16.10.1957

Asiatische Grippe in Deutschland

Stand
AUTOR/IN
SWR2 Archivradio
MODERATOR/IN
Gábor Paál
Gábor Paál (Foto: SWR, Oliver Reuther)

Audio herunterladen (15,2 MB | MP3)

In den Jahren 1957 und 1958 sterben weltweit mehr als eine Million Menschen an der damals grassierenden Asiatischen Grippe. Es ist die zweitschlimmste Influenza-Pandemie des 20. Jahrhunderts, übertroffen nur durch die Spanische Grippe 1918 bis 1920.

Die Asiatische Grippe hatte ihren Ursprung in China und erreicht im Frühsommer 1957 Deutschland. Im Juni warnen Behörden im Gespräch mit Radio Bremen noch vor "Dramatisierung". Vier Monate später sieht die Situation schon ganz anders aus. Insgesamt fallen in Deutschland der Asiatischen Grippe rund 30.000 Menschen zum Opfer.

Die Asiatische Grippe – Offenbar kein mediales Dauerthema

Trotz dieser schweren Pandemie findet sich in den Archiven des Südwestrundfunks zur Asiatischen Grippe nur ein einziger Bericht aus dieser Zeit, gesendet am 16. Oktober 1957. Es geht, auch damals, um die Folgen für die Wirtschaft und das öffentliche Leben – und natürlich auch um Vorbeugemaßnahmen. Händewaschen wird dabei noch nicht genannt, dafür das Gurgeln mit Wasserstoffsuperoxid sowie das Einnehmen formalinhaltiger Tabletten.

Vor allem Junge waren betroffen – Trotzdem kaum Schulschließungen

Die Asiatische Grippe hat vor allem Kinder und Jugendliche getroffen. Insofern hätte es gute Gründe gegeben, die Schulen zu schließen, aber damit war man zurückhaltend. Der Unterricht fiel erst aus, wenn die Hälfte einer Klasse erkrankt war.

Dass sich in den Archiven kaum Berichte finden, liegt z. T. auch daran, dass klassische Nachrichtensendungen noch kaum archiviert wurden. Ganz anders war es bei der SARS-Pandemie 2003 – sie war in den Medien sehr präsent.

Eisenbahner in Mainz nehmen am 23.9.1957 Grippe-Medikamente entgegen: Mehmals im Jahr bekommen alle Angestellten der Deutschen Bundesbahn kostenlos vom Gesundheitsdienst der Bundesbahn Tabletten als vorbeugendes Mittel gegen Grippe ausgehändigt. Da da Verpackungen in verschiedenen Farben schillern, nennen die Eisenbahner sie scherzhaft "Christbaumkugeln". (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Klaus Krause / (c) dpa - Report)
Eisenbahner in Mainz nehmen am 23.9.1957 Grippe-Medikamente entgegen: Mehmals im Jahr bekommen alle Angestellten der Deutschen Bundesbahn kostenlos vom Gesundheitsdienst der Bundesbahn Tabletten als vorbeugendes Mittel gegen Grippe ausgehändigt. Da da Verpackungen in verschiedenen Farben schillern, nennen die Eisenbahner sie scherzhaft "Christbaumkugeln".

Mehr zum Thema

Aula Pocken, Pest und Vogelgrippe – Alte und neue Pandemien

Was haben die Menschen aus den großen Pandemien Pest, Pocken und Cholera gelernt, was aus den Influenza-Pandemien der Moderne? Haben diese Katastrophen uns gewappnet für den Kampf gegen das Corona-Virus? Von Wolfgang U. Eckart

SWR2 Wissen: Aula SWR2

22.5.1957 Beginn der Polio-Massenschutzimpfung

22.5.1957 | In den 1950ern erkranken Tausende Deutsche an Polio, auch bekannt als Kinderlähmung. Die Medizin investierte in die Forschung und schließlich kam im April 1957 die erste Massenschutzimpfung – mit großem Erfolg.

1961 Contergan-Skandal kommt ins Rollen

1961 | Das Schlafmittel war 1957 eingeführt worden. Auch schwangere Frauen nahmen es. Die Folgen: Tausende Kinder kamen mit Fehlbildungen auf die Welt. Der Rechtsanwalt Karl-Hermann Schulte-Hillen und der Arzt Widukind Lenz deckten den Zusammenhang auf.

Stand
AUTOR/IN
SWR2 Archivradio
MODERATOR/IN
Gábor Paál
Gábor Paál (Foto: SWR, Oliver Reuther)