19.10.1977

Obduktion der RAF-Terroristen Baader, Ensslin und Raspe

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SWR2 Archivradio

Unter großer Geheimhaltung werden die Leichen von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in Tübingen obduziert. Der Reporter spricht von Nachrichtensperre. Pfarrer Ensslin fordert den Staat auf, den Leichnam seiner Tochter nach Bad Cannstatt zu überführen.

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Reporter nennt Obduktions-Details

Die Reporter drängen darauf, die Obduktionsergebnisse der drei Leichen zu voröffentlichen. Aber die Stuttgarter Ministerien blocken ebenso wie der Tübinger Gerichtsmediziner Dr. Malach. Der Reporter erläutert den Unterschied zwischen einer "normalen" und einer "gerichtlich angeordneten" Obduktion: Bei der normalen Obduktion dürften Hände und Kopf aus ästhetischen Gründen nicht verändert werden. Diese Grenzen bestünden bei der gerichtlich angeordneten Obduktion nicht. Zunächst würden die Toten gemessen, gewogen, dann nach Hinweisen auf Strangulierung untersucht. Bei Baader und Raspe würde man die Einschussstellen auf Schwärzungen und Verbrennungen untersuchen; diese gäben darüber Auskunft, aus welcher Entfernung ein Schuss abgefeuert worden sei.

Auf die Frage des Moderators, wie sicher die Ergebnisse denn sein würden, antwortet der Reporter, man könne das nach der Leichenöffnung "mit 90 bis 100 prozentiger Sicherheit" sagen. Schließlich sei man in Tübingen über 6 Stunden zugange gewesen; auch internationale Spezialisten seien dabei gewesen.

Nachrichtensperre nach Tod von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe

Der Moderator fragt nach der Behinderung der journalistischen Arbeit. "Es liegt eine Nachrichtensperre vor", antwortet der Reporter. Gestern Nachmittag bereits sei in Tübingen die Zufahrt zum Bergfriedhof abgeriegelt worden. Im Lauf des Nachmittags sei dann die Leiche des am Morgen verstorbenen Jan-Carl Raspe eingetroffen, gegen 18-19 Uhr der Leichenwagen mit den Leichen von Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Der Vater von Gudrun Ensslin sei heute Nacht eingetroffen, habe jedoch nicht an der Obduktion teilnehmen dürfen. Die drei Leichen seien jetzt zur Beerdigung freigegeben.

Pfarrer Ensslin über seine Tochter Gudrun

Auf die Frage des Reporters am Telefon an Pfarrer Ensslin, wo seine Tochter begraben werden solle, habe jener gesagt: "Der Staat hat sie dorthin gebracht, der Staat soll sie wieder zurückbringen." Nämlich von Tübingen in den Heimatort der Familie Ensslin, Stuttgart-Bad Cannstatt.

1.6.1972 Verhaftung der RAF-Mitglieder Andreas Baader, Holger Meins und Jan-Carl Raspe

1.6.1972 | Hunderte Schüsse sollen gefallen sein, als am 1. Juni 1972 die Polizei im Frankfurter Nordend drei Mitglieder aus dem harten Kern der "Roten Armee Fraktion" festnahm: Andreas Baader, Holger Meins und Jan-Carl Raspe. In den Wochen zuvor hatte die Terrorgruppe eine Reihe von Anschlägen verübt.
Baader saß 1970 schon einmal im Gefängnis, war aber mithilfe der Journalistin Ulrike Meinhof befreit worden und hielt sich seitdem im Untergrund auf bzw. zusammen mit anderen Angehörigen der Terrorgruppe in Jordanien, wo sie wiederum bei palästinensischen Terroristen Waffentraining bekamen. Zurück in der Bundesrepublik verüben sie 1972 zahlreiche Bombenanschläge – auf das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Frankfurt und Heidelberg, auf Polizeistationen, auf die Zentrale des Axel-Springer-Verlags in Hamburg.
Welche Bedeutung die Festnahme von Baader, Meins und Raspe hat, zeigt sich auch darin, wie ausführlich die Nachrichten des Südwestfunks und die unmittelbar anschließende Sondersendung darauf eingehen. Sie unterstützen auch die weiteren Fahndungsaufrufe der Polizei.

19.6.1972 Bundesanwaltschaft zur Verhaftung von Ulrike Meinhof

19.6.1972 | Ulrike Meinhof wurde heute verhaftet. Die Staatsanwaltschaft grübelt über einem verschlüsselten Brief von Gudrun Ensslin an Ulrike Meinhof. | RAF

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