Aufnahme von der Outdoor-Messe in Friedrichshafen. (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa -)

Outdoorkleidung gefährdet die Umwelt

PFC in beinahe unberührter Natur

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AUTOR/IN
Sabine Schütze
ONLINEFASSUNG
Hendrik Hänel
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)

Ein Kommentar von Sabine Schütze

Sie sind im äußersten Zipfel von Südamerika, auch in den beinahe unberührten Gegenden Skandinaviens. Sie sind auf den Gipfeln der Schweizer Alpen und auch auf über 5000 Meter hohen chinesischen Bergen: die sogenannten per- und polyfluorierten Chemikalien, kurz PFC. Mehr als 800 dieser Verbindungen gibt es. Etliche davon sind gesundheitsschädlich. Ein guter Grund für die Umweltorganisation Greenpeace in die entlegensten Gebiete der Erde vorzudringen und Schnee- und Wasserproben zu nehmen. Als wesentlichen Verursacher dafür, dass diese PFC überall zu finden sind, hat Greenpeace die Outdoor-Industrie ausgemacht.

Für Umweltredakteurin Sabine Schütze keine Überraschung:

Gift statt Nass

Eine schöne wasser- und schmutzabweisende Funktionsjacke gehört zu des Deutschen liebsten Kleidungsstücken. Ohne lassen sich wetternahe Ereignisse wie ein Stadtbummel oder Sonntagsspaziergang kaum überstehen. Dafür brauchen wir eine Jacke, die einem mehrstündigen, sturmgepeitschten Wolkenbruch standhält.
Sicher ist sicher. Lieber ein bisschen Gift auf dem Leib tragen, als ein bisschen nass werden. Greenpeace hält uns nun dieses absurde Denken vor. Zu Recht.

Kind wandert über Steine im Flußbett (Foto: SWR, SWR -)
Schützt vor Regen, aber enthält oft belastende Chemikalien: Outdoorkleidung

Genau die Menschen, die gern nah an der Natur sind, muten ihr die per- und polyfluorierten Chemikalien zu, die PFC. Die bauen sich kaum ab, werden deshalb von Fischen und Pflanzen aufgenommen, die wir essen. PFC gelangen bei der Herstellung, beim Tragen von Funktionsjacken und beim Entsorgen in die Umwelt. Sie reisen gebunden an winzigste Staubpartikel durch Luft und Wasser. Überall hin. Die Wasserproben aus dem südamerikanischen Patagonien waren, nach der Schweiz, am höchsten mit kurzkettigen PFC belastet. Das sind die Verbindungen, die derzeit am häufigsten eingesetzt werden, weil die langkettigen PFC noch gefährlicher sind. Doch selbst die kurzkettigen PFC sind längst in Gebieten fernab von Funktionsjacken angekommen. So wie Patagonien, eine Region der Erde, in der pro Quadratkilometer gerade einmal 2 Menschen leben.

Wassertropfen perlen auf Gewebe ab (Foto: Colourbox, Foto: Colourbox.de -)
PFC sind u. a. in Imprägnierungen enthalten.

PFC in Eisbären

Doch auch vor den langkettigen PFC, die seit Jahren seltener genutzt werden, ist man nirgendwo sicher. Weil sie Jahrzehnte in der Umwelt verbleiben, reichern sie sich ganz langsam in den inneren Organen an. Auch bei Tieren, die am Ende der Welt leben. Eine dieser langkettigen PFC, ließ sich in den Lebern von Eisbären nachweisen, in extrem hohen Mengen: mehr als 3 Milligramm pro Kilo. Hier in Europa gilt für diese PFC-Verbindungen ein Grenzwert von einem Mikrogramm - pro Quadratmeter Stoff. Denn dieser Grenzwert bezieht sich auf Textilien. Experten gehen davon aus, dass wir den Höhepunkt der Belastung durch langkettige PFC erst in 30 Jahren erleben werden, selbst wenn wir deren Produktion jetzt sofort stoppen.

Überall und ohne Warnung

Greenpeace hat nachgewiesen, dass auch die kurzkettigen PFC überall sind. Zwar nur im Nanobereich. Aber über die Jahre kommt da einiges zusammen, denn die Industrie denkt nicht daran, darauf zu verzichten. Weil PFC so wunderbar schmutz- und wasserabweisend sind, stecken sie in Teppichen, wetterfesten Farben, Imprägniersprays, Schlafsäcken, sogar in Bikinis und Badehosen. – Ob PFC in einem Produkt enthalten sind, müssen die Hersteller nicht angeben. Dabei wären Warnhinweise wie auf Zigarettenschachteln durchaus angebracht:
Kann Tumore auslösen. Bringt ihr Immunsystem durcheinander. Hemmt die Spermienbildung.

Weil diese Hinweise nicht kommen werden, sind wir Verbraucher gefragt. Und bei unseren allseits geliebten Funktionsjacken kritisch nachfragen, wäre doch ein guter Anfang. Denn es gibt inzwischen Hersteller, die auf PFC verzichten. Und die machen auch ziemlich schicke Teile.

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Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)