14.5.1986

Bundestagsdebatte zu Tschernobyl und Atomkraft

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SWR2 Archivradio

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Diskussion nach Reaktorunglück: sichere Atomkraft vs. Anti-Atom-Haltung

Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl ist am 14. Mai 1986 Thema im Bundestag. Die Debatte ist für 2 Stunden angesetzt und dauert mehr als doppelt so lang. Sie zeigt, welche Zäsur das Ereignis bedeutete.

Auf der einen Seite Union und FDP, die sich durch Tschernobyl nicht davon abbringen ließen zu beteuern, dass in Deutschland die sichersten Atomkraftwerke der Welt stehen und sich auch sonst Umweltprobleme am besten mit Technik lösen lassen – Helmut Kohl spricht gar von umweltfreundlichen Autos. Er meint die mit Katalysatoren.

Auf der anderen Seite die Grünen, die sich durch Tschernobyl in ihrer Anti-Atom-Haltung bestätigt sehen, und die SPD, die, wie die Rede des damals noch jungen Gerhard Schröder zeigt, nun auch auf diesen Kurs einschwenkt.

Waldsterben: noch kein Klimawandel in Sicht

Interessant, dass vom Klimawandel noch gar keine Rede ist. Das Umweltproblem der damaligen Zeit ist das durch Schadstoffe verursachte Waldsterben.

Es geht los mit einer Regierungserklärung von Bundeskanzler Helmut Kohl. Wir hören dann den Oppositionsführer von der SPD, Hans-Jochen Vogel, Gerhart Baum, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP und Joschka Fischer, der sich ein Jahr zuvor in Hessen in Turnschuhen zum ersten grünen Umweltminister hat vereidigen lassen. Nach ihm die Erwiderung von Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber.

Kinder und Schwangere ausreichend geschützt?

Hörenswert auch die Reden am Ende von Renate Schmidt von der SPD sowie Rita Süssmuth von der CDU, die sich gegen den Vorwurf wehrt, Kinder und Schwangere nicht ausreichend zu schützen.

Aus den Reden von Kohl und Vogel haben wir einige Passagen entfernt, die nichts mit Tschernobyl zu tun hatten.

Rednerinnen und Redner

  • Helmut Kohl, Bundeskanzler, CDU
  • Hans-Jochen Vogel, Fraktionsvorsitzender, SPD
  • Alfred Dregger Fraktionsvorsitzender, CDU
  • Hannegret Hönes, Fraktionsvorsitzende, GRÜNE
  • Gerhart Baum, Fraktionsvorsitzender, FDP
  • Joseph "Joschka" Fischer, Landesumweltminister in Hessen, GRÜNE
  • Heinz Riesenhuber, Bundesforschungsminister, CDU
  • Gerhard Schröder, MdB, SPD
  • Otto Graf Lambsdorff, MdB, FDP
  • Friedrich Zimmermann, Bundesinnenminister, CSU
  • Renate Schmidt, MdB,SPD
  • Rita Süssmuth, Bundesfamilienministerin, CDU

Reaktorunglück von Tschernobyl

29.4.1986 Erste internationale Reaktionen auf den Reaktorunfall in Tschernobyl

29.4.1986 | Nach Bekanntwerden des Reaktorunfalls in Tschernobyl war das Informationsbedürfnis der westlichen Staaten groß. Das Korrespondentennetzwerk der ARD lieferte Informationen aus allen von der Radioaktivität betroffenen Ländern.

14.5.1986 Stellungnahme von Gorbatschow nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl

14.5.1986 | In der ersten öffentlichen Stellungnahme der Sowjetunion nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl reagierte Michail Gorbatschow auf die Kritik des Westens. Er forderte zur internationale Zusammenarbeit in Kernenergiefragen auf.

18. und 19.5.1986 Demonstration gegen die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf

18./19.5.1986 | An Pfingsten 1986 demonstrieren Zehntausende gegen den Bau der Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf. Der Rundfunkjournalist Ulrich Böken war mit dem Mikrofon vor Ort. Sein Rohmaterial zeichnet ein Stimmungsbild der Demonstranten im Taxöldener Forst. | Kernenergie

4.6.1986 Erster Bundesumweltminister: Walter Wallmann vor Amtsantritt im Interview

4.6.1986 | Infolge des Reaktorunglücks von Tschernobyl in der Sowjetunion schuf die Bundesregierung eine neue Behörde: das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Erster Bundesumweltminister wurde Walter Wallmann (1932 - 2013) von der CDU. Ein Interview im Hessischen Rundfunk vom 4. Juni 1986.

12.12.1986 Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter: Umgang mit der Angst nach Tschernobyl

Am 12.12.1986 gab der Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter ein Interview im NDR. Er sprach über den Umgang mit der Angst nach der Reaktorkatastrophe. Er warnte vor dem Glauben, alle Gefahren mit dem Fortschritt der Technik beherrschen zu können.

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