsstelle für Brandschutztechnik. Die Zahl der E-Autos steigt – und damit die Wahrscheinlichkeit, dass sie in einen Unfall verwickelt sind. Wenn bei einem Crash die Batterien eines E-Autos in Brand geraten, entsteht extreme Hitze. Um die zu löschen, braucht es viel Wasser, notfalls Sand oder ein spezielles Löschpulver. Doch die Batterien verhalten sich tückisch, denn auch Tage später können sie wieder anfangen zu brennen.

Havarierte E-Auto-Batterien können sich erneut entzünden

Das ist eine völlig neue Herausforderung für den Fahrer, für die Feuerwehr oder auch die Werkstatt. An einer Lösung arbeiten Dietmar Schelb und seine Kollegen der Forschungsstelle in Karlsruhe. Sie tüfteln an speziellen Transportboxen, damit havarierte Batterien, von denen niemand weiß, ob sie sich nochmal von selbst entzünden, sicher in Lastwagen transportiert werden können.

E-Mobilität: Ein Elektroauto der Marke Tesla wird an einer Stromtankstelle aufgeladen. (Foto: dpa Bildfunk, Patrick Pleul/ZB/dpa)
Batterien von Elektroautos können sich auch Tage nach einem Brand wieder neu entzünden

Menschliches Fehlverhalten ist Ursache für jeden fünften Brand

Feuer bleibt ein schwer berechenbares Element, auch wenn sich das Verhalten von Flammen inzwischen mit Kameras und Messgeräten in aufwendigen Testreihen studieren lässt. Hinzu kommt: Neue Brandursachen erfordern immer wieder neue Methoden. Unverzichtbare Voraussetzung dafür ist, dass Wissenschaft, Polizei und Feuerwehr zusammenarbeiten. Nur so lässt sich verhindern, dass Irrtümer der Kriminalpolizei zu Fehlurteilen vor Gericht oder falsche Taktiken in der Brandbekämpfung zu größeren Schäden führen, die man hätte vermeiden können.

Statistisch gesehen geht jeder fünfte Brand auf menschliches Fehlverhalten zurück. Und es kann leicht passieren:

  • Herdplatte angelassen
  • Kerze nicht ausgepustet
  • Zigarette unachtsam weggeworfen

Doch über die Schwere des Brandes entscheidet letztlich auch die Bauweise der betroffenen Gebäude, wie der Fall des Grenfell-Tower in London zeigt.

Grenfell-Tower: katastrophale Folgen durch Bauweise der Fassade

In der Nacht vom 13. auf den 14. Juni 2017 kam es im Westen Londons zu einer verheerenden Brandkatastrophe. Der Grenfell-Tower, ein 24-stöckiges Hochhaus, stand in Flammen. Auslöser war ein eher unbedeutender Brand in einer Küche im 4. Stock. Die Londoner Feuerwehr war in nur wenigen Minuten zur Stelle. Der Küchenbrand wurde gelöscht, alles schien unter Kontrolle zu sein.

Anlässlich der Veröffentlichung des Berichts hängt am Grenfell-Tower ein Banner mit grünen Herzen und der Aufschrift "Grenfell forever in our hearts" (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/Steve Parsons/PA Wire/dpa)
Der Brand des Grenfell-Towers ist eine Mahnung, auch im 21. Jahrhundert die Macht des Feuers nicht zu unterschätzen

Doch tatsächlich hatten die Flammen bereits durch das geöffnete Fenster auf die Außenfassade übergegriffen. Und dann passierte, was nie hätte passieren dürfen: In kurzer Zeit steht die Fassade und schließlich der Tower wie eine Fackel in Brand. 72 Menschen starben. Bis heute wird über die Ursachen diskutiert. Experten vermuten die Ursache in der vorgehängten Fassade aus Aluminium-Verbundplatten und den dahinterliegenden brennbaren Dämmplatten aus Kunststoff. Der Zwischenraum zur Hauswand wirkte wie ein Kamin und ließ die Flammen auf das ganze Haus übergreifen.

Der Brand des Grenfell-Towers ist eine Mahnung, auch im 21. Jahrhundert die Macht des Feuers nicht zu unterschätzen. Die Katastrophe zeigt, dass sich jede noch so kleine Nachlässigkeit bei der Brandbekämpfung bitter rächen kann. Das betrifft nicht nur die Einsatztaktik der Feuerwehr. Hat sich die Bauweise verändert oder wurden Materialien genutzt, die sich bei Brand unberechenbar verhalten, kann das katastrophale Folgen haben.

Ein Hinweisschild zum Notausgang sowie ein Feuerlöscher hängen an der Wand (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / Markus C. Hurek)
Wenn es zu einem Brand kommt, sollte man sofort den Gefahrenbereich verlassen, rät die Feuerwehr

Das zeigte sich Dietmar Schelb von der Forschungsstelle für Brandschutztechnik unlängst, als er und sein Team in der Versuchshalle in Karlsruhe Zelte testeten. Die waren als Notunterkünfte für Flüchtlinge gedacht. Eigentlich sollten 1.000 Flüchtlinge in etwa 100 solcher Zelte in einem alten Flugzeughangar mit Holzdecke unterkommen. Die Tests der Karlsruher Brandforscher zeigten einen sich schnell entwickelnden Großbrand eines Versuchszeltes. Damit haben sie möglicherweise eine größere Katastrophe verhindert.

Bei Bränden den Gefahrenbereich sofort verlassen

Das Element Feuer – immer noch ist es eine unberechenbare Urgewalt, kapriziös und mit kostspieligen Folgen. Dabei ist es heute leichter, Brände zu bekämpfen oder von vornherein zu verhindern. Doch auch hochmoderne Technik kann nicht immer schützen.

Wer mit Wärmequellen umgeht, sollte darum Brandgefahren immer erkennen und sofort beseitigen. Wenn etwas passiert, sollte man sofort den Gefahrenbereich verlassen, rät die Feuerwehr. Diese ist in wenigen Minuten zur Stelle, und erhebt, sollte es sich um einen gut gemeinten Alarm handelt, auch keine Kosten, selbst wenn sich der Brandverdacht als unbegründet erweist.

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