300 Jahre Musik in Karlsruhe - Teil 19

Johannes Frisch - der Anti-Karlsruher

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AUTOR/IN
Julia Neupert

1958 in Karlsruhe geboren, ist Johannes Frisch – mit einer kurzen Unterbrechung – seit vier Jahrzehnten einer der aktivsten Mitgestalter des Musiklebens hier der Stadt: als Konzertveranstalter, Journalist, Netzwerker und vor allem als – Bassist. Bekannt geworden ist er vor allem mit dem "Kammerflimmer Kollektief".

Planstadt, Beamtenstadt, Wissenschaftsstadt – das sind so die Attribute, mit denen Karlsruhe normalerweise bedacht wird. Alles so schön ordentlich hier. So strukturiert. So durchdacht. Demnach wäre der gebürtige Karlsruher Johannes Frisch eigentlich ein Anti-Karlsruher. Denn den Bassisten interessieren vor allem Dinge, die unberechenbar und unkalkulierbar sind. Prinzip Improvisation:

"JazzRockVolksmusik" mit "Waldschrat"

"Waldschrat" hieß seine erste Band – mit der musikalischen Ausrichtung "JazzRockVolksmusik" und mit Spielorten abseits der etablierten Veranstaltungsräume.

Free Punk Jazz statt klassischem Musikstudium

Vom Rock über die Improvisation kam Frisch zum Jazz und so auch vom E- zum Kontrabass. Zum Erlernen der technischen Feinheiten nahm er Unterricht bei einem Bassisten der Badischen Staatskapelle. Lust auf ein klassisches Musikstudium bekam er dabei allerdings nicht – auch weil Frisch sich stilistisch dann sowieso erst einmal in eine Richtung bewegte, bei der die richtige Bogenhaltung nicht zu den Primäranforderungen gehörte: "Da war eine akademische Ausbildung nicht das, was anlag. Es ging eher um den Austausch von Energie und wilden Klängen." Free Punk Jazz!!!

Nach Hamburg und zurück nach Karlsruhe

Ein paar Jahre lebt Johannes Frisch Anfang der 80er in Hamburg – hingezogen hatte ihn der Ruf der Stadt als ein pulsierendes Zentrum für alternative und experimentelle Musik. Irgendwann aber liegt die Entscheidung an: Wie die Zukunft planen? Das Sich-Selbst-Vermarkten lag ihm nicht, auf ein Leben nur "On The Road" hatte er auch keine Lust – und so ist Frisch schließlich wieder in der Heimat gelandet. Dort traf er dann auf Musiker wie den Schlagzeuger Rudolf Theilmann, den Saxophonisten Helmut Dinkel und den Multiinstrumentalisten Helmut Bieler-Wendt, mit denen er seitdem regelmäßig unregelmäßig im Quartett DFTh + HBW auftritt.

Mehrere Standbeine

Johannes Frisch ist aber nicht nur als Bassist präsent in Karlsruhe. Er kuratiert seit über 30 Jahren auch eine renommierte Konzertreihe für improvisierte Musik im Badischen Kunstverein, er ist als Musikjournalist in regionalen Printmedien präsent und macht die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für das Freie Kulturzentrum "Tollhaus".

Immer auch mal über den eigenen Horizont hinausspielen – das gehört zu seinen Grundprinzipien als Musiker. Theater, Literatur, Hörspiel, Malerei, Tanz – Frisch sucht ganz bewusst den Austausch mit Künstlern anderer Sparten – arbeitet zum Beispiel eng mit Frank Soehles Figurentheater Tübingen zusammen, oder mit dem Elektronik-Musiker – und Karlsruher Bundesanwalt – Ralf Wehowsky.

Kammerflimmer Kollektief mit Fans in ganz Europa

Das Kammerflimmer Kollektief (Foto: Kammerflimmer Kollektief -)
Das Kammerflimmer Kollektief

International bekannt geworden ist Johannes Frisch aber vor allem mit dem "Kammerflimmer Kollektief". Zusammen mit Thomas Weber und Heike Aumüller begibt er sich hier in mehrere musikalische Zwischenreiche. Die Kammerflimmermusik schwebt zwischen Song und freier Improvisation, zwischen akustischen und elektronischen Klängen, zwischen Folk und Rock, zwischen Noise und Jazz. Dieser ganz eigene Kammerflimmer Kollektief-Sound hat eine Fangemeinde in ganz Europa, ob in Athen oder Moskau: "Du kommst da hin und die Hütte ist voll! Und die Leute kommen mit stapelweise CDs an und lassen die sich signieren. Unglaublich! Faszinierend...."

Überraschen lassen von Klängen

"Erfolg" – das hört man seinem Staunen über solche Erfolge an – Erfolg ist nicht die Haupt-Motivation des Bassisten. Johannes Frisch, der sich nach all den Jahren einer der musikalischen Aktivposten in Karlsruhe nach wie vor nach dem Unerhörten sucht, wobei ihm bei aller stilistische Offenheit neben der Improvisation vor allem eines wichtig ist:

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Julia Neupert