JetztMusik - Glossar

Material

Stand

Für manche ein argumentativer Schießstand: der „Stand des Materials“. Theodor W. Adorno bezeichnete damit in seiner Philosophie der Neuen Musik (1949) die musikalischen Töne samt der in ihnen „sedimentierten“ Geschichte: Durch diese den Tönen innewohnende Kultur- und Sozialgeschichte ist ihre Verwendung weder beliebig noch von allein subjektiven Kriterien abhängig. Mit dem „Stand“ des Materials oder seiner „Tendenz“ ließ sich argumentieren, um eine ganz bestimmte Kompositionsweise als die einzig mögliche, historisch notwendige zu beschreiben. Der Serialismus erhielt in den 1950er Jahren auf diese Weise eine theoretische Legitimation. Solches Materialdenken wurde aber stets ebenso vehement verfochten wie als pseudo-objektiv angegriffen. Im erweiterten Sinne bezeichnet Material schlicht all das, was für eine Komposition benutzt wird. Im
20. Jahrhundert kommen als Klang-Materialien zunehmend auch Geräusche in Frage (Ars Acustica, Musique concrète). Gelegentlich wurden Kompositionen von Vorstellungen bestimmter natürlicher Rohstoffe beeinflusst, z. B. Enno Poppes Ensemblestücke Knochen (1999/2000), Öl (2001–2003) oder Salz (2005).

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AUTOR/IN
SWR