Klare interpretatorische Handschrift

Schumann Quartett spielt Schumann, Reimann und Mendelssohn

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AUTOR/IN
Christiane Peterlein

CD-Tipp vom 17.4.2018

Ein Wetteifern unter Team-Kollegen

„Einer für alle, und alle für Einen“, Robert Schumanns erstes Streichquartett a-Moll spielen die Mitglieder des Schumann-Quartetts als absolute Einheit. Damit verleihen sie ihrer Interpretation einen besonderen Nachdruck: „So und nicht anders!“ denkt oder fühlt man vielmehr, beim Hören dieser Einspielung. Man spürt die Klarheit dieses Ensembles gegenüber dem Notentext und: dass diese vier Musikerpersönlichkeiten gemeinsam denken und fühlen. Sie sind sich nahe. Und diese Nähe eröffnet ihnen auch den Raum, um sich spielerisch zu begegnen. Gönnt sich einer eine kleine Verzögerung, reagiert der Nächste mit einem besonders stürmischen Lauf – ein Wetteifern unter Team-Kollegen. Mit dieser starken Einspielung des a-Moll-Streichquartetts von Robert Schumann macht das Schumann-Quartett seine Hörer glücklich. Ein großes Stück Musik-Torte, nach dem man schon ziemlich zufrieden ist, man könnte sich zurücklehnen. Aber jetzt geht es überhaupt erst richtig los. Denn mit diesem ersten Werk hat das Schumann Quartett zunächst einmal den dramaturgischen Kern Ausgangspunkt seiner CD vorgestellt. Von ihm aus entspinnt das Ensemble ein feines programmatisches Beziehungsgeflecht. Und der erste Faden verläuft zwischen Robert Schumann und Aribert Reimann.

Grelle, hart angerissene Pizzicati

Mit Aribert Reimanns „Adagio zum Gedenken an Robert Schumann“ stellt sich das Ensemble der dunklen Seite Schumanns. Es ist Ein Werk, das sich mit dessen psychischen Qualen auseinandersetzt. In den letzten Jahren seines Lebens glitt der Komponist immer weiter in die geistige Umnachtung. Dieses Grauen macht das Schuman Quartett hörbar: mit grellen, hart angerissenen Pizzicati und einer dumpf, wie aus weiter Ferne herüberklingenden Choral-Melodie – die Verbindung zur alten, vertrauten Welt, die inzwischen aber unerreichbar ist.

Changierende Klangfarben

Auch mit dem nächsten Werk konfrontiert das Schumann Quartett seine Hörer mit den Abgründen des Komponisten und webt einen weiteren Faden in die Verbindung zwischen Reimann und Schumann ein: Denn die vier Jahre vor Schumanns Tod entstandenen Sechs Gesänge op. 107 hat Aribert Reimann für Sopran und Streichquartett ausgearbeitet.
Gemeinsam mit Anna Lucia Richter interpretiert das Schumann Quartett diese Lieder einer verlorenen Seele und lässt seine Hörer erschauern – mit Klangfarben, die zwischen heißerem Flüstern und zögerlich vorantastenden Pizzicati changieren.

Spieltechnische Brillanz

Nach so viel Schatten und Dunkel führt das Schumann-Quartett am Ende seiner CD die Hörer wieder ins Licht. Dort wartet Schumanns Herzensfreund auf uns: Felix Mendelssohn Bartholdy. Seine Musik erfüllte für Schumann das Ideal einer romantischen Kunst. Und so spielen die vier Musiker auch dessen erstes Streichquartett in Es-Dur: als ein großes Lied ohne Worte. Wer es hört, weiß, warum das Schumann Quartett in der Spitzengruppe der Streichquartett-Welt spielt: dank spieltechnischer Brillanz, klugen Programm-Ideen und einer klaren interpretatorischen Handschrift.

CD-Tipp vom 17.4.2018 aus der Sendung „SWR2 Cluster“

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Christiane Peterlein