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Häuser aus Holz – Ein Baustoff schützt das Klima

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Hellmuth Nordwig
Hellmuth Nordwig (Foto: Hellmuth Nordwig)
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U. Barwanietz & R. Kölbel

Die Bundesgartenschau Heilbronn fand statt vom 17. April bis 6. Oktober 2019.

Wer mit Holz baut, schont Ressourcen und die Umwelt. Denn Holz wächst nach und bindet Kohlendioxid. Auf der BUGA in Heilbronn steht das derzeit höchste Holzhaus Deutschlands.

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Ein Hochhaus aus Holz ist genauso sicher wie jedes andere. Trotzdem benötigte das höchste Holzhaus Deutschlands, das anlässlich der Bundesgartenschau in Heilbronn entstanden ist, eine Sondergenehmigung. Es steht für einen neuen Trend: Rund 150.000 Gebäude werden jedes Jahr aus Holz errichtet, einem nachwachsenden Baustoff, den viele Bewohner als warm und angenehm empfinden. Weil Holz ein CO2-Speicher ist, ist dieser Baustoff ein wirksames Mittel gegen den Klimawandel.

Hochhaus aus Holz hat eine Fassade aus Aluminium

Von außen sieht man dem fast würfelförmigen Gebäude in Heilbronn gar nicht an, dass Holz der vorrangige Baustoff ist. Denn darüber kommt eine Dämmschicht, und davor ist eine glänzende Aluminiumfassade angebracht. Sie dominiert das Aussehen und ist nur durch Balkone und Fenster unterbrochen.

Das ist bei anderen Holzhäusern oft nicht so.

Vielen Bauherren und Planern ist es wichtig, dass man das Holz sieht. Doch der Berliner Architekt Markus Lager verfolgt eine ganz andere Philosophie. Er hat diesen markanten Eingang zur Bundesgartenschau in Heilbronn geplant.

Auch sonst ist ein Holzhaus nie hundertprozentig aus Holz. Schon deswegen, weil das biologische Material im Erdreich verrotten würde. Das Fundament wird also auf jeden Fall betoniert. Doch Architekten wie Markus Lager versuchen, in ihren Gebäuden so viel Holz wie möglich zu verwenden.

Baustoff Holz bindet Kohlendioxid

Wenn ein Baum heranwächst, bindet er dabei Kohlendioxid. Und wer das Holz zum Bauen verwendet, sorgt dafür, dass das Treibhausgas so lange nicht in die Atmosphäre gelangt, wie das Gebäude steht. Bauen mit Holz ist also ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.

1.500 Tonnen Kohlendioxid sind in dem Heilbronner Hochhaus gebunden. So viel, wie alle Autos in Baden-Württemberg zusammen freisetzen, wenn jedes davon zwei Kilometer fährt. Das klingt nicht nach viel, aber das Haus in Heilbronn ist ja nicht das einzige Gebäude aus Holz.

Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren 2017 von den Neubauten 18 Prozent überwiegend aus Holz. Darunter sind nicht nur Wohnhäuser, sondern zum Beispiel auch Kirchen, Schulen oder Sporthallen. Und vom Klimaschutz abgesehen, hat Holz noch einen ökologischen Vorteil: Wer damit baut, schont Ressourcen. Denn Holz wächst nach – Sand, Zement und Stahl tun das nicht.

Zimmertemperatur und Schallschutz

Etwa 150.000 Gebäude werden pro Jahr ganz oder überwiegend in Holz erstellt. Zum Wohlfühlen trägt bei, dass sich das Material wärmer anfühlt als Stein, selbst wenn die Temperatur objektiv gleich ist. Das kann jeder selbst ausprobieren: Man braucht nur eine Hand auf eine verputzte Innenwand aus Mauerwerk zu legen, die andere direkt daneben auf ein Holzregal. Dabei wird spürbar: Holz wirkt wärmer. Das hat unter anderem damit zu tun, dass es die Wärme schlechter leitet als Stein. So kann man auch die Raumtemperatur deutlich niedriger wählen.

Auch ein ganz anderer Grenzwert ist im Holzbau immer eine Herausforderung: der Schallschutz. Das war schon beim Fachwerkbau so: Die Geschoßdecke wurde damals meist mit Lehm, Binsen und Sand verputzt. Sonst hätten die Bewohner jeden Schritt aus dem darüber liegenden Stockwerk gehört. Heute sind die Anforderungen noch viel strenger als damals.

Deshalb wird auf das Deckenholz normalerweise noch ein Estrich aufgebracht, also eine Schicht aus gegossenem Beton. Beim Hochhaus in Heilbronn gibt es aber eine Besonderheit: Dieses Gebäude ist so geplant, dass man es im Prinzip jederzeit abbauen und sämtliche Baustoffe recyceln kann, erzählt Markus Lager. Aus diesem Grund durften keine Verbundwerkstoffe eingesetzt werden.

Brandschutz und Holzdicke

Das Treppenhaus ist der Kern des Gebäudes und besteht aus Stahlbeton. Das ist wegen des Brandschutzes so. Die Leitern der Feuerwehr reichen nämlich nicht bis in die obersten Stockwerke – das ist die Definition eines Hochhauses. Deshalb gibt es ein ganz besonderes Brandschutzkonzept.

Entwickelt hat es Dirk Kruse, Inhaber eines Braunschweiger Ingenieurbüros. Er wirft ein häufiges Vorurteil über Bord: dass Holz als Baustoff brandgefährlich sei.

Denn auch ein Holzhaus kann man so bauen, dass die tragenden Teile noch stehen, wenn die Feuerwehr einen Brand sicher gelöscht hat. Fachleute gehen davon aus, dass das nach 90 Minuten der Fall ist. Das heißt: Wände und Decken müssen nur dick genug sein.

Das mobile Holzhaus kann überall mit einem Kran aufgestellt werden. (Foto: SWR, SWR - Michael Eiden)
Dieses mobile Holzhaus kann überall mit einem Kran aufgestellt werden

Beim Hochhaus in Heilbronn ist mehr als genug Reserve: 23 Zentimeter sind die Hölzer zwischen den einzelnen Stockwerken stark. Wichtig ist beim Brandschutz, dass tatsächlich getrocknetes und verleimtes Holz zum Bauen verwendet wird. Denn in naturbelassenem Holz gibt es oft Hohlräume, und über die breitet sich ein Feuer viel schneller aus.

Bauordnungen müssen aktualisiert werden

Doch in Deutschland ist diese Bauweise bisher nur in vier Bundesländern erlaubt. In Baden-Württemberg kam eine entsprechende Gesetzesänderung noch rechtzeitig vor der Bundesgartenschau. Alle Beteiligten aus den Behörden hätten hier an einem Strang gezogen, berichten Bauherr, Architekt und Brandschutzplaner übereinstimmend.

In den meisten anderen Bundesländern dürfen keine so hohen Gebäude aus Holz errichtet werden. Die Bauordnungen der meisten Bundesländer spiegeln die Erkenntnisse zum Brandschutz beim Holzbau bisher nicht. Trotzdem werden immer mehr Gebäude aus dem nachwachsenden Baustoff errichtet.

Weitere große Gebäude aus dem nachhaltigen Baustoff Holz sind geplant. Zum Beispiel ein Wohnheim für mehr als 200 Studierende in Heidelberg auf einem ehemaligen Militärgelände. Oder mehrere Schulen aus Holz, zum Beispiel in Leipzig, Darmstadt oder Diedorf bei Augsburg.

In London entsteht zurzeit eine U-Bahn-Station überwiegend aus Holz. Und der Ortsname Holzkirchen in Oberbayern ist jetzt ganz wörtlich zu nehmen: Im März 2018 hat Kardinal Reinhard Marx dort ein neues Gotteshaus aus dem nachwachsenden Rohstoff eingeweiht.

Noch ist das Holz-Hochhaus am Rande der Bundesgartenschau das höchste in Deutschland – aber Dominik Buchta von der Stadtsiedlung Heilbronn ahnt schon jetzt, dass das nicht lange so bleiben wird.

Umwelt Der Kampf gegen illegalen Holzhandel

Holz ist ein beliebter Rohstoff. Er wird zu Häusern, Möbeln und Musikinstrumenten verarbeitet, als Holzkohle verbrannt oder für Papier verwendet. Doch Schätzungen zufolge stammen rund zehn Prozent des Holzes weltweit aus illegalem Handel.

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