Computerspiel-Turniere

Ist E-Sport richtiger Sport?

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SWR2 Impuls. Von Simone Schlosser. Online: U. Barwanietz & R. Kölbel

Der sogenannte "E-Sport" ist in den vergangenen Jahren zu einem Massenphänomen geworden. Mit Spielerinnen und Spielern, die wie Stars verehrt werden und Siegprämien in Millionenhöhe. Doch mit dem Erfolg wird zunehmend die Frage diskutiert: Ist E-Sport überhaupt ein Sport?

In Frankfurt füllt das Computerspiel "Dota 2" die Commerzbank Arena von Fußballbundesligist Eintracht Frankfurt. In Köln ist die Lanxess Arena für die Weltmeisterschaft in "Counterstrike" ausverkauft.

Herzlich Willkommen in der Kathedrale des Counterstrike - damit begrüßt der Moderator die Zuschauer in der Kölner Lanxess Arena. Fast 14.000 Zuschauerinnen und Zuschauer nehmen hier an der "ESL One" teil: der Weltmeisterschaft im Counterstrike. Das Turnier ist klassisch aufgebaut: Eine Vorrunde mit sechzehn Teams.

Danach Viertelfinale, Halbfinale, Finale. Jeweils zwei Teams treten auf einer virtuellen Karte gegeneinander an. Eine Runde ist dann gewonnen, wenn entweder eine Bombe gezündet wurde, oder alle Gegner tot sind.

Gewalt oder Wettkampf?

Gerade in Deutschland gehen die Meinungen über Counterstrike auseinander: Für die einen ist das Computerspiel ein gewaltverherrlichender Ego-Shooter. Für die anderen ist es ein Sport: ein E-Sport. Ulrich Schulze von der Electronic Sports League ESL hat das Turnier mit organisiert.

Für ihn sprechen folgende sportliche Merkmale: Es gibt Zuschauende, volle Arenen, professionelle Vorbereitung der Spielerinnen und Spieler mit Training, Wettkämpfen und einen Sieger am Ende. Vor allem zeichnet sich das Spielen durch seine Taktik und das Teamwork aus, und nicht um Gewaltausübung als solche.

Ähnlich beurteilen das auch andere Akteure aus der E-Sport-Szene. Alexander Müller ist Geschäftsführer bei SK Gaming - einer der ältesten und erfolgreichsten deutschen E-Sport Organisationen. Angefangen haben sie unter dem Namen Schroet Kommando als Veranstalter von LAN-Partys. Mittlerweile spielen ihre E-Sport-Teams in ausverkauften Stadien um Millionenbeträge.

E-Sport als Schulfach

Doch mit dem Erfolg kommt immer wieder die Frage: Ist E-Sport tatsächlich ein Sport? Andere Länder sind da schon weiter: In Süd-Korea existiert längst eine Art organisierte Nachwuchsförderung. Und in Skandinavien ist E-Sport mittlerweile Schulfach. Einen Schritt in diese Richtung macht seit diesem Semester die Sporthochschule Köln.

Montagabend in einem kleinen Seminarraum: Normalerweise finden hier klassische Vorlesungen statt: Trainingslehre. Gesundheitssport. Doch heute steht etwas anderes auf dem Programm: E-Sport. Fünf Studierende sitzen nebeneinander an Computern und zocken das Strategiespiel "League of Legends": Jeder von ihnen ist eine andere Spielfigur. Gemeinsam müssen sie den Sitz ihres Gegners einnehmen.

Das Seminar ist eine Initiative von Sportwissenschaftler Ingo Froboese, dem Leiter des Zentrums für Gesundheit an der Sporthochschule. Bereits seit einigen Jahren beschäftigt er sich wissenschaftlich mit dem Thema E-Sport. Aus seiner Sicht sind E-Sportler längst keine Nerds mehr, sondern Hochleistungssportler mit einem anspruchsvollen Anforderungsprofil.

Talent und Training

Denn für eine erfolgreiche Spielkarriere braucht man eine extrem schnelle Wahrnehmung und Auffassungsgabe. Hinzu kommen taktische und motorische Fähigkeiten. Studien zeigen, dass Spieler und Spielerinnen bis zu 300 Bewegungen pro Minute machen, entweder mit der Maus, der Tastatur oder anderen Controllern. Und schließlich braucht es eine besonders gute Ermüdungswiderstandsfähigkeit, um durchgehend auf hohem Niveau durchzuhalten.

Langfristig möchte Ingo Froboese an der Sporthochschule einen eigenen E-Sport-Bereich aufbauen. Ein erster Schritt in diese Richtung ist das erste E-Sport-Team der Sporthochschule. Coach ist Patrick Dasberg, Sportstudent und Profi-Spieler. Zusammen mit seinem Team war er mehrfacher deutscher Meister in "League of Legends".

Als Teil seiner Bachelorarbeit erstellte er zudem ein eigenes Trainingsmanual. Darin behandelt er konkrete Fragen zu Fähigkeiten, die sich ausbauen und trainieren lassen. Zum Beispiel Ausdauer- und Krafttraining, Entspannungstechniken und Trainingskonzepte für ganze Teams.

Das erste Trainingsspiel ist vorbei: Teambesprechung. Sportwissenschaftler Ingo Froboese sitzt daneben und hört zu. Der E-Sport und sein Vokabular sind neu für ihn. Doch er ist sich sicher, dass hier Fähigkeiten entwickelt werden, die wir bisher noch nicht kennen, aber die wir in Zukunft brauchen werden.

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SWR2 Impuls. Von Simone Schlosser. Online: U. Barwanietz & R. Kölbel