Musikstück der Woche

Anastasia Kobekina und Jodyline Gallavardin spielen Nikolai Mjaskowskis Cellosonate Nr. 2

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AUTOR/IN
Christiana Nobach

Mstislaw Rostropowitsch hat bei der Uraufführung von Mjaskowiskis 2. Cellosonate am 5. März 1949 eindrücklich gezeigt, dass dieses meisterlich komponierte Stück für Cellisten in aller Welt als Repertoirewerk nicht mehr wegzudenken ist.

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Nikolai Mjaskowski wurde im 20. Jahrhundert lange neben Sergej Prokofjew und Dmitrij Schostakowitsch zu den drei wichtigsten Komponisten der Sowjetunion gezählt. Nach einer gescheiterten Militärkarriere wurde er ab 1906 am St. Petersburger Konservatorium u. a. bei Nikolai Rimskij-Korsakow und Alexander Glazunow ausgebildet.

In dieser Zeit festigte sich auch seine lebenslang währende Freundschaft zu Prokofjew, die zu einem immerwährenden fruchtbaren Austausch zwischen den beiden Künstlern führen sollte. Zudem wurden sie beide von der Staatsführung des „musikalischen Formalismus“ bezichtigt, eine Anschuldigung, die zumindest für Prokofjew beinahe lebensgefährliche Konsequenzen nach sich gezogen hätte.

Als Professor am Moskauer Konservatorium (nach der Revolution bis zu seinem Lebensende) wurde Mjaskowski Lehrer einer ganzen Komponisten-Generation, darunter Aram Chatschaturjan und Dmitrij Kabalewski.

„Verdienter Volkskünstler“ und Vermittler zwischen den Welten

Obwohl Mjaskowski bereits 1927 zum „Verdienten Kunstschaffenden der Sowjetunion“ ernannt wurde und 1946 zum „Volkskünstler der UdSSR", er zudem viermal den Stalinpreis erhielt, wurde er im „Beschluss des ZK“ des Komponistenverbandes von 1948 als „Formalist“ angeklagt. Das meinte, dass seine Werke zu modern, zu „westlich“ und zu gekünstelt komponiert waren und er dazu angehalten wurde, zu Werken mit „demokratischer Zugänglichkeit“ zurückzukehren.

Dieser lebenslange Konflikt ist am ehesten an seinen 27 Sinfonien abzulesen, die sich in den 1920er-Jahren der Avantgarde zuneigten, bevor er sich u. a. mit der Verwendung von Volksliedern wieder „sozialistisch-realistischer“ Mittel bediente. Der eher düster-vergrübelte Grundton, der jedoch weiterhin seine Werke dominierte, machte dem Komponisten selbst zu schaffen, so dass er sich auch in der Kammermusik um optimistischere und einfachere Werke bemühte.

Komponierte Einfachheit und Rückkehr zu russischer Tradition

Auch in Mjaskowskis kompositorischer Spätphase dokumentieren seine Werke die Zwischenstellung seiner Musik zwischen Avantgarde und Konservativismus. Doch die zweite Cellosonate von 1948/49 ist offensichtlich daraufhin angelegt, mit purem romantisch-lyrischen Ton und beständigen großbogigen Cantabile-Passagen gegen den Vorwurf des „Formalismus“ anzukomponieren.

Diese absichtlich komponierte Einfachheit und Rückkehr zu den Werten und Charakteristiken der russischen Musik zeigt sich im ersten Satz in der Verarbeitung rustikaler Volksmusik-Themen. Und im Finalsatz scheint immer wieder die typische Perpetuum-Rhythmik instrumentaler russischer Tanzweisen durch.

Mstislaw Rostropowitsch hat bei der Uraufführung der Sonate am 5. März 1949 eindrücklich gezeigt, dass dieses trotz allem meisterlich komponierte Stück für Cellisten in aller Welt als Repertoirewerk nicht mehr wegzudenken ist.

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Christiana Nobach