Streit um Interimsspielstätte für Stuttgarter Opernhaus

Oper doch ins Paketpostamt?

Stand

Um den Plan, das ehemalige Paketpostamt im Norden von Stuttgart als Ausweichspielstätte zu nutzen, herrscht Uneinigkeit zwischen der Stadt Stuttgart und dem Land Baden-Württemberg. Oberbürgermeister Fritz Kuhn will die Pläne zur Nutzung des ehemaligen Paketpostamts aufgeben, da die Umbaukosten laut einem Gutachten doppelt so hoch werden wie ursprünglich geplant.

Das Land Baden-Württemberg sieht das offenbar anders. In einer Pressemitteilung teilt das Wissenschaftsministerium mit, dass die Sanierung der Staatstheater keinen Aufschub dulde. "Das schulden wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Künstlerinnen und Künstlern und Publikum", zitiert die Pressemeldung Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Die Stuttgarter CDU-Ratsfraktion spricht sich derweil ganz gegen einen Interimsbau aus.

Am 18. Mai will der Verwaltungsrat des Staatstheaters Stuttgart endgültig entscheiden, wie es mit der Sanierung der Oper weiter geht.

Suche nach neuer Ausweichstätte würde ebenfalls Mehrkosten mit sich bringen

Das Gutachten hat ergeben, dass die notwendigen Umbauten im Paketpostamt mit mindestens 116 Millionen Euro mehr als doppelt so teuer wie angenommen würden. Oberbürgermeister Fritz Kuhn hatte daher am 9. Mai die Fraktionschefs des Gemeinderates informiert, dass die Oper nicht ins Paketpostamt umziehen werde.

Dem widersprechen jetzt Wissenschaftsministerin Bauern und auch Staatssekretärin Gisela Splett. Der Pressemeldung zufolge räumen beide ein, dass es sich bei den errechneten Kosten für das Interim um eine sehr große Zahl handele.

Fakt sei jedoch, dass die Anforderungen des Staatstheaters an einen Interimsbau hoch seien. "Wenn wir auch in einem Interim zumindest annähernd die Ausstattung haben wollen, die es im Opernhaus gibt, müssen wir uns auf entsprechende Kosten einstellen", wird Staatssekretärin Splett zitiert. Zeitliche Verschiebungen, wie sie eine Suche nach einer neuen Interimslösung mit sich brächten, würden die Kosten für die Sanierung ebenfalls in die Höhe treiben.

In der kommenden Verwaltungsratssitzung am Freitag, 18. Mai, soll das weitere Vorgehen festgelegt werden.

CDU-Ratsfraktion ist gegen einen Interimsbau

Am Montag, den 14. Mai meldete sich auch die CDU-Ratsfraktion zu Wort. Demnach lehnt sie einen reinen Interimsbau ab. Bei erwarteten Kosten weit jenseits von 50 Millionen Euro sei so etwas einfach nicht zu vertreten, sagte Fraktionschef Alexander Kotz. Ihm zufolge plädiert die CDU-Fraktion dazu, eine notwendige Philharmonie zu
bauen - die in den ersten Jahren als Oper genutzt werden könnte.

Neue Suche nach einer Ausweichspielstätte

Als Alternativen zum ehemaligen Paketpostamt waren schon Areale auf dem künftig frei werdenden Stuttgart 21 – Gelände sowie Standorte in direkter Nachbarschaft zur Oper im Gespräch.

Um das neben dem Staatstheater stehende Schulgebäude des Katharinenstiftes hatte sich ein heftiger Streit in Stuttgart entzündet. Eine Bürgerinitiative hatte gefordert, das Schulgebäude für die Oper umzunutzen. Oberbürgermeister Fritz Kuhn aber hatte mehrfach bekräftigt, dass das Katharinenstift in seinem historischen Gebäude Bestandsschutz habe.

Wann die Prüfung alternativer Standorte abgeschlossen sein wird, ist offen. Der Beginn der Sanierung der Oper verzögere sich mindestens bis 2025, so ein Sprecher der Stadt heute.

Die bisherige Entscheidung für das Paketpostamt

Sowohl die Stadt Stuttgart als auch das Land Baden-Württemberg und die Stuttgarter Oper hatten sich für das ehemalige Paketpostamt im Stuttgarter Norden als Ausweichspielstätte für Ballett und Oper entschieden. Auch der Verwaltungsrat der Staatstheater Stuttgart hatte dies am 27. November mit großer Mehrheit beschlossen. Bereits damals war aber klar, dass für einen endgültigen Beschluss noch die Kosten für den Umbau des Postgebäudes ermittelt werden müssen. Der Geschäftsführende Intendant Marc-Oliver Hendriks sagte damals nach der Sitzung des Verwaltungsrates: "Es ist ein Knopf dran, aber noch kein Preisschild." Nun ist der Preis zu hoch geworden.

Der Umbau des Paketpostamtes sollte ca. 55 Millionen Euro kosten. Geplant war demnach, dass Oper und Ballett diese Spielstätte zur Spielzeit 2020/21 beziehen sollten. Dieses Quartier im Rosensteinpark war zuvor allerdings schon vielfach kritisiert worden, denn geplant war, das Gebäude abzureißen, wenn die Oper wieder zurück in ihr Stammhaus zieht. Mit dem Beginn der Sanierungsarbeiten der Stuttgarter Oper wurde ursprünglich ab 2023 gerechnet, die Arbeiten sollten etwa fünf bis sieben Jahre dauern. Die Kosten dafür dort werden zurzeit auf 400 bis 500 Millionen Euro geschätzt.

Video: Warum die Oper Stuttgart saniert werden muss

Stand
AUTOR/IN
SWR