"Das ist das Erbe Beethovens!", soll Violinist und Komponist Josef Hellmesberger gesagt haben, als er Johannes Brahms mit einer Eigenkomposition das erste Mal spielen hörte. Das erste Mal, das war 1861, kurz nach dem der gebürtige Hanseat in Wien eingetroffen war. Brahms, der immer sehr kritisch mit sich selbst war, freute sich zwar über derart lobende Worte, fühlte sich dieser aber nicht würdig. Niemals könne er mit seinen Ideen an einen Komponisten dieser Größe herankommen.
Doch Hellmesberger blieb bei seiner Meinung und legte mit ihnen den Samen für eine sehr fruchtbringende Zusammenarbeit. Von Brahms wusste er nämlich, dass er in den letzten Jahren drei Klavierquartette geschrieben hatte, von denen aber bisher nur eins uraufgeführt worden war. Deswegen bestand Hellmesberger darauf, dies nachzuholen und die Nummer zwei in Wien erstmals auf die Bühne zu bringen.
Brahms, der unbelehrbare Perfektionist
Zwischen der Uraufführung am 29. November 1862 und dem Moment, in dem Brahms die erste Note seines zweiten Klavierquartetts schrieb, lagen sechs Jahre. Brahms war damals noch in Düsseldorf und hatte beschlossen Kammermusikwerke zu schreiben, die ganz neue Wege gehen sollten. Aber, wie klingen neue Wege?
Immer wieder revidierte Brahms seine Ideen, dachte neu und tauschte aus. Der junge Komponist war durch und durch Perfektionist. Jede Note hatte bei ihm eine Bedeutung und konnte als logische Schlussfolgerung nur an dieser einen Stelle stehen. An op. 26 arbeitete Brahms besonders stark, denn von Anfang an stand ihm das Werk sehr nah. Auch Clara Schumann und andere Komponisten- und Musikerfreunde ließ er immer wieder einen Blick darauf werfen, mit der Bitte, möglichst schonungslos zu kritisieren. Selbst während der finalen Proben werkelte Brahms in seiner Partitur herum. Er tauschte ganze Passagen aus, veränderte Lagen, Stimmen und einzelne Motive, wie sich im Autograph gut nachverfolgen lässt.
Das Klavierquartett auf dem Prüfstand
Die Uraufführung wurde wider Erwarten und trotz Brahms' schlimmster Befürchtungen ein voller Erfolg. Sogar die strengsten Wiener Kritiken fanden lobende Worte. Selmar Bagge, selbst Cellist und Musikjournalist, schrieb z.B.: "Das Clavierquartett in A-dur, eine durchweg verständliche, fein und interessant gearbeitete, liebenswürdige Composition fand sehr vielen Beifall, namentlich die beiden mittleren Sätze."
Durchdacht und fein spielt es mit Seelenzuständen, zart und aufbrausend, frei und unaufgeregt. Die Stimmen von Violine, Viola, Cello und Klavier laufen spielrisch ineinander. Sie rühren ohne sentimental zu sein, und stecken voller Leidenschaft. Eigentlich mochte Brahms sein Klavierquartett.
Notos Quartett
Von "technischer Brillanz und Virtuosität" spricht die Kritik, von einem Musizieren, das sich durch "große Sensibilität, Einfühlungskraft und Temperament" auszeichnet und von einem "Ensemble mit schönsten Perspektiven". Seit sieben Jahren begeistert das Notos Quartett – Sindri Lederer (Violine), Florian Streich (Cello), Antonia Köster (Klavier) und seit November 2014 Kyoungmin Park (Viola) – sowohl die Fachpresse als auch das Publikum. Denn neben Klassikern von Brahms, Schumann, Dvořák, Mozart und Fauré holt es regelmäßig unbekannte Klavierquartette vergessener Komponisten ins Programm.
2007 traf das junge Ensemble in Karlsruhe erstmals aufeinander. Nach einem Meisterkurs beim Mandelring Quartett folgten die ersten Wettbewerbe, bei denen sie u.a. 2011 den 1. Preis des Parkhouse Awards in London gewannen. Spätestens jetzt festigte sich das Ensemble zum professionellen Klavierquartett. Es folgten zahlreiche erste Preise und Sonderpreise in den Niederlanden, in Italien und zuletzt der 2. Preis beim "Osaka International Chamber Music Competition 2014" in Japan. Seitdem tourt das Ensemble quer durch Europa und spielt Konzerte in der Londoner Wigmore Hall, im Concertgebouw Amsterdam, dem Rheingau Musik Festival und dem Schleswig-Holstein Musikfestival sowie - auf Einladung des Goethe-Instituts - in Saigon, Hanoi, Jakarta, Phnom Penh, Yangon, Bangkok und Dhaka.
Seit September 2014 unterrichtet das Notos Quartett im Rahmen eines Junior Fellowships am Royal Northern College of Music in Manchester Kammermusik und ist als musikalischer Botschafter der Hochschule tätig – eine große Ehre für die Musiker und ein Novum für ein ausländisches Ensemble. Darüber hinaus entsteht gerade das erste Album, dessen Veröffentlichung für dieses Jahr geplant ist.