Macrons Vision

Was bedeutet europäische Souveränität?

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Susanne Paluch

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Europa scheint von einer Krise in die nächste zu stolpern. Glaubt man dem französischen Präsident Macron, könnte eine sogenannte "europäische Souveränität" Europas Probleme lösen. Was meint er damit? Und hat er Recht? Eine Einschätzung des Politikwissenschaftlers Dr. Felix Heidenreich.

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Der Vortrag von Felix Heidenreich auf einen Blick:

In der Selbstwahrnehmung europäischer Gesellschaften vollzieht sich seit einigen Jahren ein fundamentaler Wandel. Über Jahrzehnte schien die Abhängigkeit von US-amerikanischer Militärpräsenz unproblematisch, Russland wurde als halbwegs verlässlicher Partner imaginiert und Afrika schien weit weg zu sein.

Doch nun ist alles anders. Die Vorstellung einer "westlichen Wertegemeinschaft" bröckelt unter den Schlägen Donald Trumps. Präsident Putin zeigt sich als eiskalter Machtpolitiker und hat die Zerschlagung der EU zum Ziel erklärt.

Afrika ist durch Migration plötzlich ganz nah an Europa gerückt. Und die EU als Institutionengefüge wirkt angesichts dieser Herausforderungen hilflos. 

"Europäische Souveränität" – was ist das eigentlich? 

Macron verspricht viel: Die Souveränität der Europäerinnen und Europäer soll darin bestehen, sich wieder als Herr ihres eigenen Lebens erfahren zu können. Erreichen möchte er das mithilfe einer europäischen Armee für den Schutz nach außen, einer europäische Migrationspolitik, einer europäischen Wirtschaftspolitik, europäischen Universitäten, echten europäischen Wahlen, eine echte europäische Industriepolitik.

Genau dieses Versprechen verstehen bestimmte politische Lager als Lizenz zur Schwächung des Nationalstaats und zur Verwandlung der EU in eine Föderation von Regionen. Neben Baden-Württemberg und Hessen stünden dann Katalonien, die Provence und die Lombardei.

Wichtig ist: Es geht bei der Souveränität nicht um das Verschwinden des Nationalstaats, sondern um eine Mischung von nationalen und supranationalen Elementen.

Die Realität zeigt, dass Macrons Ideal einer "europäischen Souveränität" keine einfache Antwort darstellt, sondern eher ein Problem, eine Aufgabe benennt. 

Wie lässt sich Souveränität in der EU sinnvoll ordnen? Welche Form von Subsidiarität ist tatsächlich umsetzbar? All diese Fragen wird man nur produktiv debattieren können, wenn man die Kritik an der EU nicht pauschal als anti-europäischen Unsinn beiseite wischt. 

Vielleicht ist es an der Zeit, die ganz großen Träume und Ängste aufzugeben. Letztlich geht es um die Frage, welche europäische Souveränität wir wollen? Darauf sollte auch Deutschland dringend eine Antwort suchen. 

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