18.10.1977

Ende des Geiseldramas in Mogadischu und die Selbstmorde in Stammheim

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SWR2 Archivradio

Nach einer dramatischen Nacht mit Geiselbefreiung, dem Tod von Terroristen und einem weiterhin entführten Arbeitgeberpräsidenten zieht diese Sendung eine ausführliche Zwischenbilanz.

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Live-Sendung startet schon während der Nachrichten

Der Mitschnitt dieser Live-Sendung vom Tag des Endes des Geiseldramas und der Selbstmorde in Stammheim beginnt mitten in den 17-Uhr-Südwestfunk-Nachrichten mit Wetterbericht und geht dann in eine einstündige Dokumentation über. Diese besteht aus 13 Elementen, die von Ursula Schaffeld und Bernhard Hermann moderiert werden.

In den Nachrichten wird CSU-Chef Franz Joseph Strauß mit der Aussage zitiert, die Stammheimer Selbstmorde könnten nicht ohne Folgen bleiben. In Prag wurden vier Systemkritiker zu Haftstrafen bis zu drei Jahren verurteilt, u.a. [Václav] Havel.

Zu Beginn der Dokumentation stellt Moderator Bernhard Hermann fest. "Es jagen sich jetzt noch die Meldungen. Telefone und Fernschreiber stehen nicht still. Viel zu viele Fragen sind noch offen."

Die 13 Blöcke der Dokumentation

  1. Überblick über die Ereignisse des Vortages mit Ausschnitten aus der Pressekonferenz von Regierungssprecher Klaus Bölling nachts um 1.45 Uhr
  2. Rückblick auf die Entführung der "Landshut"
  3. Gespräche des Verteidigungsministers von Dubai mit den Insassen der „Landshut“
  4. Chronologie der Ereignisse, Lagebericht aus Bonn, Information über die GSG9
  5. Selbstmord der inhaftierten RAF-Mitglieder in Stammheim. Im O-Ton ein Pressesprecher des Justizministeriums in Stuttgart, der Stammheimer Anstaltsarzt Dr. Henk vor den Toren der Haftanstalt („Ich habe nur Baader am Boden gesehen… Herr Raspe ist tot … Ob das Mundschüsse oder Kopfschüsse sind, kann ich nicht sagen ... Frau Ensslin hing am Fenster.“), Generalstaatsanwalt Schüle.
  6. Ankunft der „Landshut“-Geiseln in Frankfurt
  7. Gespräch mit den befreiten Geiseln, Meldungen über die Ermordung des Piloten Schumann
  8. Statement aus der Pressekonferenz von Innenminister Maihofer Werner Maihofer zur Geiselbefreiung
  9. Bericht vom Einsatz der GSG9-Truppe
  10. Meldungen über das ungeklärte Schicksal von Schleyer, Pressekonferenz des Baden-Württembergischen Justizministers Traugott Bender zu den Ereignissen in Stammheim
  11. Kommentar zum Selbstmord der RAF-Mitglieder in Stammheim
  12. Weg der ersten RAF-Generation
  13. Entwicklung in Stammheim

Die Dokumentation endet vor den Toren Stuttgart-Stammheims. Dort hätten sich, so der Reporter live, bis zu 200 Menschen versammelt, darunter 50 Journalisten. Die Zufahrt zum Gelände sei abgesperrt worden. Zusätzlich sei von der Polizei eine zweite Sperre im Ort Stammheim errichtet worden, mit der Begründung, der Parkplatz vor der Vollzugsanstalt sei völlig überfüllt. Der Reporter streitet das ab. Die Fahrzeuge, die in die Anstalt in den letzten Stunden hineinfuhren, seien "besonders sorgfältig kontrolliert" worden. Vor Kurzem kamen 25 bis 30 Polizisten zu Pferd an, vermutlich für den Fall einer Demonstration von Sympathisanten der toten RAF-Mitglieder. Dazu werde es aber nicht mehr kommen. Es werde schon dunkel.

Aus der Archivdatenbank

(O-Ton) Pressemitteilung des Justizministeriums in Stuttgart zu den RAF-Selbstmorden in Stammheim / (O-Ton) Henk (Anstaltsarzt Stammheim) / (O-Ton) Schüle (Generalstaatsanwalt) zum ersten Augenschein hinsichtlich der Selbstmorde / (O-Ton) ARD-FS zur Ankunft der befreiten Geiseln in Frankfurt / (O-Ton) Werner Maihofer, Innenminister (PK) zur Geiselbefreiung / (O-Ton) Traugott Bender, Justizminister (PK)

Alle Aufnahmen zum Thema

1.6.1972 Verhaftung der RAF-Mitglieder Andreas Baader, Holger Meins und Jan-Carl Raspe

1.6.1972 | Hunderte Schüsse sollen gefallen sein, als am 1. Juni 1972 die Polizei im Frankfurter Nordend drei Mitglieder aus dem harten Kern der "Roten Armee Fraktion" festnahm: Andreas Baader, Holger Meins und Jan-Carl Raspe. In den Wochen zuvor hatte die Terrorgruppe eine Reihe von Anschlägen verübt.
Baader saß 1970 schon einmal im Gefängnis, war aber mithilfe der Journalistin Ulrike Meinhof befreit worden und hielt sich seitdem im Untergrund auf bzw. zusammen mit anderen Angehörigen der Terrorgruppe in Jordanien, wo sie wiederum bei palästinensischen Terroristen Waffentraining bekamen. Zurück in der Bundesrepublik verüben sie 1972 zahlreiche Bombenanschläge – auf das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Frankfurt und Heidelberg, auf Polizeistationen, auf die Zentrale des Axel-Springer-Verlags in Hamburg.
Welche Bedeutung die Festnahme von Baader, Meins und Raspe hat, zeigt sich auch darin, wie ausführlich die Nachrichten des Südwestfunks und die unmittelbar anschließende Sondersendung darauf eingehen. Sie unterstützen auch die weiteren Fahndungsaufrufe der Polizei.

19.6.1972 Bundesanwaltschaft zur Verhaftung von Ulrike Meinhof

19.6.1972 | Ulrike Meinhof wurde heute verhaftet. Die Staatsanwaltschaft grübelt über einem verschlüsselten Brief von Gudrun Ensslin an Ulrike Meinhof. | RAF

4.5.1976 Baader kritisiert Stammheim-Prozess, Schily fordert Nixon als Zeuge

4.5.1976 | Der Stuttgarter Stammheim-Prozess gegen die Mitglieder der RAF zieht sich hin. Der Angeklagte Andreas Baader wirft dem Gericht vor, dass der Prozess aus wahlkampftaktischen Gründen künstlich in die Länge gezogen werde. Baader sieht das Gerichtsverfahren letztlich als Spiegelbild der globalen Machtverhältnisse.

10.5.1976 Neue Erkenntnisse nach dem Tod von Ulrike Meinhof

10.5.1976 | Einen Tag nach dem Tod von Ulrike Meinhof gibt es Streit über die Obduktion und die Informationspolitik der Justizbehörde. In Frankfurt finden gewalttätige Sympathiekundgebungen statt. | RAF

10.1.1977 Otto Schily erhebt Beschwerde gegen Haftbedingungen für RAF-Mitglieder

10.1.1977 | Otto Schily, Verteidiger von Gudrun Ensslin, erhebt Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Bundesrichter Albrecht Mayer. Begründung: Verdacht auf geheime Absprachen zwischen den Richtern sowie Weitergabe von Prozessakten an Journalisten. Noch am selben Tag wird Albrecht Mayer versetzt. | RAF

7.4.1977 Tagesschau: Siegfried Buback ermordet

7.4.1977 | Die ARD-Tagesschau ist am 7. April 1977 Generalbundesanwalt Siegfried Buback gewidmet: Er wurde um 9.15 Uhr von Mitgliedern der „Aktionsgemeinschaft Ulrike Meinhof“ erschossenen. | RAF

6.9.1977 Attentat auf Hanns Martin Schleyer: Augenzeugenbericht

6.9.1977 | Ein Augenzeuge schildert die Ereignisse nach dem Anschlag auf den Arbeitgeberpräsidenten: Böllerschüsse, Pulvergeruch und fürchterliche Schreie. | RAF

7.9.1977 Durchsagen des BKA zur Entführung von Hanns Martin Schleyer

7.9.1977 | Das Bundeskriminalamt wendet sich über die ARD und das ZDF an die Entführer von Hanns Martin Schleyer und geht eingeschränkt auf Forderungen ein. | RAF

14.10.1977 Flugzeugentführung steht in Zusammenhang mit Schleyer-Entführung

14.10.1977 | Die Entführung der Lufthansa-Maschine "Landshut" gerät in eine dramatische Phase. Der Pressesprecher der Bundesregierung beendet die Nachrichtensperre. | RAF

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