SWR2 Wissen: Aula

Deutschlands Protestkultur (2/2)

Stand
INTERVIEW
Armin Nassehi im Gespräch mit Ralf Caspary

Proteste gehören zu einer modernen Gesellschaft, die eine kritische Öffentlichkeit möglich macht. Darum ging es im ersten Teil dieser Sendung.

Im zweiten Teil erklärt Armin Nassehi, welche Strukturmuster die verschiedenen
Bewegungen gemeinsam haben. Was verbindet Bewegungen wie
Stuttgart 21, Fridays for Future, die Gorleben-Proteste, die Starbahn-West-
Demos und die Anti AKW-Bewegung?

Armin Nassehi im Gespräch mit Ralf Caspary.

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Warum verbünden sich so heterogene Gruppierungen bei den Querdenker-Demos?

Es geht nur vordergründig um Corona und die Kritik an den Corona-Maßnahmen. Im Hintergrund dieser Demos steht die Kritik am Establishment, die Menschen sind unzufrieden mit der politischen Elite, das verbindet sie und eben nicht die Zugehörigkeit zu einer Partei oder einer bestimmten Gruppe.

Was braucht eine wirkungsvolle Protestbewegung?

Sie braucht wie bei den Fridays-for-Future-Protesten ein konkretes Thema, also den Kampf für ein besseres Klima. Und sie braucht eine gute symbolisch aufgeladene Strategie.

Bei den Klima-Protesten gehen die Jugendlichen eben nicht in die Schule und zeigen so ihr starkes Engagement und ihre Distanz zu der Elterngeneration, die ja den Kindern immer gesagt hat: "Geht zur Schule, das sichert eure Zukunft." Und sie braucht Symbolfiguren an vorderster Front, wie Greta.

Gehören Protestbewegungen zur modernen Gesellschaft?

Auf jeden Fall. Ohne eine kritische Öffentlichkeit gäbe es keine Proteste.

Und wenn man sagt, dass die Moderne durch viele Krisen gekennzeichnet ist, weil es immer wieder Umbrüche, Veränderungen, Fortschritt , dann wird deutlich, dass die Protestbewegungen notwendig zur Moderne gehören, sie entstehen, wenn Krisen auf nicht mehr zu lösende gesellschaftliche Probleme deuten. 

Armin Nassehi ist Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Von dieser Sendung ist kein Manuskript verfügbar.

Teil 1, 29. November, 8.30 Uhr

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Armin Nassehi im Gespräch mit Ralf Caspary