Musikstück der Woche

Das Bartholdy Quintett spielt Mozarts Streichquintett c-Moll KV 406

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AUTOR/IN
Christiana Nobach

Auf die Frage, warum er denn kein Streichquintett komponiert habe, soll Joseph Haydn sinngemäß geantwortet haben: „Weil ich alles mit vier Stimmen ausdrücken kann“. Wolfgang Amadeus Mozart sah die Dinge anders. Er komponierte neben 23 Streichquartetten insgesamt sechs Streichquintette in der für ihn typischen Besetzung mit zwei Violinen, zwei Bratschen und einem Violoncello. Zudem führte er mit diesen Werken die Gattung gleichzeitig zu einem einzigartigen Höhepunkt, der auch in den folgenden Jahrhunderten nicht mehr übertroffen werden sollte.

Das c-Moll-Quintett KV 406 blieb im Gegensatz zu den anderen Werken auf Jahre hinaus nur in handschriftlicher Form erhalten, was für seine Beliebtheit fatale Folgen hatte. Bis heute steht das c-Moll-Quintett KV 406 zu Unrecht im Schatten der anderen Werke – und das in erster Linie, weil es eine Bearbeitung ist.

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Mäßiges Interesse an einem genialen Werk

Mozart hatte mit KV 406 seine große, geheimnisvolle c-Moll-Serenade für acht Bläser, KV 388, für Streichquintett umgeschrieben. Diese „Nachtmusique“, komponiert 1782, ist ein wundervolles, hochanspruchsvolles Werk, das er gerne auf dem Notenmarkt noch weiter auswerten wollte, indem er es für Streicher umkomponierte.

Im April 1788 bot Mozart das Werk den geneigten Kammermusikliebhabern mehrfach zusammen mit den großen Streichquintetten in C-Dur und g-Moll, KV 515 und 516, in der Wiener Zeitung an: „drei neue Quintetten à 2 Violini, 2 Viola und Violoncello, schön und korrekt geschrieben“.

Von ungewöhnlich großem Umfang, mit technischen Schwierigkeiten und eindrucksvollen Melodien in allen fünf Stimmen versehen, schien doch das Interesse des Publikums an den neuen Werken bescheiden gewesen zu sein. So verlängerte Mozart am 25. Juni die Bezugsfrist noch einmal: „Da die Anzahl der Herren Subscribenten noch sehr geringe ist, so sehe ich mich gezwungen, die Herausgabe meiner 3 Quintetten bis auf den 1. Jäner 1789 zu verschieben". Erst nach und nach avancierten die drei Werke zu Lieblingsstücken der Wiener Kammermusikzirkel.

Ungewöhnlich und provokant

Das c-Moll-Quintett bezeugt in besonderer Weise Mozarts Hang zum fünfstimmigen Streichersatz. Durch die größere Betonung der Mittelstimmen, insbesondere der Bratschen, wird eine große Dichte erreicht, die einen stärkeren Kontrast zwischen orchestralem Tutti und kammermusikalischer Transparenz zeigt.

Farbkontraste werden zu einem zentralen Element der Komposition: So beginnt der Kopfsatz im düsteren Moll, zu dem das träumerische Andante im Siciliano-Rhythmus einen reizvollen Kontrast bildet und am ehesten die Serenaden-Charakteristik zum Ausdruck bringt.

Das Menuett ist als strenger Kanon entworfen („Menuetto in canone“), das Trio ein noch strengerer Kanon in der Umkehrung („al rovescio“): fast eine Provokation in einem serenadenhaften Streichquintett, das eine eher heitere und lockere Atmosphäre erwarten lässt.

Das Finale hat einen Contretanz zum Thema und bietet komplizierte und ausgeklügelte Variationen. Erst kurz vor Schluss endet dieses ungewöhnliche Meisterwerk in versöhnlichem Dur.

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Christiana Nobach