Musikstück der Woche mit Ragna Schirmer

Clara Schumann: Variationen über ein Thema von Robert Schumann

Stand
AUTOR/IN
Kerstin Unseld

Musikstück vom 8.2.2016

Mit besonderem Interesse spürt die Pianistin Ragna Schirmer die biographischen und musikalischen Bezüge zwischen den klavierspielenden und komponierenden Eheleuten Clara und Robert Schumann auf. Die Variationen op. 20, die Clara über ein Thema ihres Mannes schrieb, sind da ein besonders schönes Beispiel der Verbundenheit dieser beiden Künstler. Ragna Schirmer spielte das Werk bei einem Konzert der "Internationalen Pianisten Mainz" am 24.4.2009.

Kleine Zettelchen

Clara und Robert Schumann schrieben sich kleine Zettelchen. "… dass ich Deiner fort und fort gedenke …“ stand darauf zum Beispiel. Oder sie tauschten sich musikalisch aus. Claras Variationen op. 20 sind so ein Beispiel. Es ist ein Verflechten von Gefühlen, von musikalischen Themen, Widmungen und Ahnungen, von biographischen Bezügen und emotionalen Geheimniskrämereien, die Clara Schumanns Komposition op. 20 umwebt. In ihr Tagebuch schrieb sie am 3. Juni 1853, dass sie jene Variationen über ein Thema von Robert Schumann fertiggestellt habe, in dem sie das erste von Roberts fünf Albumblätter aus den Bunten Blättern Op. 99 zitiert. Fünf Tage vor Roberts Geburtstag.

Die Pianistin Clara Schumann (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa -)
Clara Schumann

Als sie Robert ihre Komposition mit seinem Thema feinsäuberlich in Reinschrift auf Schmuckpapier als Geburtstagsgeschenk notiert, schreibt sie dazu: "Meinem geliebten Manne zum 8ten Juni 1853 dieser schwache Wieder-Versuch von seiner alten Clara." Ein Jahr später schreibt sie das Werk ein zweites Mal als Geschenk in Schönschrift auf Schmuckpapier: Dieses Mal steht dort eine andere Widmung, "Dem verehrten Johannes Brahms auf freundliches Verlangen". Am 27. Mai 1854 hatte Clara Schumann ihre Variationen erstmals gespielt, Brahms hatte sie gehört und war so begeistert davon, dass er selbst über Robert Schumanns Thema eine Variationsfolge schrieb. Gleichzeitig mit Claras Variationen Op. 20 erschienen diese Variationen op. 9 von Brahms schon im November 1854 bei Breitkopf & Härtel.

Es gleicht einem Geben und Nehmen, die Entstehungsgeschichte dieser Klavierstücke. Die musikalische Verflochtenheit mag ein Eigenzitat von Clara ab Takt 202 zeigen. Hier fügt sie fast unbemerkt in der Mittelstimme ein eigenes Thema ihrer "Romance variée" Op. 3, über das Schumann seine "Impromptus sur une Romance de Clara Wieck" Op. 5 einst als Liebeserklärung an seine Verlobte als erste musikalische Hommage an sie geschrieben hatte. Und dieses kleine Romanzen-Zitat von Clara, zitiert von Robert, später zitiert von Clara von Robert von Clara, zitiert wiederum Brahms in seinen Variationen op. 9. Auf "… dass ich Deiner fort und fort gedenke …“.

Ragna Schirmer - Klavier

Mit "leuchtenden Tönen", "sensiblem Bravour" und "energischer Noblesse" überzeugt Ragna Schirmer nicht nur in Deutschland Publikum und Presse, sondern weltweit. Immer wieder entdeckt sie in ihren Konzerten, die zum Teil von ihr selbst moderiert werden, bekannte und weniger bekannte Kompositionen neu und stellt sie in moderne Zusammenhänge. Sie reist durch die wichtigsten Konzertsäle und spielt regelmäßig bei renommierten Festivals wie dem Heidelberger Frühling (artist in residence 2010), Beethovenfest Bonn, MDR Musiksommer, den Haydn-Festspielen Eisenstadt und den Salzburger Festspielen. Sie musizierte mit namhaften Orchestern wie den Münchner Philharmonikern, dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin oder dem Gewandhausorchester Leipzig, unter der Leitung von u.a. Zubin Mehta, Sir Roger Norrington und Kurt Masur.

Studiert hat Ragna Schirmer bei Karl-Heinz Kämmerling in Hannover und Bernard Ringeissen in Paris. Mit 15 Jahren war sie Finalistin des renommierten Busoni-Wettbewerbs, gleich zweimal gewann sie den Leipziger Bachwettbewerb, was in dessen Geschichte bis heute einzigartig ist. Zahlreiche weitere Preise bei nationalen und internationalen Wettbewerben, begeisterte Rezensionen sowie zwei ECHO Klassik-Preise folgten. Sie lehrt als Professorin an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Mannheim sowie am "Latina August Hermann Francke" in Halle an der Saale.

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Kerstin Unseld