Musikstück der Woche

Kurt Weill: 7 Stücke nach der „Dreigroschenoper“, für Violine und Klavier bearbeitet von Stefan Frenkel

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Julia Schwarz

Und der Haifisch, der hat Zähne: Bis zu 30.000 spitze Beißer wachsen im Laufe eines Hailebens in seinem Schlund! Beinahe so viele Pizzikati und manches mehr verlangt Stefan Frenkel der Geigerin in seiner Kammermusik-Bearbeitung von Weills Dreigroschenoper ab.

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Auf den Leib geschrieben

Summen Sie schon? Mackie Messers berühmt-berüchtigte Mörder-Moritat zur Eröffnung der „Dreigroschenoper“ geht auch bald 100 Jahre nach ihrer Uraufführung ins Ohr und so schnell nicht wieder raus. Bissig und kantig sind die Songs, die Kurt Weill und Bert Brecht ihren Protagonisten auf den Leib geschrieben haben im erfolgreichsten deutschsprachigen Bühnenstück des 20. Jahrhunderts, das ebenso eng mit der politischen Zeitgeschichte verwoben ist wie die Biographie des Arrangeurs Stefan Frenkel.

Flucht ans erste Pult der Met

Seiner jüdischen Abstammung wegen genau wie Kurt Weill von den Nationalsozialisten ins amerikanische Exil vertrieben, adaptierte Frenkel Gassenhauer wie Mackies „Moritat“, den „Kanonensong“ oder das Lied der „Seeräuber-Jenny“ für Violine und Klavier.

Als herausragender Geiger – zwischenzeitlich aufgestiegen ans Konzertmeisterpult der Metropolitan Opera New York –, war er bestens vertraut mit den Möglichkeiten seines Instruments. Das spielte er im Dreigroschen-Arrangement voll aus! Technische Finessen wie aberwitzig schnelle Wechsel zwischen Zupfen und Streichen, Doppelgriffe, viele Flageoletts, bei denen der Finger nur ganz leicht auf die Saite gelegt wird für einen besonders feinen, gläsernen Klang und manches mehr notiert Frenkel in der Violinstimme.

Mehr als bloße Geigenakrobatik

Trotzdem ist sein Arrangement mehr als reine Geigenakrobatik. Feinfühlig und ohne Scheu vor Klangkontrasten setzt Frenkel die technischen Effekte ein, um den Charakter des jeweiligen Songs in der Kammermusikfassung herauszuschnitzen wie aus einem Stück Holz.

Einen hinterlistigen Mord nach dem anderen zählt Mackie in den Strophen seiner „Moritat“ auf. Frenkel illustriert jede in einer anderen Farbe: gezupft, im hohen Flageolett, mit schmierigen Schleifern, die absichtlich ein bisschen unsauber sind. Der „Ruf aus der Gruft“ erzittert bei ihm im Schauer-Tremolo und in der süffig-ironischen „Ballade vom angenehmen Leben“ wird mit Doppelgriffen dick aufgetragen.

So markant spiegeln die sieben Sätze der Kammermusikfassung die Dreigroschen-Figuren, dass sich auch ohne die gesungenen Songtexte eine halsbrecherische Gaunergeschichte entspinnt.

Exklusiv beim SWR aufgenommen – für Radio und Internet

#Zusammenspielen heißt die Aufnahme-Reihe, für die SWR2 im Corona-Jahr 2020 freiberufliche Musiker*innen in die Studios eingeladen hat. Über 60 Musiker*innen und Ensembles unterschiedlicher Couleur waren dafür bei uns – mit Lieblingsstücken und Repertoire, das wir im Radio senden und im Netz anbieten wollen. Im Musik-Podcast #Zusammenspielen auf SWR2.de gibt’s die Aufnahmen kombiniert mit Musiker-Gesprächen; ausgewählte Stücke – wie dieses – bieten wir auch als Musikstück der Woche an. Viel Freude beim Hören!

Film-Gespräch Regisseur Joachim Lang über „Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm“

Joachim Lang ist Regisseur der SWR Kinoproduktion "Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm“. Über seinen Blick auf Bertolt Brecht und dessen Werk spricht er mit SWR2 Treffpunk Klassik-Moderator Jörg Lengersdorf.

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Julia Schwarz