Über den Unsinn von To-do-Listen

Es kommt, wie's kommt.

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AUTOR/IN
Walter Filz

...und ist noch immer gut gegangen! Glosse von Walter Filz

To-do-Listen sind etwas für "Rahmenbedingungsbeachter, Risikobedenker, Aufwandskrämer, Nebenkostenaddierer", spottet SWR2 Feature-Chef Walter Filz. All die wichtigtuerischen Tools lenken nur davon ab, dass diese Leute im Grunde keine Idee haben, keine Vision, keine Mission.

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Da … muss eine Lampe hin. Dringend. Wichtig!

Und also schrieben wir es hin. Ganz oben. Auf die To-do-Liste: Lampe für's Klo kaufen. Denn da hing nur eine Glühbirne an einem räudigen Kabel von der Decke. Damals. Als wir in die Wohnung eingezogen sind. 22 Jahre ist das her und - natürlich - die Birne baumelt immer noch.

Nur zwei Tage nachdem der Lampenkauf auf der To-Do-Liste stand, war er nicht mehr dringlich. Zwei Monate später nicht mehr wichtig. Zwei Jahre später war die Liste verkramt und vergessen. 22 Jahre später... man lernt dazu. Wird reifer. Wird weiser. Wird gelassener. To-do-Listen. Projekte planen. Pläne abarbeiten. Prioritäten setzen. A, B und C. Kurzfrist, Mittelfrist, Langfrist. Ach was.

Es kommt, wie's kommt. Und ist noch immer gut gegangen!

Ziele definieren. Arbeit budgetieren. Leistungsressourcen bilden. Pläne sind was für Rahmenbedingungsbeachter, Risikobedenker, Aufwandskrämer, Nebenkostenaddierer. Für Kalenderwochennummerierer, für Milimeterpapierfalter, für Einbauküchenausmesser. Für Schisser. Leute, deren größte Lebensleistung das Aufräumen des Kellers ist.

Immerhin: der ist dann voll. Während im Kopf die Leere gähnt. Organisationswerkzeuge. Programme. Tools. Hilfsmittel. Listenbücher und Lastenhefte. All dieses wichtigtuerische Zeug lenkt diese Leute nur davon ab, dass sie im Grunde keine Idee haben, keine Vision, keine Mission.

Hatte Jesus eine To-do-Liste?

  • Heilung von Petrus' Schwiegermutter
  • Speisung der 5.000
  • Lazarus vom Tod erwecken
  • 40 Tage freihalten fürs Sonderprojekt "Satans Versuchung".

Und vorher noch einen Feigenbaum verfluchen. Oder besser später? Unsinn.

Hatte Goethe einen Terminplaner?

  • Morgen früh 2:30 Uhr: Aufs Pferd zur Pfarrerstochter Friederike. Willkommen.
  • Abschied 17 Uhr 30 mit nassem Blick.

Nein hatte er nicht: "Es war getan fast eh' gedacht." So läuft das. Erst hat er es getrieben, und später aufgeschrieben. Äh, das war jetzt nicht von Goethe.

Hat Einstein Prioritäten gesetzt?

  1. Materie, Raum und Zeit erforschen.
  2. Völkerverständigung und Frieden fördern.
  3. Haare kämmen. (Aber nur wenn Zeit übrig. Klammer zu).

Natürlich hat er nicht.

Ätsch. Die Zunge raus. Genie braucht keinen Plan. Geistesblitze lassen sich nicht planen. Da macht es mitten in der Nacht Zisch-Peng. Und Zack sitzt man senkrecht im Bett, greift sich einen Notizzettel und schreibt drauf: Newton liegt falsch.

Weltbild ändern. So funktioniert das doch. Und zwei, drei Nächte später: wieder Zisch-Peng-Zack und Zettel raus: e = mc².

So geht das. Planung Pillepalle. Prioritäten Papperlapapp. Projektsteuerung Pustekuchen.
Abwarten, kommen lassen. Dem einen kommen die genialen Gedanken im Schlaf. Dem anderen beim Joggen.

Und mir zum Beispiel auf dem... hey, wieso flackert denn das Licht?
Da geht doch nicht etwa die Glühbirne kaputt. Oder das Kabel. Nach 22 Jahren. Was mache ich denn da?

Ich hab keinen Plan.

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Walter Filz