Eine ausgewogene Mahlzeit muss innerhalb von zehn Minuten auf dem Tisch stehen. Gekocht wird nur am Wochenende. Die "smarte Küche" weiß, was im Kühlschrank verbraucht werden sollte, bestellt gewünschte Fertiggerichte nach, auf Wunsch auch personalisierte Mahlzeiten, und sie bietet unerfahrenen Köchen Rezepte mitsamt Zubereitungsanleitung.
Neue Vielfalt auf dem Teller
Unterschiedliche Ernährungsstile sorgen für Vielfalt auf den Tellern, ebenso neue Lebensmittel wie Algen und Insekten.Frische, unverarbeitete Zutaten zum Selbstkochen werden in Zukunft ebenso gefragt sein wie bequeme Fertiglebensmittel.
Solche vorverarbeiteten Convenience-Produkte machen schon heute rund 30 Prozent unserer Mahlzeiten aus. Dabei werden durchschnittlich schmeckende, klassische Komplettmahlzeiten zunehmend weniger nachgefragt. Vorgeschnittene Salate und Pasta-Variationen aus dem Kühlregal erobern dafür den Markt, sogenannte Frische-Convenience.
Diese Produkte versprechen nicht nur eine bessere Qualität, sie entsprechen auch dem Wunsch, trotz knapper Zeit selbst etwas zu machen. Aus diesem Grund werden sich auch Kochkisten weiter durchsetzen, die zum vereinbarten Zeitpunkt an die Wohnungstür geliefert werden. In den Kisten befinden sich dann die fertig abgewogenen Zutaten für eine komplette Mahlzeit inklusive Rezept. Auf Wunsch wird das Gemüse fertig zerkleinert und vakuumverpackt mitgeliefert. Ausgewogene, gesunde Mahlzeiten werden immer wichtiger.
Fleischersatz aus dem Labor
Doch schon jetzt fehlt es einer Milliarde Menschen an ausreichend Eiweiß. Die Vereinten Nationen schätzen, dass der Proteinbedarf der Weltbevölkerung bis 2050 um mehr als 50 Prozent steigen wird. Wissenschaftler tüfteln deshalb an neuen Eiweißquellen, wie dem In-vitro-Burger. Quasi Hackfleisch aus der Petrischale. So eine Burgerbulette lässt sich inzwischen schon für 12 Euro herstellen.

Aber dem Fleisch fehlt es an gutem Geschmack, weil es keinen Fettanteil hat. In vitro kann bislang nur labberig weiche Muskelmasse erzeugt werden. Andere, alternative Eiweißquellen müssen einbezogen werden. Zum Beispiel Insekten und Algen. Sie sind hervorragende Eiweißquellen und werden künftig öfter auf unseren Tellern landen. Auch wenn in Deutschland die meisten noch nicht so weit seien.
Um ein Kilo Insekten zu erzeugen, müssen zwei Kilo pflanzliche Nahrung gefüttert werden. Hühner brauchen doppelt soviel Futter, um ein Kilo zuzulegen, Rinder gar die vierfache Menge. Dazu kommt noch, dass unsere Masttierhaltung nicht umweltfreundlich ist, unter anderem, weil für sie jedes Jahr viereinhalb Millionen Tonnen Sojaschrot als Futter aus Nord- und Südamerika importiert werden müssen.
Doch lieber Algen
Mikroalgen sind winzige Einzeller, die als grüne Glibbermasse sichtbar werden, wenn Millionen von ihnen zusammenkommen. Spirulina und Chlorella werden bereits industrialisiert gezüchtet. Sie bieten sechs Mal mehr Protein pro Hektar als Sojabohnen. Großblättrige Meeresalgen, die Makroalgen, sind ebenfalls effizienter. Sie werden im Meer geerntet und können direkt in Salaten und Suppen verarbeitet werden. In Japan ist das Alltag. Mikroalgen dagegen haben noch sehr hohe Kultivierungskosten und müssen aufwendig aufbereitet werden.
Neue Lebensmittel müssen hohe Anforderungen erfüllen, um am Markt zu bestehen. Nach Umfragen der Gesellschaft für Konsumforschung spielt Geschmack nach wie vor die größte Rolle. Er entscheidet zu 85 Prozent, ob wir ein neues Produkt nochmal kaufen. Doch auch die Aspekte gesunde Ernährung und ressourceneffiziente Herstellung werden immer wichtiger – zumindest hierzulande.
Nährstoff- und aromenschonende Zubereitungsarten sollen uns bei den geschmacklichen Erkundungstouren unterstützen. Anstelle der bislang üblichen Mikrowelle werden deshalb vielleicht bald Sous-vide-Garer stehen. "Sous vide" bedeutet "unter Vakuum". Das Gargut wird im Plastikbeutel vakuumiert und bei niedrigen Temperaturen, meistens unter 70 Grad, im Wasserbad gegart.
Fertiggericht im Vakuum
Auch für die Hersteller von Fertiggerichten ist Sous vide eine interessante Option. Vakuumiertes Hühnerfrikassee oder Gnocchi gibt es schon lange. Doch Sous vide macht auch komplexe Gerichte möglich. Der Verbraucher muss sie nur noch im Wasserbad aufwärmen und hat trotzdem den Geschmack einer frisch zubereiteten Mahlzeit. Sous-vide-Garer für den Privatgebrauch gibt es bereits. Noch wird allerdings viel diskutiert, ob die Plastikbeutel und die lange Garzeit wirklich nachhaltig sind.
Wer sich zuhause einsam fühlt, für den mag eine sprechende Küche schnell zum digitalen Mitbewohner werden. Ein- und Zwei-Personen-Haushalte wird es künftig noch häufiger geben. Die Angst vor Vereinsamung wächst. Zukunftsforscher sehen deshalb in Gemeinschaftsküchen einen Ausweg. Dort soll man sich dann verabreden können, um das gemeinsame Kochen zu einer Art Event zu machen.
Doch die Menschen sind unterschiedlich. Während die einen dem ersten Schockfrostgerät für den Privatgebrauch entgegenfiebern, kneten die anderen selbstgemachten Brotteig für den Abend mit Freunden. Einig sind sie sich darin, dass Essen etwas ist, mit dem man sich ausdrückt.
Genau deshalb stagnieren die Umsätze der etablierten Burgerketten und kompletten Fertiggerichte derzeit. Sie sind zu allgemein. Die vegane Foodbar, der kleine Bio-Imbiss und die Tüte mit den komplett abgewogenen Zutaten für ein Gericht – sie dagegen versprechen Individualität und kommen unserer Sehnsucht nach Frische und Vielfalt entgegen. Auch ohne Fleischberge auf den Tellern.