„Ich wollte Musik schreiben, die ich liebe.“
Krzysztof Penderecki war ein eigenwilliger Komponist, einer, der sich nicht festlegen lassen wollte - weder von realpolitischen noch von kulturellen Ansagen. Im Gegenteil: Solche Ansagen, Gebote, Strömungen schienen für ihn immer wieder Anlass, etwas ganz anderes zu machen. So habe er Ende der 1950er-Jahre geistliche Musik geschrieben, eben weil es verboten war, erzählte er einmal in einem SWR2-Gespräch.
Penderckis internationale Karriere startete in Donaueschingen
1933 wurde Penderecki in Polen geboren, erlebte dort den Zweiten Weltkrieg, in dem er Teile seiner Familie verlor. Früh kam er mit Musik in Kontakt und wollte zunächst Geiger werden. Im Rundfunk hörte er Musik von Henri Pousseur und Karlheinz Stockhausen und begann, sich für zeitgenössische Musik zu interessieren. Auch dieses Interesse hatte aber schnell Aspekte von Widerstand – diesmal gegen die Ausreisebeschränkungen in seinem Heimatland.
So nahm er 1959 an einem Kompositionspreis teil, bei dem es einen Pass zu gewinnen gab, und gewann. Heinrich Strobel war in Warschau bei der Preisverleihung und lud ihn zu den Donaueschinger Musiktagen ein. Sie wurden schon im Folgejahr das Sprungbrett für Pendereckis internationale Karriere. Die Uraufführung des Werks „Anaklasis“ für Streicher und Schlagzeuggruppen mit dem SWF Sinfonieorchester unter Hans Rosbaud schrieb Musikgeschichte.
Für perkussive Klänge hatte Penderecki ein besonderes Gespür; er erfand später auch eigene Schlaginstrumente. Und die Streicher banden sich – auf für die damalige Zeit revolutionäre Weise – zu geheimnisvoll beweglichen Klangflächen zusammen.
Viele Kompositionen wurden zu Filmmusik
Geheimnisvoll bis unheimlich erschienen Pendereckis Kompositionen der frühen 1960er-Jahre – die Neue-Musik-Szene war begeistert, und auch verschiedene Filmregisseure griffen sie auf. Das 1. Streichquartett von Penderecki findet sich in William Peter Blattys „Exorzist“ wieder, das Stück „Jakobs Erwachen“ in Stanley Kubricks „Shining“, es gab zudem direkte Aufträge an Penderecki für neue Filmmusik.
Doch auch die Avantgarde konnte den inzwischen international aktiven Komponisten nicht lange binden. 1966 schrieb er sein vielleicht berühmtestes Werk: die „Lukas-Passion“, und irritierte sein Umfeld nachhaltig.
Wegen der Lukas-Passion wurde ich zum „Verräter“ für die Komponisten-Kollegen.
Werke zum 11. September 2001 und zum Tod von Papst Johannes Paul II.
Religiöse Musik war in allen stilistischen Wandlungen ein fester Bestandteil in der Arbeit des Komponisten, der einmal von sich sagte, er versuche, immer am 24. Dezember etwas zu komponieren, aus Respekt für dieses wichtige Datum im Kirchenjahr. Wenn ihm das nicht mehr gelänge, schriebe er wahrscheinlich überhaupt nichts mehr.
Doch auch andere Daten und Ereignisse schlugen sich in seiner Musik nieder: der Bombenabwurf auf Hiroshima, der Aufstand im Warschauer Ghetto, der 11. September 2001, der Tod von Papst Johannes Paul II.
Fachmann für Bäume
Und er schrieb nicht nur. Krzysztof Penderecki war zeitlebens nicht nur als Komponist, sondern auch als Dirigent aktiv. Er leitete die wichtigen polnischen, aber auch viele andere große Orchester, im NDR Sinfonieorchester wurde er zum ersten Gastdirigenten berufen. In Krakau war Penderecki lange Jahre Professor für Komposition, zeitweise auch Rektor der dortigen Musikhochschule. Und er blieb bis zuletzt ein Gesprächspartner, Lehrer und Impulsgeber im internationalen Kulturbetrieb.
Außerhalb der Musik war Penderecki ein Fachmann für Bäume, studierte ihr Entstehen, ihr Wachstum und Absterben und schrieb ein Buch darüber.
Jetzt ist Krzysztof Penderecki mit 86 Jahren in Krakau gestorben.