Frau steht mit ausgestreckten Armen auf einer Blumenwiese. (Foto: Colourbox, Model Foto: Colourbox.de -)

Sauerstoff für den Körper

Entspannung mit Atemtherapie

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Sigrun Damas
Julia Nestlen
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)

Wann hören wir uns atmen? Normalerweise höchstens nach dem Treppensteigen, oder wenn wir von Termin zu Termin hetzen. Dabei kann die bewusste Atmung die Konzentration und das Gedächtnis verbessern. Hinweise darauf fanden Mediziner eines deutsch-brasilianischen Forscherteams an Mäusen.

Atmen? Kann doch jeder! - sollte man meinen. Atempädagogin Claudia Kaltenbach sieht das anders: „Im Alltag sind wir häufig verspannt. Unsere Muskulatur ist angespannt, besonders auch der Bauch, wo unser Zwerchfell sitzt und die Schultern, wenn wir viel am PC arbeiten. All‘ diese Verspannungen haben eine einschränkende Wirkung auf den Atem.“

ein Mann hat Schmerzen im Nacken (Foto: Colourbox, Foto: Colourbox.de -)
Langes Sitzen führt zu Verspannungen

Das bedeutet: Sauerstoffmangel bis in die letzte Körperzelle. Das Zwerchfell, unser Atemmuskel, ist bei zu flacher Atmung nicht ausgelastet – und pumpt zu wenig Sauerstoff in den Körper.

Atemtherapie hilft bei Asthma

Atemschulen gibt es viele: zum Beispiel die reflektorische Atemtherapie, die von Ärzten verordnet und von Physiotherapeuten durchgeführt werden kann – für Menschen mit Asthma oder anderen Lungenerkrankungen. Sie kann ein alternativer Weg zur Behandlung mit Medikamenten sein. Bei den Atemübungen soll es darum gehen, den Atem bewusst werden, ihn frei strömen zu lassen – egal, was man gerade tut.

Schmerzen reduzieren und Stress abbauen

Was Atemtherapien wirklich bewirken können, ist kaum erforscht – wie so oft bei Verfahren, die ohne Medikamente auskommen. Kleinere Studien weisen aber darauf hin, dass Atemübungen den Blutdruck senken, Ängste und Stress mindern und Schmerzen verringern können.

Atemübung:

  • Setzen Sie sich aufrecht auf einen Stuhl. Dann strecken Sie den Nacken leicht nach oben, sodass Ihr Blick nach unten gesenkt ist.
  • Entspannen Sie bewusst die Schulterpartie und fixieren Sie einen Punkt mit Ihren Augen.
  • Atmen Sie ein paar Mal gleichmäßig nur über Ihre Nase ein und aus. Nach einer Weile pausieren Sie zwischen Ein- und Ausatmen zwei Sekunden.
  • Zählen sie nun beim Einatmen bis 5, ebenso beim Ausatmen.
  • Steigern Sie nach eigenem Gefühl bei weiteren Wiederholungen auf bis zu zehn Sekunden. Lassen Sie sich Zeit - mit einiger Übung werden Sie merken, wie es Ihnen leichter fällt.

Marion Gramatzki, die seit vielen Jahren unter Rheuma und Schmerzen in den Gelenken leidet, hat diese Erfahrung gemacht: „Schmerzen bedeuten ja Stress. Die Atemtherapie führt mich in die Ruhe, dann kann ich mich besser konzentrieren, bin ruhiger, entspannter – und dann können auch die Schmerzen reduziert werden.“

ältere Frau zieht die Beine bei einer Yoga-Übung an (Foto: Colourbox, Model Foto: Colourbox.de -)
Der Entspannungseffekt kommt aus dem vegetativen Nervensystem: bei tiefer Atmung schaltet es um, vom Sympathicus in den Parasysmpathicus - also vom Aktivitäts- in den Ruhemodus.

Atemtherapie alleine kann nicht heilen. Eine solche Therapie solle eher als Unterstützung von Heilungsprozessen gesehen werden, betont Atemtherapeutin Anja Schneider.


Konzentriert mit Yoga, QiGong und Co – bei Mäusen wirkt’s!

Dass Atem und Wohlbefinden zusammenhängen, ist keine neue Erkenntnis. Alte fernöstliche Heilsysteme praktizieren Atemübungen seit Jahrtausenden. Bewusst geatmet wird z.B. im QiGong, oder auch im Yoga. WissenschaftlerInnen der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg haben in Zusammenarbeit mit dem Hirnforschungsinstitut in Natal (Brasilien) eine mögliche wissenschaftliche Grundlage für die Meditationstechniken gefunden.

Mäuse (Foto: Colourbox, Foto: Colourbox.de -)
Die Nasenatmung beim Yoga fördert bei Mäusen Konzentration und Gedächtnis

Bei Mäusen beeinflusst der Rhythmus der Nasenatmung auch den elektrischen Rhythmus in großen Teilen des Gehirns. Daran sind schnelle Hirnwellen – sogenannte Gamma-Oszillationen – gekoppelt. Diese entstehen, wenn sich Gruppen von Neuronen auf einen gleichen Takt einschwingen – wie ein Konzertpublikum, das chaotisch beginnt, aber schließlich rhythmisch klatscht.

„Gamma-Oszillationen werden mit Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozessen in Zusammenhang gebracht und der Nachweis, dass die Atmung durch die Nase diese beeinflussen kann, gibt wichtige Hinweise darauf, dass die Atmung sich auf kognitive Funktionen auswirkt", sagt Prof. Andreas Draguhn, einer der Leiter des Heidelberger Teams. 

Bisher wurde angenommen, dass die atemsynchronen Wellen ausschließlich in Hirnbereichen auftreten, die auf Riechen und Schnüffeln spezialisiert sind. Das Forscherteam hat nun gezeigt, dass diese auch in Regionen auftreten, die für Entscheidungen, räumliche Navigation und Gedächtnisbildung wichtig sind.

Warum sich allerdings nur die Nasen-, aber nicht die Mundatmung positiv auf das Denken auswirkt, und inwiefern sich die Ergebnisse von der Maus auf den Menschen übertragen lassen, ist noch nicht endgültig beantwortet.  

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Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)