Gibt es am Sonntag Badewetter? Vor 30 Jahren konnten Meteorologen diese Frage am Freitag recht gut beantworten. Heute können sie es mit der gleichen Wahrscheinlichkeit bereits am Dienstag. Pro Jahrzehnt hat sich der Vorhersagezeitraum um einen Tag verlängert.
Hochleistungsrechner hatten einen großen Anteil daran – und vor allem immer bessere Satellitendaten. Doch die haben bisher eine entscheidende Schwachstelle: die Messung der Windgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen. Ein nach dem griechischen Wettergott Aeolus benannter Satellit soll das jetzt ändern.
Wetterbeobachtung - Netz mit großen Lücken
Mit Wasserstoff befüllte Wetterballone liefern bislang einen Großteil der relevanten Daten zur Wettervorhersage. Sie steigen langsam bis auf 30 Kilometer Höhe auf und funken dabei kontinuierlich Messwerte an die Bodenstation. An Hunderten Orten auf allen Kontinenten passiert das jeden Tag. Doch dieses Messnetz hat große Lücken. Vor allem über den Ozeanen, die vier Fünftel der Südhalbkugel bedecken, fehlen bisher Daten zur Windgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen.
Doch genau diese Daten sind eine wichtige Voraussetzung für die Vorhersage von Tiefdruckgebieten und Stürmen. Diese Lücken im Messnetz soll er jetzt füllen: der europäische Aeolus-Satellit. Kernstück sind ein neu entwickelter, extrem starker Ultraviolett-Laser und ein großes Teleskop. Die norwegische Meteorologin Anne Grete Straume ist die zuständige Projektwissenschaftlerin bei der europäischen Raumfahrtagentur ESA.
Das Neue ist, dass sie mit dem neuen Satelliten Wind messen kann wo es keine Wolken gibt. Da Straume den Rückstrom von Lichtmolekülen messen kann, können auch in der klaren Luft Windmessungen bis in 30 Kilometer Höhe gemacht werden. Und das ist wirklich neu.
Der erste Test der UV-Lasertechnik
Aus den Messdaten von Aeolus können die Meteorologen die Windgeschwindigkeit in 24 Luftschichten ermitteln – doch dazu müssen sie komplizierte Rechnungen anstellen und ihre Messungen mit denen aus anderen Wetterbeobachtungen bekannten Windrichtungen vergleichen. Erst dann können sie die Daten von Aeolus allen Wetterdiensten online zur Verfügung zu stellen. Das alles muss sehr schnell gehen, schließlich ändert sich das Wetter ständig.
Der Raumfahrtingenieur Wolfgang Lengert ist für einen reibungslosen Informationsfluss zuständig. Seine Daten gehen nach Tromsö in Norwegen und werden dort verarbeitet und nach England gesendet. Als sich Lengert und viele seiner Kollegen im Juni zu letzten Funktionstests bei Airbus in Toulouse trafen, war allerdings noch keineswegs sicher, dass das alles auch so klappt.
Die UV-Lasertechnik ist in dieser Form nämlich noch nie im All erprobt worden – und schon am Boden sorgt sie für großes Kopfzerbrechen bei den Raumfahrtingenieuren. Richard Wimmer leitet das Airbus-Team, das den Satelliten im englischen Stevenage zusammengebaut hat. Ursprünglich sollte Aeolus bereits 2007 starten. Doch die diffizile Technik hat den Bau immer wieder verzögert.
Satellit erzeugt eindrucksvolles Phänomen am Himmel
Darin enthalten sind rund 80 optische Komponenten: Spiegel und Linsen um den Laserstrahl zu erzeugen, zu bündeln und in die richtige Richtung zu bewegen. All diese Komponenten müssen sehr robust und unempfindlichen gegenüber Temperaturschwankungen sein. Zudem musste ein Gebläse eingebaut werden, das winzige Mengen Sauerstoff über die Oberfläche streichen lässt um die Ablagerung von Verschmutzungen zu verhindern.
Aeolus ist erst einmal nur ein Demonstrations-Satellit. Mit ihm will die ESA herausfinden, ob die UV-Lasertechnik überhaupt wie erhofft funktioniert. Für ein vollständiges globales Windmodell müsste dann ein halbes Dutzend derartiger Satelliten in den Orbit gebracht werden. Und sie müssten deutlich länger durchhalten als die jetzt veranschlagte Lebensdauer von drei Jahren, sagt Anders Elfving, der Chef des Aeolus-Projekts bei der ESA.
Und was passiert, wenn man beim Blick in den Himmel vom Laserstrahl des Satelliten getroffen wird? Airbus-Ingenieur Richard Wimmer sieht da kein Problem, denn der Laser ist für die Augen ungefährlich, wenn er auf den Boden trifft, ist seine Energie sehr schwach.
Zu schwach um Lebewesen zu schaden, allerdings noch immer stark genug für ein eindrucksvolles Phänomen: In bestimmten Wetterlagen wird man sehen, wie der ultraviolette Strahl herunter kommt. Er wird dann leicht streuen, nicht mehr so dünn wie ein Bleistift sein, aber stark genug, um die Luft zum Fluoreszieren zu bringen.