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Die Blockchain-Technologie – Bitcoin, Libra und andere Versprechen

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Sebastian Felser
Susanne Paluch

Bitcoin ist die berühmteste Anwendung der Blockchain-Technologie. Sie kann aber weit mehr als Geld verschieben. Sie soll die Medizin sicherer, Lebensmittel günstiger und sogar Züge pünktlicher machen.

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Anwendungen der Blockchain-Technik: Zugverkehr, Handel, Banken

Die Deutsche Bahn experimentiert seit einiger Zeit mit der Blockchain-Technologie. In ihrem Frankfurter "Innovation Lab" arbeitet Matthias Felder mit seinem Team. Er will unter anderem die Abläufe im Zugverkehr verbessern.

Was die Bahn mit der Blockchain-Technik vorhat

Dafür sollen Züge, Gleise – kurz: jedes Element der Infrastruktur – mit eindeutig identifizierbaren "Personal Keys" ausgestattet werden. Das sind lange Nummern, mit denen sich jeder Teilnehmer am Blockchain-Netzwerk eindeutig identifiziert.

Matthias Felder, Deutsche Bahn (Foto: SWR, Sebastian Felser)
Matthias Felder vom Frankfurter "Innovation Lab" (Deutsche Bahn) vor der Blockchain-Testeisenbahn.

Diese Züge kommunizieren dann miteinander. Über das Blockchain-Verfahren kann ein Zug verbindlich, automatisch und ohne die Gefahr einer Doppelbuchung einen Streckenabschnitt "reservieren".

 Jeder Kilometer Schiene kostet Geld, jeder Halt in einem Bahnhof kostet Geld.

Pünktliche Züge?

Per Blockchain-Verfahren kann das Team jederzeit nachvollziehen: "Wann hatte welcher Streckenabschnitt welche Buchung?"

Ausprobiert haben sie das zunächst mit einer Holzeisenbahn und zwei Bahnhöfen.

Holzeisenbahn  (Foto: SWR, Sebastian Felser)

Die nächste Stufe war dann eine Eisenbahnplatte mit zwei Zügen, die ihre Strecken selbst verwalten.

Testmodell (Foto: SWR, Sebastian Felser)

Stellwerke, wo heute noch zahllose Bahn-Mitarbeiter händisch die Weichen stellen, sind hier nur noch Netzwerkknoten.

Pünktlichere Züge durch Netzwerkknoten?

Über diese Knoten läuft die Kommunikation zwischen Zügen und Gleisen. Hier zeigt sich auch, warum sich die Bahn davon weniger Verspätungen erhofft: Wenn heute ein Stellwerk ausfällt, müssen in seinem Bereich alle Züge stehenbleiben.

Fällt dagegen ein Netzwerkknoten aus, übernehmen die anderen Knoten im System. Parallel laufen die Abrechnungen zwischen Nutzer-Zügen und benutzten Gleisen automatisch ab.

Weitere Blockchain-Anwendung: Supermarkt-Regale, die sich selbst bedienen

Auch Logistiker versuchen sich daran, die Blockchain-Technologie zu nutzen. Hier könnten Supermarkt-Regale mit ihren Lagern und der zentralen Verteilstation automatisiert kommunizieren.

Sprich: Ein Supermarkt-Regal registriert per Sensor, dass die Schoko-Riegel aus sind. Das meldet das Regal an das Supermarkt-Lager, Nachschub kommt an.

Das Supermarkt-Lager prüft, ob noch genügend Reserven da sind und meldet das gegebenenfalls an die zentrale Verteilstation. In der nächsten Großlieferung ist dann alles drin, was die Systeme automatisch gemeldet haben.

Kühlregal in einem Bonner Supermarkt (Foto: SWR, imago images / wolterfoto)
Kühlregal in einem Bonner Supermarkt

Medizindatenbanken

Auch eine digitale Patientenakte ist mit der Blockchain-Technologie denkbar. Hier verweisen die Entwickler vor allem auf die Sicherheit: Eine Blockchain-Anwendung gilt nämlich als fälschungssicher.

Wer sie manipulieren will, muss nicht einen Zentralrechner hacken, sondern zeitgleich mehr als 50 Prozent der Rechner in einem Netzwerk. Das gilt in großen Netzwerken als ausgeschlossen.

Sichere Online-Wahlen

Auch die öffentlichen Verwaltungen könnten aufspringen. Wenn Bürger mit ihrem Ausweis in einer Blockchain-Anwendung registriert sind, könnten Wahlkabinen ausgedient haben.

Dann bedeutete "Wählen gehen" nur noch einen Klick auf dem Smartphone. Die Blockchain-Technologie soll dafür sorgen, dass jede Stimme korrekt gezählt wird.

Das Ende der Banken?

Der Hype um die berühmteste Anwendung, das digitale Geld "Bitcoin", und die Ankündigung von Facebook, mit "Libra" ebenfalls ins Geschäft einzusteigen, hat für einige Nervosität bei den Banken gesorgt.

Bitcoin (Foto: SWR, dpa/picture-alliance - Jens Kalaene)
Mit Bitcoins digital zahlen

Tatsächlich könnten Verbraucher, die ihr Geld mit einer Blockchain-Anwendung verwalten, quasi keine Transaktions- oder Kontoführungsgebühren mehr zahlen.

Trotzdem glaubt Dirk Elsner von der DZ-Bank, der Geschäftsbank der Volks- und Raiffeisenbanken, nicht, dass die Kunden in Scharen den Banken den Rücken kehren. Wenn man kein Konto hat, habe man immer das Risiko, Geld zu verlieren oder überfallen zu werden.

Ähnlich sei es mit Blockchain-Anwendungen bei Bankgeschäften: Verliert jemand seine Zugangsdaten, ist das Geld weg.

Da kann jeder selber mal überlegen, was einem das wert ist. Ich denke, da liegen die Preise für Konten, für Zahlungsverkehr deutlich drunter.

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