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Digitales Geld – Gehört Kryptowährungen die Zukunft?

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Tassilo Hummel
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Ulrike Barwanietz
Candy Sauer

Bitcoin, Ether und andere Kryptowährungen sind in aller Munde. Sie versprechen fantastische Wertsteigerungen und in Zeiten steigender Inflation auch eine unabhängige Geldanlage.

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Krypto-Finanzindustrie ist entstanden

Gut 10 Jahre gibt es den Bitcoin schon – die wertvollste und wichtigste Kryptowährung. Angetreten ist er als romantische Vision einer Welt ohne Banken, man bekam ihn für Centbeträge. Heute schwankt der Kurs zwischen 30.000 und über 50.000 Euro. Es ist eine ganze Krypto-Finanzindustrie entstanden.

Diese Werte entstehen, weil sie in einem gigantischen, dezentral aufgeteilten Logbuch – auf Englisch ein distributed ledger – festgeschrieben sind, in dem vom ersten Coin bis heute alle jemals getätigten Transaktionen erfasst sind.

Blockchain: ständig wechselnde Buchhalter

Um sicherzustellen, dass es pro Blockchain einer Kryptowährung nur ein gültiges und von allen akzeptiertes Logbuch gibt, wurde ein Algorithmus programmiert: Unter allen Netzwerk-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern wechselt ständig, zum Beispiel im 15-Minuten-Takt, der Buchhalter, der das Logbuch für die Community weiterschreibt.

Blockchain gilt als fälschungssicher

Um zu bestimmen, wer als nächstes mit dem Buchhalten dran ist, endet das aktuell letzte Glied in der Kette mit einem kryptografischen Rätsel, dessen Code nur mit enormer Rechenleistung geknackt werden kann. Wer das Kryptorätsel zuerst knackt, darf den nächsten Block schreiben, daher der Name Blockchain. Durch das dezentrale Verfahren gilt die Blockchain als fälschungssicher.

Kryptowährungen entziehen sich dem Einfluss staatlicher Geldpolitik

Durch die Blockchain kann zwischen den einzelnen Marktteilnehmern das Vertrauen hergestellt werden, das bei herkömmlichen Währungen nur von einer zentralen Instanz, einer Zentralbank, geschaffen werden kann. Damit entziehen sich Kryptowährungen vollständig dem Einfluss von staatlicher Geldpolitik. Auch braucht es theoretisch keine Banken mehr, um das Zentralbank-Geld wie Euro oder Dollar, genannt Fiat-Geld, zu den Menschen weiterzureichen.

Digitales Geld, das symbolisch als Münzen dargestellt wird, darunter Bitcoin, Ripple, Ethereum, Shiba Inu (Foto: IMAGO, IMAGO / Jochen Tack)
Digitales Geld, das symbolisch als Münzen dargestellt wird, darunter Bitcoin, Ripple, Ethereum, Shiba Inu

Weil in die Blockchain-Protokolle von Bitcoin und vielen anderen Kryptowährungen außerdem einprogrammiert ist, dass insgesamt nur eine begrenzte Geldmenge gemint werden darf, gilt die Digitalwährung auch als besonders sicher gegen Inflation. Kein Wunder also, dass der Bitcoin als erste Kryptowährung vor gut zehn Jahren als direkte Folge auf die weltweite Finanzkrise entwickelt wurde.

Doch wie nachhaltig sind Kryptowährungen wirklich?

Nach Schätzungen emittiert die Bitcoin-Infrastruktur bereits so viel wie das ganze Land Argentinien. In einem Beitrag im Fachmagazin Nature weisen Forscherinnen und Forscher darauf hin, dass allein die Emissionen durch Bitcoin sogar dafür sorgen werden, dass die Menschheit das Klima 2-Grad-Ziel verfehlt.

Allerdings fehlt hier zum Vergleich die CO2-Bilanz der Infrastruktur des Fiat-Finanzsystems. Und Etherum und andere kleinere Blockchain-Netzwerke arbeiten bereits daran, ihr System klimafreundlicher zu machen.

Wer hat Zugang zu Kryptowährungen?

Investments in Kryptowährungen stehen jeder und jedem offen. Es braucht dafür kein Depot, theoretisch nicht einmal ein Bankkonto. Es reicht ein Computer oder ein Smartphone, um sich mit einer individuellen Benutzerkennung, einem Pseudonym, in die Blockchain einzuklinken und Kryptowährungen zu kaufen.

Apps dafür werden von vielen größeren und kleineren Exchange-Plattformen angeboten, die bekanntesten sind Binance und Coinbase, welches in den USA vor Kurzem einen Milliarden-Börsengang hinlegte. Wer in den letzten Jahren in Kryptowährungen investiert hat, konnte reich werden – es kann aber auch vieles schiefgehen.

App zur Abfrage des aktuellen Kurses: Bisher gibt es für Krypto-Anbieter wenig bis keine Regulierung (Foto: IMAGO, IMAGO / Jochen Tack)
App zur Abfrage des aktuellen Kurses: Bisher gibt es für Krypto-Anbieter wenig bis keine Regulierung

Wer reguliert den Markt der Krypto-Anbieter?

Bisher gibt es für Krypto-Anbieter wenig bis keine Regulierung – obwohl sie längst ähnlich wie klassische Finanzprodukte auf einem internationalen Markt angeboten werden und immer komplexer werden.

Längst gibt es nicht nur Bitcoin, Ether, Cardano, Dogecoin, und viele weiter Kryptowährungen, sondern etwa auch Stablecoins, die an reale Werte wie Devisen oder Aktien gekoppelt sind. Auch immer mehr Optionen und Derivate, also komplexe Krypto-Finanzprodukte, werden gehandelt. Kürzlich stoppten US-Behörden die Exchange-Plattform Coinbase, als diese hochriskante Krypto-Verbraucherkredite einführen wollte.

Nutzen hauptsächlich Kriminelle Kryptowährungen?

Bitcoin wurde berüchtigt als die Währung des Darknet. Allerdings: Das Vorurteil der kriminellen Nutzung von Kryptowährungen erweist sich beim Blick auf empirische Zahlen kaum noch als haltbar, denn: Im „Crypto Crime Report 2021“ zeigt sich ein Rückgang der Straftaten im Zusammenhang mit Kryptowährungen, zudem ist der Anteil illegaler Aktivitäten ein verhältnismässig kleiner Teil im Vergleich zum traditionellen Finanzsystem, so der Report.

Kryptowährungen haben wohl keine Zukunft als gängiges Zahlungsmittel

Expertinnen und Experten sind sich einig, dass Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether wohl nie zu gängigen Zahlungsmitteln in unserem Alltag werden, zumindest nicht in Staaten mit stabilen, vertrauenswürdigen Währungen. Sie erfüllen eher die Funktion von Anleihen und Gold – sie sind spekulative Wertanlagen, die sich über lange Zeit lohnen – solange genügend Leute daran glauben.

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