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Anflug zum Saturn. Seit sieben Jahren ist die Raumsonde Cassini unterwegs. Unermüdlich rast sie durchs dunkle All, hat bereits rund 3,5 Milliarden Kilometer Flugstrecke zurückgelegt. Im Juni 2004 nähert sie sich schließlich ihrem Ziel. Die Raumsonde passiert zunächst den Mond Phoebe, schwenkt dann in die Umlaufbahn des Saturns und seiner Ringe ein.
Es ist Anfang Juli 2004, als sich die Raumsonde Cassini vom Gravitationsfeld des Saturns einfangen lässt. Seitdem kreist sie beständig um den riesigen Gasplaneten. Die knapp sieben Meter lange und rund zweieinhalb Tonnen schwere Raumsonde hat an ihrer Spitze eine große Parabolantenne, ist zusätzlich mit Infrarotspektrometern, Kameras und Radargeräten ausgestattet.
Über sechzig Monde
Mit ihnen erforscht sie den Planeten, seine über 60 Monde - und die Saturnringe, erzählt Planetenforscher Professor Ralf Jaumann vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Berlin. Erst durch die Cassini-Raumsonde konnten die Forscher wesentliche Erkenntnisse über die Saturnringe gewinnen. Dabei sind die schon seit langem beschrieben. Doch was mit Galileo Galilei bereits begann, wurde durch Cassini perfektioniert.

Rätselhaft ist trotz der Mission weiterhin, wie die Ringe entstanden sind. Ideen, wodurch sie sich gebildeten haben könnten, gibt es aber viele. Fest steht mittlerweile, dass die Ringe etwa zeitgleich mit dem Saturn entstanden, dass sie mehrere Milliarden Jahre alt und sehr stabil sind. Cassini konnte das belegen. Doch die Raumsonde sammelt auch Informationen über den Planeten selbst. Was sie dabei entdeckt hat, ist eine bis heute oft rätselhafte Welt. Denn Saturn ist ein Gasplanet, der wahrscheinlich keine Oberfläche besitzt.
Auf dem Saturn zu landen, ist also nicht möglich. Und selbst wenn es möglich wäre: Es wäre dort extrem ungemütlich. Kameraaufnahmen, die Cassini gemacht hat, belegen das sehr eindrücklich. Im Dezember 2010 zeigten sie, dass auf dem Gasriesen ein gewaltiger Sturm tobte. Er fegte mit Windgeschwindigkeiten von 400 Kilometern pro Stunde über den Planeten – und damit viel schneller als der stärkste Orkan auf der Erde, erinnert sich Carolyn Porco. Sie leitet des Cassini-Imaging Team und forscht am Institut für Weltraumwissenschaften im US-amerikanischen Boulder, Colorado. Es war sicherlich der größte Sturm, den sie und ihr Team je von einem Raumschiff aus beobachtet haben.
Ein Planet ohne Oberfläche
Saturn ist ein lebensfeindlicher Planet: Mit rund minus 140 Grad Celsius eiskalt an seiner oberen Schicht, ohne Sauerstoff in der Atmosphäre und ohne feste Oberfläche. Aus ihm hätte auch ein Stern wie unsere Sonne werden können: Zumindest dann, wenn sein Wasserstoff unter der eigenen Schwerkraft kollabiert wäre. Als Sonnensystem im Kleinen kann man den Gasriesen aber auch so bezeichnen: Schließlich umkreisen ihn mehr als 60 Monde – so wie die Planeten unsere Sonne umrunden.
Seit 11 Jahren auf Mission im Saturnsystem Aufnahmen von der Weltraumsonde Cassini

Anflug zum Titan, einen der Monde. Eine dichte Atmosphäre verschleiert den direkten Blick von der Raumsonde Cassini auf den größten Mond des Saturns. Was auf seiner Oberfläche passiert, wissen die Forscher dennoch – dank Radar und Infrarotspektrometern und dank der Cassini Sonde Huygens, die 2005 auf dem Mond gelandet ist.
Die Oberfläche des Titan ist sehr unterschiedlich strukturiert. In den Äquatorregionen dominieren Dünengebiete, die stark vom Wind geprägt sind, so Planetologe Dr. Frank Sohl. Er erforscht am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Berlin vor allem den Saturnmond Titan. Außerdem geht man davon aus, dass an den Polen flüssige Kohlenwasserstoffe Seen bilden, die teilweise auch den unterschiedlichen Einflüssen der Gezeiten unterliegen. Auf dem Titan gibt es also Ebbe und Flut.
Ein Ozean unter dem Eis
Der Titan gilt als der erdähnlichste Himmelskörper in unserem Sonnensystem. Radarmessungen deuten zudem darauf hin, dass es unter Titans Eiskruste einen unterirdischen Ozean aus Wasser gibt. Er ist Anlass für heftige Diskussionen über mögliche primitive Lebensformen auf dem Mond, sagt Tilmann Denk von der Freien Universität Berlin. Er ist im Cassini-Imaging-Team von Anfang an als Forscher dabei.

Dass diese Spekulationen überhaupt möglich sind, ist unter anderem der Huygens-Sonde zu verdanken. Am 25. Dezember 2004 hat sich die europäische Raumsonde, auch „Probe“ genannt, vom Mutterschiff Cassini gelöst und ist drei Wochen später auf den Mond Titan hinab geschwebt. Am 14. Januar 2005 dringt Huygens in Titans dichte Atmosphäre ein.
Gleichzeitig beginnt die Sonde, Messdaten an das Mutterschiff Cassini zu funken. Etwas über zwei Stunden schwebt Huygens durch die Atmosphäre hinab auf den Mond, misst die Gase, macht Fotos von Bergen und Flüssen, landet dann auf der Mondoberfläche. Noch knapp 90 Minuten ist Huygens mit Cassini verbunden, bevor sie den Kontakt verliert. Das liegt einerseits an der begrenzten Batterieleistung, aber auch daran, dass das Mutterschiff weiterfliegt und zu große Distanz aufnimmt.
Sendung nur auf einem Kanal
Bei der ohnehin kurzen Datenübermittlung gab es allerdings einen technischen Defekt: Huygens besaß zwei Kanäle, über die Daten gesendet wurden. Cassini zeichnete allerdings nur die Daten eines Kanals auf. Rund 600 Fotos vom Titan gingen so verloren. Doch trotz kurzer und fehlerhafter Datenübertragung: Das Bild vom Saturnmond Titan wäre ohne Huygens sehr viel ungenauer, denn die Erkenntnisse sind dennoch enorm.

Um an die Fotos von Saturns Monden zu gelangen, loggt sich Tilmann Denk von der Freien Universität Berlin auf einer internen Webseite des Cassini-Imaging-Teams ein. In langen Listen kann der Forscher jetzt sehen, wann die Fotos aufgenommen wurden, in welchem Winkel die Kamera zum Mond stand, wie hoch die Auflösung der Bilder ist. Denn Anfang September 2015 wurde der Mond Dione ausführlich fotografiert.
Seit rund elf Jahren fließt dabei ein Datenstrom durchs All: Von der Raumsonde Cassini gelangt er zur Erde. Mit diesem Datenstrom wurden auch zahlreiche Fotos vom eisigen Iapetus übermittelt. Den drittgrößten Saturnmond hat Cassini besonders ausführlich fotografiert.
Die zwei Seiten von Iapetus
Viele Jahre lang rätselten die Forscher, warum Iapetus eine dunkle und eine helle Seite hat. Durch die Cassini-Mission konnten die Forscher eine stichhaltige Theorie entwickeln. Zentral ist, dass sich auf der einen Hemisphäre sehr dunkles Material abgelagert hat. Vermutlich stammt es vom Saturnmond Phoebe. Möglicherweise wurde es durch einen Kometeneinschlag freigesetzt und in die Umlaufbahn von Iapetus geschleudert.

Cassini gleitet durchs dunkle All. Von Board der Raumsonde fällt der Blick aus großer Höhe auf Iapetus. In der Äquatorebene des Mondes erhebt sich ein Bergrücken: Es ist ein gewaltiges Felsmassiv, das sich um den halben Mond zieht. Einzelne Berge sind bis zu 20 Kilometer hoch – mehr als doppelt so hoch wie die höchsten Berge der Erde. Die Oberfläche des Eismondes ist zerklüftet.
Wie auch bei den anderen Saturnmonden sind die Panoramaaufnahmen von Iapetus Oberfläche aus zahllosen Einzelbildern entstanden. Zusammengesetzt und bearbeitet werden sie am Institut für Planetengeologie der Freien Universität Berlin.
Ein Mond mit Fontänen aus Wasser
Die Raumsonde Cassini fliegt währenddessen weiter durchs kalte All. Von Bord fällt der Blick auf Enceladus: Der Mond mit einem Durchmesser von rund 500 Kilometern zieht seine Bahn im äußersten Saturnring. Die fast weiße Oberfläche des Mondes ist von zahlreichen Einschlagkratern übersät - und von tiefen Gräben durchfurcht. An einigen Stellen schießen gigantische Wasserfontänen ins All.

Der unterirdische Ozean auf Enceladus ist bedeutend, weiß Tilmann Denk. Denn so ein Reservoir flüssigen Wassers kennen die Wissenschaftler sonst vor allem von der Erde. Da Wasser die Grundlage allen Lebens ist, könnte es auch auf Enceladus Leben geben. Eine aktuelle Studie liefert für diese Vermutung weitere Hinweise: Forscher der Universität Stuttgart konnten für Enceladus Gesteinspartikel aus Siliziumdioxid nachweisen.
Sie deuten darauf hin, dass es auf dem Ozeangrund hydrothermale Aktivitäten gibt. Denn in irdischen Ozeanen bilden sich Siliziumdioxidkörnchen, wenn Wasser durch poröses, heißes Gestein dringt und dann mit kälterem Wasser reagiert. Auf der Erde hat sich an solchen Stellen am Meeresgrund Leben gebildet, das unabhängig vom Sonnenlicht existiert. Auf Enceladus könnte es ähnlich sein.
Für die Planetenforscher ein aufregender Hinweis: Denn Leben im Saturnsystem scheint tatsächlich möglich zu sein. Auch wenn ein endgültiger Beweis noch aussteht.