Zum 200. Geburtstag der Vordenkerin der Informatik

Ada Lovelace

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AUTOR/IN
Christine Müller
ONLINEFASSUNG
Ulrike Barwanietz
Ralf Kölbel

Es ist die visionäre Kraft, die bis heute an Ada Lovelace (1815 - 1852) so beeindruckt. Denn bereits im Jahr 1843 sieht sie mögliche Anwendungen der Programmierung voraus, die erst über 100 Jahre später mit dem ersten programmierbaren Computer möglich sein werden.

Ada Lovelace erkennt auch, dass eine solche Maschine sogar Musik komponieren könnte. Dabei arbeitet sie zu diesem Zeitpunkt an einer Übersetzung eines Vortrages, der die sogenannte Analytische Maschine von Charles Babbage beschreibt.

Ada Lovelace' Anmerkungen greifen dem Forschungsstand voraus

Ein Italiener stellte Babbages analytische Maschine in einem Artikel in französischer Sprache vor. Diese Maschine existierte nur auf dem Papier. Ihre Aufgabe war es, mit Zahlen zu operieren, jedoch nicht nur mit Addition und Multiplikation. Lovelace war dazu bereit, diesen Artikel ins Englische zu übersetzen und Babbage war darüber sehr erfreut und er schlug ihr vor, einen eigenen Text der Übersetzung hinzuzufügen.

Ada Lovelace hat das getan. Sie ergänzte Textnotate, sodass der Text dreimal so lang wurde wie die eigentliche Übersetzung. Mit diesen Notaten ging Ada Lovelace in die Geschichte der Informatik, in die Geschichte des Universalmediums Computer ein.

Bilder für Automatismen

Die Philosophieprofessorin Sybille Krämer forscht bereits seit den 1980er-Jahren zur Entwicklung von symbolischen Maschinen und damit zur Formalisierung in der Mathematik. Anlässlich von Ada Lovelace 200. Geburtstag und der 1. großen Lovelace-Ausstellung im Nixdorf Museumsforum in Paderborn hat sie gerade einen wissenschaftlichen Band zu Lovelace Leben und Werk herausgegeben.

„Die Analytical Engine webt algebräische Muster so, wie der Webstuhl von Jacquard Blumen und Blätter webt“.

So beschreibt Lovelace in ihren Notaten die Analytische Maschine. Was einigermaßen poetisch klingt, hat folgenden Hintergrund: Um 1800 wurden von Joseph-Marie Jacquard die ersten Webstühle mit Lochkarten programmiert. Babbage übernahm diese Idee für seine Analytische Maschine. Dass diese Maschine dann weit mehr als eine Rechenmaschine sein könnte, dies erkannte Ada Lovelace.

„Die Grenzen der Arithmetik wurden in dem Augenblick überschritten, in dem die Idee zur Verwendung der Karten entstand, und die Analytical Engine hat keine Gemeinsamkeit mit schlichten Rechenmaschinen. Sie ist einmalig, und die Möglichkeiten, die sie andeutet, sind höchst
interessant.“

Sie hat erkannt, dass das Besondere der Mathematik nicht darin besteht, mit Zahlen umzugehen, sondern dass die Mathematik eine Sprache ist, durch die, wenn man in dieser Sprache irgendetwas ausdrücken kann, man mit dieser Sprache operieren kann und über die ursprünglichen nicht-mathematischen Gegenstände etwas herausfinden kann, wenn es gelingt, diese Erkenntnisgegenstände in die Sprache der Mathematik zu übersetzen, sagt die Professorin Krämer.

Ada Lovelace: Mathematik als Symbolsprache

Auf Ada Lovelace geht also die Erkenntnis zurück, dass die Mathematik als Symbolsprache dienen kann. Der Informatiker und Professor Horst Zuse, dessen Vater rund 100 Jahre nach Babbage und Lovelace den ersten programmierbaren und vollautomatischen Rechner baute, beschreibt, wie Lovelace Techniken anwandte, die auch heute noch eine Grundstruktur von Computerprogrammen bilden.

Denn Lovelace kam auf die Idee, dass man die Berechnung der Bernoulli-Zahlen, das ist eine Folge von Summanten, in Form von einzelnen Schritten realisieren kann und daher kommt die Idee der rechnerischen Schleifen.

„Ich denke nicht, dass Sie auch nur die Hälfte meiner Vorausahnungen besitzen und meines Vermögens, alle möglichen Eventualitäten zu sehen.“

So Lovelace in einem Brief an Charles Babbage, mit dem so oft täglich korrespondierte. Und sie hatte Recht damit. Für Babbage war die Analytische Maschine eine Rechenmaschine. Lovelace erkannte dagegen das Potenzial der maschinellen Informationsverarbeitung und damit eine Grundlage der Informatik.

Nicht mal die Hälfte meines Vermögens

Es fällt allerdings nicht allzu schwer sich vorzustellen, wie Ada Lovelace nicht nur mit ihrem Wissen und technischen Verständnis, sondern auch mit ihrem Selbstbewusstsein im viktorianischen Zeitalter aneckte. In dieser Zeit war Frauen der Zugang zu öffentlichen Schulen, Universitäten und Bibliotheken verschlossen.

Lovelace selbst verdankt ihre Höhere Bildung der naturwissenschaftlich interessierten Mutter. Diese wollte so die künstlerisch-chaotischen Anlagen des Vaters in Ada unterdrücken. Denn der war kein geringerer als der berühmt-berüchtigte Dichter Lord Byron, von dem sich die Mutter kurz nach der Geburt Adas getrennt hatte.

Zugang zu Wissen und Austausch

Sie wollte mit Macht das poetische Erbe des Vaters, seine Leidenschaften und seine Exaltiertheit aus der Tochter austreiben. Dafür presste sie Ada von Kindesbeinen an in ein starres Korsett aus Terminen und Strukturierungen des Tagesablaufes, gleichzeitig engagierte sie die besten Hauslehrer für Adas Unterricht.

Selbst der bis heute bekannte Logiker De Morgan erkannte Adas Fähigkeiten. Trotzdem blieb er bei seiner Einschätzung: „Der Geist der Frau sei nicht geschaffen zur wissenschaftlichen Produktivität.“

Und genau das ist die Dimension oder Perspektive, in der Frauen, die wissenschaftliche Interessen hatten, damals arbeiteten. So heiratete Lovelace mit 19 Jahren und bekam innerhalb von vier Jahren drei Kinder. Ihr Ehemann, der ebenfalls mathematisch interessiert war, trat in die Royal Society ein, um für Lovelace wissenschaftliche Werke abzuschreiben und ihr so Zugang zu weiterem Wissen zu ermöglichen.

Auch mit Charles Babbage, der zu den führenden Gelehrten der Londoner Gesellschaft gehörte, arbeitete Lovelace nach ihrer Heirat weiter. Mit 36 Jahren verstarb Lovelace an einem Krebsleiden. Erst in den 1950er-Jahren wurden ihre Notate wiederentdeckt.

17.5.1984 Konrad Zuse erzählt, wie er den Computer erfand

17.5.1984 | Konrad Zuse baute 1941 den ersten programmgesteuerten Computer der Welt: Z3. Schüler befragten Zuse 1984 zur Funktion, aber auch zur Ethik militärischer Anwendungen.

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