Thema Musik

Erinnerungen an die Oppenheimer Komponistin Johanna Senfter

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AUTOR/IN
Franziska Kottmann

Ihr ganzes Leben verschrieb sie sich in selbst gewählter Isolation passioniert der Komposition und hinterließ ein umfangreiches Werk. Doch erst seit einigen Jahren nimmt die Musikwelt von Johanna Senfter Notiz.

Zeitlebens sehnte sich Johanna Senfter nach Anerkennung als Komponistin

Johanna Senfter wird 1879 in Oppenheim am Rhein geboren. Sie beginnt mit 16 Jahren an Dr. Hoch's Konservatorium in Frankfurt am Main zu studieren. Danach vertieft sie ihr kompositorisches Wissen bei Max Reger, der sie außerordentlich schätzt. Sie wird – so Regers Worte – seine beste Schülerin.

Zeitzeugen aus Oppenheim und Nachfahren erinnern sich an Begegnungen mit Johanna Senfter und Musikerinnen und Musiker erzählen, wie ihnen das Werk der Komponistin faszinierende Klangwelten erschlossen hat.

Mit der Tatsache, dass ihre Kompositionen nicht den von Männern gleichgesetzt sind, hadert Johanna Senfter zeitlebens.

„Ich bin halt dazu ersehen, hauptsächlich durch meine unglückselige Natur, in Verborgenheit weiter zu schreiben.“

In einem Brief an den Komponisten Hans Fleischer schreibt sie: „Gebührenpflichtige Aufführungen habe ich keine und der Verband (Deutscher Tonsetzer) wird sich beherrschen, Werke von Frauen, die ja bekanntlich nur Minderwertiges zuwege bringen, aufzuführen. Außerdem sind meine Arbeiten schwer zugänglich und werden sicher nicht als voll anerkannt.“

Johanna Senfter im Profil (Foto: Collmann, Darmstadt)
Johanna Senfter, auf diesem Foto etwa 70 Jahre alt, galt zu Lebzeiten als scheue Künstlerin. Auch heute ist ihr musikalischer Nachlass nicht vollständig erschlossen. Collmann, Darmstadt

„Wie war es möglich, daß man diesen Genius bei Lebzeiten nicht erkannt hat?“

„Johanna Senfter ist das größte Genie unserer Zeit und einer der größten Meister, die je gelebt haben.“

Hans Fleischer, der in den 1920er-Jahren bei Johanna Senfter Unterricht in Komposition nimmt, sieht seine Lehrerin als eine der größten Komponistinnen ihrer Zeit: „In hundert Jahren wird man nach dem Senfter-Haus wallfahrten, wie man heute nach dem Beethoven-Haus in Bonn pilgert; man wird ihr Denkmäler bauen und Straßen nach ihr benennen; man wird sich an die dummen Köpfe schlagen und sich fragen: ‚wie war es möglich, daß man diesen Genius bei Lebzeiten nicht erkannt hat‘?“

Max Reger mit Familie im Garten des Hauses Senfter. (Foto: Meininger Museen)
Max Reger und Familie im Garten des Hauses Senfter in Oppenheim im September 1911. Von links: Elsa Reger, Elise Senfter, Johanna und Sophie Senfter, Dr. Hermann Unger. Oben stehend: Max Reger und vorne seine Töchter Christa und Lotti. Meininger Museen

CD-Tipp: Johanna Senfter - works for violin

Friedemann und Alexia Eichhorn gelingt es, eine besondere Magie zu erzeugen. Das ist herbe Schönheit par excellence! Wunderbar berührend. Es ist ein Genuss, sich diese CDs mehrfach anzuhören

SWR2 Abendkonzert vom 21.1.2023

Johanna Senfter, 1879 in Oppenheim am Rhein geboren und 82 Jahre später ebenda gestorben, war Schülerin von Max Reger, ihr Werk ist heute vergessen. Roland Glassl und Oliver Triendl haben im SWR Studio Kaiserslautern ihre Kompositionen für Viola und Klavier wiederbelebt. Dort scharte auch die Harfenistin Silke Aichhorn befreundete Musikerinnen und Musiker um sich und spielte mit ihnen Bearbeitungen von Bach-Werken ein - eine klangliche Entdeckungsreise auf neuen Wegen.

SWR2 Abendkonzert SWR2

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Franziska Kottmann