Musikstück der Woche mit Alexander Buzlov und der DRP

Robert Schumann: Violoncellokonzert a-Moll op. 129

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AUTOR/IN
Doris Blaich

Das Konzert ist "so recht im Cellocharakter geschrieben", fand Clara Schumann, "von welchem Wohlklang und tiefer Empfindung sind all die Gesangstellen darin". Schumanns Cellokonzert hatte es in den ersten Jahren schwer – heute "singen" es aber alle großen Cellisten. In unserem Mitschnitt aus der Fruchthalle Kaiserslautern ist Alexander Buzlov der Solist, die Deutsche Radiophilharmonie Saarbrücken Kaiserslautern begleitet unter Karel Marc Chichon – ein Konzert vom Januar 2016.

Herausforderung Cellokonzert

In jedem Solokonzert soll und darf der Solist zeigen, was er kann: wie virtuos er sein Instrument beherrscht, welche Klangfarben er aus ihm hervorzulocken vermag – und natürlich vor allem, dass er in der Lage ist, das Werk überzeugend zu interpretieren.

Solokonzerte gewinnen ihren Reiz aus der Gegenüberstellung von Solo und Tutti, aus dem Kontrast zwischen dem Einzelnen und der "Masse" des Orchesters. Das Violoncello hat es aus zwei Gründen als Soloinstrument schwer: Sein tiefer und dunkler Klang hebt sich nicht so gut vom Orchester ab wie etwa derjenige einer Geige – das Cello droht immer unterzugehen. Und was die Virtuosität betrifft: Man kann zwar auf dem Cello schwindelerregend schnell spielen, aber auch hier haben die hohen Streichinstrumente einiges voraus. Denn die Abstände zwischen den Tönen sind auf dem Cello deutlich größer als auf der Geige oder Bratsche, und je kürzer die Wege sind, desto wendiger ist nun einmal die Handhabung des Instruments.

Robert Schumann (Foto: SWR, SWR -)
Robert Schumann

Wie ist Schumann in seinem Cellokonzert mit diesen Schwierigkeiten umgegangen? Die Virtuosität steht bei ihm nie im Vordergrund – was nicht heißt, dass das Konzert leicht zu spielen wäre, im Gegenteil. Aber es gibt darin keine Zirkusnummern. Statt dessen hat er eine der großen Qualitäten ins Zentrum gestellt, die das Instrument auszeichnen: das Gesangliche, die Kantabilität. Das Cello darf das ganze Konzert über mit viel Seele singen. Und damit es nicht vom Orchester übertönt wird, hat Schumann das Tutti mit allergrößter Zurückhaltung behandelt. Das Orchester spielt hier und da ein paar Einwürfe und Überleitungen oder tritt mit dem Solisten in Dialog. Aber meist begleitet es ihn mit vornehmer Diskretion. Die Klangpalette des Orchesters behandelt Schumann sehr sparsam: die Streicher überwiegen, Holz- und Blechbläser setzen nur ein paar Tupfer dazwischen.

Das Murren der Zeitgenossen

Die Zeitgenossen hatten an Schumanns Cellokonzert einiges zu kritisieren: Der Cellist Emil Bockmühl, den Schumann um die Durchsicht der Solostimme bat, äußerte eine Menge Änderungswünsche, um das Instrument schmeichelhafter hervortreten zu lassen. Schumann hat sie allesamt ignoriert und damit den Cellisten Bockmühl verprellt – das ist sicher einer der Gründe, warum das Konzert erst Jahre nach Schumanns Tod uraufgeführt wurde. Der befreundete Geiger Wilhelm Joseph von Wasielewski bemängelte in seiner Schumann-Biographie von 1906 ebenfalls, dass der Komposition der nötige Glanz fehle, sah aber auch die Schwierigkeiten des Genres Cellokonzert.

Der Cellist Mstislav Rostropowitsch (1927 geboren) war mit der sparsamen Orchestrierung so unzufrieden, dass er den Komponisten Dmitrij Schostakowitsch bat, die Instrumentation vollkommen abzuändern: Zur Bereicherung der Klangfarben fügte Schostakowitsch eine Piccoloflöte, zwei Hörner und im langsamen Satz sogar eine Harfe ein.

Schumanns Konzert löst eine Kettenreaktion aus

Trotz aller widrigen Umstände: Schumanns Cellokonzert löste eine Art Initialzündung bei seinen Komponisten-Kollegen aus, und nach ihm wagten sich unter anderem Camille Saint-Saens, Peter Tschaikowsky und Antonín Dvorák auf dieses schwierige Terrain. Und trotz Kritteleien: Schumanns Cellokonzert hat sich längst bei allen großen Cellisten und beim Publikum einen Stammplatz erobert.

Ein paar Fakten zur Entstehung

Schumann komponierte das Cellokonzert außerordentlich schnell: Vom 10.-16. Oktober 1850 arbeitete er am Entwurf, die Instrumentierung war am 24. Oktober abgeschlossen, am 1. November verbesserte er noch ein paar Details. Im folgenden Frühjahr fertigte er einen Klavierauszug an. 1854 wurde das Stimmenmaterial bei Breitkopf und Härtel gedruckt. Streng genommen erlebte das Cellokonzert keine richtige Uraufführung. Die erste Aufführung fand eher im Verborgenen statt – fast vier Jahre nach Schumanns Tod am 23. April 1860 in Oldenburg. Solist war Ludwig Ebert, die Großherzogliche Kapelle aus Oldenburg spielte unter der Leitung des Konzertmeisters Karl Franzen. Offenbar hatten sowohl der Cellist als auch das Orchester Mühe mit dem Stück. Ein Kritiker würdigte das Werk immerhin als "sehr werthvolle Bereicherung" des Cellorepertoires.

Schumann hat das Cellokonzert außerdem als Violinkonzert bearbeitet. Die Noten waren lange verschollen. Erst 1987 fand die Uraufführung dieser Fassung in der Kölner Philharmonie statt; die Interpreten waren der Geiger Saschko Gawriloff, der Dirigent Walter Gillessen und das Westfälische Sinfonieorchester Recklinghausen.

Alexander Buzlov

"Ein Cellist, der ganz in der russischen Tradition verwurzelt ist, mit der großen Begabung, das Instrument zum Singen zu bringen und das Publikum mit seinem Klang zu verzaubern", schreibt die New York Times über Alexander Buzlov.

Er wurde 1983 in Moskau geboren und studierte am Moskauer Konservatorium bei Natalia Gutman. Bei Meisterkursen lernte er von bedeutenden Cellisten, darunter Mstislav Rostropovich und Bernard Greenhouse. Dreizehnjährig gewann er seinen ersten Wettbewerb, den Mozart-96 Wettbewerb in Monte Carlo. 2005 erspielte er sich den 2. Preis beim ARD Musikwettbewerb in München, 2007 die Silbermedaille beim Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerb.
Alexander Buzlov konzertiert in Russland, den USA, Europa und Asien. Er arbeitete mit Dirigenten wie Valery Gergiev, Yuri Bashmet, Vladimir Fedoseyev, Karel Maria Chichon, Paavo Järvi, Yakov Kreizberg, Stanislav Kochanovsky, Thomas Sanderling, Leonard Slatkin, Vladimir Spivakov, Yuri Temirkanov und Christoph Poppen zusammen. Zu den Musikern, mit denen er zusammen spielt, gehören Natalia Gutman, Yuri Bashmet, Vadim Repin, Leonidas Kavakos, Martha Argerich, Julian Rachlin und Dmitry Sitkovetskiy.

Er unterrichtet eine eigene Celloklasse am Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium sowie als Assistent von Natalia Gutman.

Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern

Die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern entstand 2007 aus der Fusion der beiden traditionsreichen ARD-Klangkörper, dem Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken (SR) und dem Rundfunkorchester Kaiserslautern (SWR). Sie hat in kürzester Zeit ein eigenes Profil gewonnen und sich ihren Platz unter den renommierten deutschen Rundfunkorchestern erspielt. Programmschwerpunkte bilden neben dem Vokalbereich das klassisch-romantische Repertoire sowie die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Auftragskompositionen erweitern das Repertoire. Der Brite Karel Mark Chichon war von 2011 bis 2017 Chefdirigent.

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Doris Blaich