Musikstück der Woche

Liszts "Danse macabre" mit Dahye Lee und Frank Dupree

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AUTOR/IN
Christiana Nobach

Inspiriert und fasziniert von gregorianischen „Dies irae“-Chorälen und dem Fresco „Der Triumph des Todes“ in Pisa aus dem 14. Jahrhundert komponierte Franz Liszt, umschwärmter Starvirtuose auf den Bühnen Europas, etwas zutiefst Menschliches: eine musikalische Auseinandersetzung mit dem Tod.

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Franz Liszt war unter den Interpreten und Komponisten einer der bedeutendsten Erneuerer und Visionäre, der gleichzeitig zwischen den großen Kulturen seiner Zeit vermittelte. Mit seiner Lehrtätigkeit hat er ganze Generationen von Pianisten aus aller Welt geprägt. Als Virtuose war er Inbegriff des Starkultes im 19. Jahrhundert.

Die Entwicklung der modernen Klaviermusik ist unzertrennlich mit seinem Namen verbunden. Als Vater der modernen Klaviervirtuosität steigerte Liszt die Leistungsfähigkeit des Instruments bis an ihre Grenzen, entlehnte sowohl der menschlichen Stimme als auch dem Orchester ihre Wirkungen. Er schritt mit seiner Klaviertechnik über alle Schwierigkeiten hinweg, eine Technik, die ihm in ihrer Großartigkeit legendären Ruhm einbrachte.

Als Komponist verband er sein Konzept von Klaviermusik von Anfang an mit dem Prinzip einer poetischen Musik: Musik solle nicht der reinen Unterhaltung dienen, sondern müsse - analog zur Literatur und den Bildenden Künsten - als poetische Dichtung gestaltet sein.

Ein Totentanz für Klavier und Orchester - eine poetische Dichtung

Von seinen 17 Werken für Klavier und Orchester veröffentlichte Liszt gerade einmal sieben - die frühesten erhaltenen und für seine Entwicklung als Komponist so entscheidenden stammen aus den Jahren 1834/35. Aber bereits in ihnen verwirklichte Liszt seine neue Konzeption des Konzerts: Es entstanden meist durchgängige Werke, die sich vom üblichen Konzept des dreisätzigen Klavierkonzertes entfernten und das Klavier voll in den symphonischen Satz integrieren.

Das Thema "Totentanz" nimmt in Liszts Schaffen eine Sonderstellung ein. Als Paraphrase über den Gregorianischen Choral des "Dies irae" ist die Komposition einer der wenigen Variationszyklen des Komponisten. Das in den Friedhofshallen zu Pisa befindende Wandgemälde „Der Triumph des Todes“ vom Florentiner Maler Andrea di Cione (genannt Orcagna) als auch ein Bildzyklus von Hans Holbein dem Jüngeren haben Liszt, wie er selbst sagte, als poetische Inspirationsquelle gedient.

Dramatische Variationen über den Triumph des Todes

Grundlage der musikalischen Paraphrase sind Liszts eigenhändig aufgezeichnete "Proses des Morts", mit denen er sich über Jahre hinweg, seit 1839, beschäftigt hatte. Das Werk gliedert sich in zwei Teile, deren erster auf der Première Strophe seiner Vorlage beruht und neben der Introduktion und dem Thema fünf Variationen umfasst, mit einer umfangreichen Kadenz zum Schluss, die gleichzeitig als Überleitung dient.

Der zweite Teil enthält sechs Variationen über die Deuxième Strophe der "Proses" und mündet in der letzten Variation wiederum in eine große Kadenz, die zurück zum ersten Teil führt. Diese kulminiert im Finale in einer geisterhaften, orgiastischen Steigerung; es bedarf eines technisch souveränen und äußerst virtuosen Pianisten, um die dämonisch-faszinierende Wirkung des Stücks überzeugend darzustellen.

Verspäteter Erfolg

Die Uraufführung 1865 in Den Haag, in der Hans von Bülow den Solopart übernahm, wurde allerdings ein Misserfolg, weil man, wie auch die Kritik zugab, kein Verständnis für das Werk aufbringen konnte: „Wir bekennen offen, dieses Stück nicht zu verstehen“ (Dagblad 17. März 1865).

Auch Liszt hat dieses Werk nie öffentlich aufgeführt, und die Komposition wurde über zehn Jahre nach der Uraufführung überhaupt nicht mehr gespielt. Erst die Liszt-Schülerin Martha Remmert verhalf dem Werk zum Erfolg, als sie den "Totentanz" mit großer Zustimmung von Presse und Publikum am 17. Januar 1881 zum ersten Mal im Weimarer Hoftheater vortrug.

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