Musikthema

Trans- und Interkulturelle Musik beim Heidelberger Frühling

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AUTOR/IN
Martina Senghas
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Sebastian Kiefl

„Zusammen“ ist das Motto dieses Jahr beim Musikfestival „Heidelberger Frühling“. Und dahinter steckt der durchaus motivierte Anspruch, die Welt mit Musik ein bisschen besser zu machen. Das Festival versucht genau dies, indem auch Konzerte auf dem Programm stehen, die versuchen, unterschiedliche musikalische Traditionen miteinander zu verbinden und ein trans- und interkulturelles Zusammenwirken zu ermöglichen.

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Jodler trifft Haydn

Beim Konzert am 27.03. spielte das österreichische Ensemble Franui Musicabanda, bestehend aus Blechblasinstrumenten, Klarinetten, Violine und Kontrabass – aber auch Hackbrett, Harfe und Zither – ein Stück, das sie „Laader“ nennen. Es ist eine Mischung aus einem Jodler aus der Ostschweiz und Joseph Haydns Sonate für Klavier A-Dur. 

Was Franui zum Klingen bringt, sind Versatzstücke aus Kompositionen von Mozart, Bartok, Brahms und Schubert im Wechselspiel mit – wie sie es selbst beschreiben – Volksmusik, Jazz und Experiment. 

„Wir kleiden das alles neu ein, wir renovieren von Grund auf, wir schreiben das manchmal komplett um, so dass es mal skelettiert ist oder vom Kopf auf die Füße gestellt ist. Der Gewinn für uns ist, dass die Musik schlicht wieder lebendig gemacht wird.“

Öffnung zum Inter- und Transkulturellen

Lebendige Musik für jene, die Berührungsängste mit Schubert haben und solchen, die der traditionellen Blasmusik eher mit Vorbehalt begegnen. Schett betont, dass man inter- oder trankulturell denken müsse, sonst komme man – vor allem in Österreich – überhaupt nicht aus dem Tal heraus.

Rauskommen aus dem Tal und der gewohnten Ordnung und hin zu einer Musik, die Neues schafft und einen ganz ungewohnten Sound zulässt. So wie etwa auch den von Abel Selaocoe mit dem Manchester Collective.

Abel Selaocoe interpretiert Giovanni Sollimas Musik

Abel Selaocoe ist ein südafrikanischer Cellist, der wirklich in keine Schublade passt. Er spielt Klassik, singt Lieder aus seiner Heimat und verbindet Streichinstrumente und afrikanische Percussion. Dabei hat er und seine Mitmusiker offenbar keine Berührungsängste. Damit haben sie großen Erfolg, das Konzert mit Abel Selaocoe und dem Manchester Collective Frühling ist seit Wochen ausverkauft. 

Weltmusik neben Bach, Brahms und Beethoven

Der Heidelberger Frühling will sich in diesem Jahr verstärkt der Lust und Energie von Musikerinnen und Musikern hingeben, die sich auf etwas scheinbar Fremdes einlassen und zusammen etwas Neues zu kreieren.

Nach wie vor gibt es natürlich Konzerte mit Bach, Brahms, Beethoven und all den anderen Klassikern, aber mal will leben auch abbilden, wie viel sich in der Musik bewegt. 

„Das Bedürfnis nach Diversität ist ja allgegenwärtig. Tatsächlich auch von der Arbeitsseite: dass Barockorchester oder Solisten oder auch ganz konventionelle Orchester, dass die über die Grenzen ihrer eigentlichen Sphäre hinaus denken und dass da auch unterschiedlich gearbeitet wird.“

Außereuropäische Instrumente und Musiktraditionen

Festivals wie der Heidelberger Frühling stehen nicht nur vor der Aufgabe, sich ihr Publikum zu erhalten, sondern auch neue Besucherinnen und Besucher zu gewinnen. Bei einer Bevölkerung, in der inzwischen ein großer Teil von anderen Musiktraditionen geprägt ist, scheint folgerichtig, wenn neben Geigen und Pauken auch orientalische Instrumente wie Bouzoukis und Darbukas zu hören sind.

So mische sich in Heidelberg in diesem Jahr syrische und armenische Klänge ins Programm. Außerdem kann man mit dem György Ligeti-Schwerpunkt einen Komponisten erleben, der sich mit rhythmischen und harmonischen Modellen aus der ganzen Welt beschäftigt hat. 

Neue Felder der Musikforschung

Ein bewegendes Beispiel dafür, Musik als ein Zusammen und nicht als ein Getrennt-Voneinander zu erleben, möchte das Konzert „O Jerusalem!“ von Apollo’s Fire liefern. Die US-amerikanische Formation unter der Leitung von Jeannette Sorrell – eigentlich eine Spezialistin für Alte und Barock-Musik – hat sich auf Spurensuche nach jüdischer Musik im Jerusalem des 16. Jahrhunderts begeben. Und dabei die erstaunliche Entdeckung gemacht, wie eng sie mit der christlichen und muslimischen verbunden war. 

Trailer zu Apollo's Fires „O Jerusalem“

Musik vom Heidelberger Frühling der letzten Jahre

Musikstück der Woche Jamie Phillips dirigiert Haydns Sinfonie „Le Matin“

Man muss nicht im Grand Canyon auf der Lauer liegen oder an einem exotischen Strand, um spektakuläre Sonnenaufgänge zu erleben. Es reicht oft schon, früh morgens vor die eigene Haustür zu treten – oder aber zu lauschen, denn die Sonne kann auch musikalisch aufgehen!

SWR2 Musikstück der Woche SWR2

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