Medien-Tipp

Oper im Kino dank Livestreams möglich

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AUTOR/IN
Konstantin Sakkas

Klassik heißt längst nicht mehr Abendkleid und Smoking, aber eine Opernkarte kann schnell teuer werden, vor allem Premieren sind rasch ausverkauft. Doch es gibt mittlerweile Alternativen, denn dank Livestreams können inzwischen Klassikfreunde in aller Welt Oper im Kino erleben. Doch kann die Leinwand das Erlebnis vor Ort im Opernhaus ersetzen?

Man sei so nah an den Sängerinnen und Sängern wie nie zuvor, doch eine Atmosphäre wie in Bregenz müsse man vermissen, sagt der Musikjournalist Konstantin Sakkas. Er hat den Selbstversuch unternommen und eine Vorstellung im Delphi Filmpalast in Berlin besucht.

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Oper im Kino – LIVE

Madama Butterfly, „Japanische Tragödie in drei Akten“ von Giacomo Puccini, ein Evergreen unter den Opern. Normalerweise ginge nach rund zwei Stunden Aufführung ein Ruck der Erleichterung durch die Reihen: die Knochen tun einem weh von der Bestuhlung.

Aber nein: Ich sitze nicht in der Oper, sondern im Kino. Puccinis Butterfly schaue und höre ich mir an diesem Dienstagabend im Delphi Filmpalast in der City West in Berlin an, und zwar live.

Live, wie kann das sein? Das Royal Opera House streamt ausgewählte Veranstaltungen in über 1.300 Kinos in aller Welt. Seit 2008 gibt es das schon, diese Saison ist die bisher größte, 13 Produktionen, darunter drei Premieren stehen auf dem Programm, Madama Butterfly eröffnet die Saison.

Oper im Kino, das ist anders. Viele haben sich schick gemacht, man sieht klassisches Opernpublikum, aber die Atmosphäre ist viel entspannter. Viele der Besucher*innen heute sind nicht das erste Mal bei einem solchen Event.

Nahe an den Künstler*innen

Und tatsächlich, man ist viel näher bei den Künstler*innen, man erlebt die Aufführung sozusagen aus dem Orchestergraben – etwas, was man auch auf dem besten Platz in der Oper so nicht hat. Wichtige Details, die einem sonst verlorengehen, bleiben so viel stärker haften, etwa die Mini-Freiheitsstatue im dritten Akt, die ich im Opernsaal vermutlich kaum bemerkt hätte.

„Aber trotzdem fehlt mir etwas: das Nervöse, Gespannte, das Gefühl, als Zuschauer durch sein Verhalten oder Fehlverhalten an der Aufführung beteiligt zu sein.“

Nahmen meine Eltern mich früher mit in die Oper, so hatte ich die Zusammenfassung des Stücks vorher im Opernführer zu lesen, die Aufführung selbst hatte etwas von Heiliger Messe und Großem Zapfenstreich.

Im Delphi heute Abend hingegen kann ich mich in meinen Sitz lümmeln, aufs Handy schauen, auch der Gang zur Toilette ist kinotypisch unkompliziert – Dinge, die in der „richtigen“ Oper anders sind. Auch das Fachsimpeln in der Pause, das Applaudieren, ja, auch die Buhrufe vermisse ich.

„Der große Vorteil: wir sehen die Solist*innen von Nahem, die Musik wirkt ganz anders, voller auf uns. Das sieht auch meine Gesprächspartnerin, routinierte Operngängerin, so.“

Eine Chance, Opern aus aller Welt zu erleben

Oper live im Kino: Das ist nicht nur eine Alternative zu meist teuren Opernkarten, vor allem ist es die Chance, an Orten dabei zu sein, an die ich sonst nicht ohne Weiteres hinkäme. Nicht nur die Royal Opera, auch die MET in New York City überträgt regelmäßig live in die Kinosäle. Oper live, das ist die Globalisierung und Demokratisierung des Opernerlebnisses.

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Konstantin Sakkas