Ursache dafür können Infekte mit Wasserverlust sein, - in den meisten Fällen sind es aber entwässernde Blutdruckmedikamente, die vor allem älteren Patienten zum Verhängnis werden. Ein Natriummangel löst nicht nur Erbrechen und Übelkeit aus - sondern hat auch neurologische und psychiatrische Folgen: Verwirrtheit, mitunter Halluzinationen.
Der Mechanismus dahinter ist komplex: Wenn zu wenig Natrium im Blut ist, setzt der Körper Regulationsmechanismen in Gang, die im Gehirn zu einer Wassereinlagerung ins Hirngewebe führen. Das Gehirn schwillt an und verliert bei der Gegenregulation Aminosäuren, die für einen klares Denken notwendig sind.
Ein einfacher Bluttest genügt
Um einen Natriummangel zu erkennen, genügt ein einfacher Bluttest. Dieser wird aber häufig nicht gemacht - weil niemand an die Blutsalze denkt. Ältere Menschen ohne Angehörige und engen Hausarztkontakt, vor allem Heimbewohner, gehören zur Risikogruppe. Auch die Therapie ist nicht ganz einfach: nur Salz zu essen, reicht nicht - denn es handelt sich nicht um einen Kochsalzmangel, sondern um eine Verdünnung von Natrium im Blut. Hier sind Kochsalzlösungen per Infusion hilfreicher.
Die Rentnerin Marianne P. lebt allein. In letzter Zeit machen sich ihre Angehörigen Sorgen um sie. Marianne klagt über Schwindel und kann sich vieles nicht mehr merken. Sie wird wackelig auf den Beinen und stürzt zuhause. Hausarzt und Hals-Nasen-Ohrenarzt können keine Ursache finden. Als sich ihr Zustand verschlechtert, bringen die Angehörigen die 75-Jährige ins Krankenhaus.
Bei dem Nierenspezialisten Joachim Beige vom Leipziger Klinikum St. Georg landen jeden Monat einige solcher verwirrten, älteren Patienten. Dann ordnet Joachim Beige einen einfachen Bluttest an. Und der zeigt auch gleich, woran Marianne P. leidet: an einem Natriummangel im Blut, einem Problem im Elektrolythaushalt. Eigentlich hätte das schon den niedergelassenen Ärzten auffallen müssen.
Bei einem Natriummangel leidet auch der Verstand
Denn über einen komplizierten Mechanismus saugen sich die Gehirnzellen voll Wasser. Das Gehirn schwillt an und verliert Aminosäuren, die für einen klaren Kopf nötig sind. Dieser Abbau passiert häufig schleichend. Das Problem ist, dass das Blut-Natrium bei vielen älteren Menschen und besonders bei Bewohnern von Pflegeheimen nicht regelmäßig kontrolliert wird, sagt auch der Internist und Geriater Olaf Krause von der Medizinischen Hochschule Hannover.

Oft wird der Mangel erst nach einem Sturz entdeckt. Denn die Sturzgefahr steigt, lange bevor sich geistige Ausfälle zeigen. Als Grenzwert gilt ein Wert von 135 mmol pro Liter, dieser sollte nicht unterschritten werden. Aber warum geraten ältere Menschen in einen Natriummangel? In vielen Fällen, sagt Olaf Krause, sind Medikamente die Ursache. Das können Wassertabletten sein oder Antidepressiva.
Wenn der Mangel ausgeprägt ist, kommen nur noch Infusionen infrage. Dann muss das Blut-Natrium langsam wieder angehoben werden. Keine gute Idee ist es dagegen, dem Patienten zu raten, mehr Kochsalz zu essen oder gar Kochsalztabletten zu verschrieben, wie es in der Praxis noch häufig passiert, sagt Geriater Olaf Krause.
Absetzen der Medikamente
Entscheidend ist, dass die Medikamente, die das auslösen, abgesetzt werden. Hausarzt Tobias Weiß rät seinen Patienten, sich genau zu beobachten. Vor allem dann, wenn neue Medikamente eingenommen werden. Innere Unruhe, Übelkeit und Muskelzuckungen können erste Symptome für einen Natriummangel sein. Dann sollte man sich an den Hausarzt wenden und konkret nach einem Test fragen.

Der Bluttest ist nicht teuer und geht schnell. Das Ergebnis ist innerhalb eines Tages verfügbar. Deswegen sollte er mindestens einmal im Jahr gemacht werden, rät Tobias Weiß, besonders bei Patienten, die viele verschiedene Medikamente einnehmen.