Der Wächter - Wiegenlied-Projekt (Foto: SWR/ Carus-Verlag  - Frank Walka)

Liederprojekt

SWR2 Wiegenlieder: Benefiz-Projekt zeigt den Reichtum unserer Musikkultur

Stand

In einem einzigartigen CD-, Radio- und Internetprojekt haben 52 der besten Sängerinnen, Sänger und Vokalensembles ihre liebsten Schlaf- und Wiegenlieder aufgenommen, die Sie hier nachhören können.

Angelika Kirchschlager, Christoph Prégardien, Andreas Scholl, Juliane Banse, Sibylla Rubens und sogar Sänger, die sich längst von der Bühne verabschiedet hatten, wie Peter Schreier und Kurt Moll, haben sich 2009 an diesem Projekt beteiligt und ihre Lieblingslieder für eine Benefiz-CD gagenfrei eingesungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Schirmherrschaft übernommen.

Die Initiative zum Projekt ging vom Konzert- und Opernsänger Cornelius Hauptmann aus. Viele Schülerinnen und Schüler, so stellte er bei einem Schulbesuch fest, würden bekannte Wiegenlieder wie „Der Mond ist aufgegangen“ nicht mehr kennen.

Hauptmann wollte den großen Fundus an Liedern wieder einem breiten Publikum zugänglich machen. Er fragte seine Sängerkolleginnen und -kollegen, ob sie sich an der Aufnahme von Wiegenliedern für eine Benefiz-CD beteiligen würden. Über 50 Sängerinnen und Sänger sagten zu.

Ein Liederbuch für Familien

In Zusammenarbeit mit dem Carus-Verlag erschien zusätzlich zu der CD-Produktion auch ein Liederbuch mit allen Noten und Texten zum Nachsingen. Der Maler Frank Walka hat die Lieder kunstvoll illustriert.

Von jedem verkauften Buch und jeder verkauften CD gehen je zwei Euro an Herzenssache e.V., der Kinderhilfsaktion von SWR und SR, die Projekte für das Singen mit Kindern unterstützt.

Vom Volkslied zum Kunstlied

Wiegenlied (Foto: SWR, SWR/Carus-Verlag - Frank Walka)

Die Anfänge des volkstümlichen deutschen Wiegenlieds liegen im Dunkeln. Da das Wiegenlied in vielen Kulturen verbreitet ist, wird die Tradition, Säuglinge wiegend in den Schlaf zu singen, weit vor den ersten schriftlichen Belegen im späten Mittelalter eingesetzt haben. Ab dem 14. Jahrhundert finden sich unter den ersten deutschsprachigen Weihnachtsliedern zahlreiche Wiegenlieder, wie z. B. "In dulci jubilo" und "Josef, lieber Josef mein", die an der Krippe in der Kirche gesungen wurden.

Das volkstümliche Wiegenlied wurde mündlich und ohne Urheberschaft tradiert, bis am Ende des 18. Jahrhunderts ein reges Interesse am Volkslied einsetzte. Dichter wie J. G. Herder und später dann Achim von Arnim und Clemens Brentano sammelten Volkslieder und veröffentlichten sie in Sammlungen wie "Des Knaben Wunderhorn" (1805-1808). Im Gefolge schufen nun Komponisten ganz bewusst "Lieder im Volkston", darunter J. A. P. Schulz, der Schöpfer von "Der Mond ist aufgegangen", das dann von einem Kunstlied "im Volkston" tatsächlich zu einem der beliebtesten deutschen Volkslieder wurde.

Ähnlich erging es Johannes Brahms mit "Guten Abend, gut Nacht", das - als Kunstlied komponiert - heute in vielen Spieluhren über Bettchen zum Einschlafen gespielt wird. Auch Dichter wie Hoffmann von Fallersleben verfassten Texte, die mit den Jahren zu "Volksliedern" wurden (u.a. "Wer hat die schönsten Schäfchen", ,"Abend wird es wieder").

Unter den zahlreichen Wiegenliedern im Volkston ragen besonders die Vertonungen von Engelbert Humperdinck, Wilhelm Taubert und Carl Reinecke heraus. Das Wiegenlied wurde eines der klassischen Typen des deutschen Kunstlieds, ja, fand sogar als "Berceuse" (franz. le berceau: die Wiege) Eingang in die Instrumentalmusik. Fast alle großen Meister des romantischen Lieds, Schubert, Schumann, Brahms, Mendelssohn, Cornelius und Reger, komponierten Wiegenlieder. Ihre Lieder spiegeln dabei das volkstümliche Wiegenlied, nicht allein im charakteristischen Wiegenrhythmus und der gedämpften Lautstärke, sondern auch in refrainartigen "Lautworten" wie "eia popeia" oder "lululu" und in den Bildern von Bäumen, Vögeln, Schafen und Engeln.

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SWR