Musikstück der Woche

Aaron Pilsan spielt Felix Mendelssohn Bartholdy: Klavierkonzert Nr. 1 g-Moll op. 25

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AUTOR/IN
Felix Werthschulte

Der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy ist vor allem bekannt für seine romantischen „Lieder ohne Worte“. Diese Gattung hat er zusammen mit seiner Schwester Fanny überhaupt erst erfunden. Doch darüber hinaus hat Mendelssohn auch andere, sehr virtuose Werke für Klavier und Orchester komponiert.

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Das Klavierkonzert Nr. 1 g-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy ist unser SWR2 Musikstück der Woche. Es spielen der junge österreichischen Pianist Aaron Pilsan und das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR unter der Leitung von José Luis Gómez. Preisträgerkonzert vom 27.2.2014 im Beethovensaal der Liederhalle, Stuttgart.

Das Werk ist hoch virtuos und brillant, es perlt und sprüht. Das konnte Mendelssohn wie kein anderer, denken wir nur an die Ouvertüre zum „Sommernachtstraum“. Seine zweite große Stärke waren seine unglaublich rührenden Melodien. Das kommt im zweiten Satz, einem „Lied ohne Worte“, wunderbar zur Geltung.

Interview mit Aaron Pilsan zu Mendelssohns Klavierkonzert

Herr Pilsan, Mendelssohn hat sein Klavierkonzert bei einem Aufenthalt in Rom geschrieben, da war er gerade einmal 21 Jahre alt. Inwiefern ist es für Sie ganz allgemein ein „typisches“ Mendelssohn-Stück?

Das Werk ist hoch virtuos und brillant, es perlt und sprüht. Das konnte Mendelssohn wie kein anderer, denken wir nur an die Ouvertüre zum „Sommernachtstraum“. Seine zweite große Stärke waren seine unglaublich rührenden Melodien. Das kommt im zweiten Satz, einem „Lied ohne Worte“, wunderbar zur Geltung.

Im Repertoire war das Klavierkonzert lange Zeit weniger präsent, verglichen etwa mit Konzerten von Mendelssohns Zeitgenossen und engen Freunden wie Schumann und Chopin. Wie sind Sie selbst auf dieses Werk aufmerksam geworden und welche Beziehung haben Sie zu dem Stück?

Ich habe dieses Klavierkonzert bereits seit längerer Zeit im Repertoire. Zum ersten Mal habe ich es mit 18 Jahren gespielt, einen Tag vor meiner Deutsch-Matura. Das war eine etwas stressige Angelegenheit. Seitdem hat es mich aber konstant begleitet, ich durfte mit dem Tonhalle Orchester Zürich unter Sir Neville Marriner im Rahmen der Orpheum Stiftung spielen. Ende des Monats werde ich es wieder mit der Argovia Philharmonic in der Schweiz aufführen. Ich liebe dieses Konzert innig und es macht einfach sehr viel Freude, weil es trotz der Dramatik und Tiefe so unbeschwert endet!

Das Konzert steht in dunkel-melancholischem g-Moll, besonders der Kopfsatz strotzt nur so vor Energie. Man hat besonders am Anfang oft den Eindruck, Orchester und Solist fallen sich richtig ins Wort. Welche technischen Herausforderungen stecken für Sie in diesem „Molto allegro con fuoco“?

Am schwierigsten sind die Passagen in der Durchführung, wo ich die Holzbläser begleite, weil es gleichzeitig präsent, aber trotzdem eben Begleitung sein soll. Weitere Passagen im Pianissimo stellen auch eine große Herausforderung dar. Insofern sind die filigranen Stellen fast anspruchsvoller als die dahinrauschenden Fortissimo-Läufe …

Der Mittelsatz, in dem eine ganz ruhige, fast zeitlose Stimmung herrscht, schließt sich ohne Pause an den ersten Satz an. Inwiefern ist es eine Herausforderung, musikalisch gedanklich „umzuschalten“? Müssen Sie so etwas zum Beispiel extra üben?

Natürlich. Das schnelle Umschalten muss auch geübt werden. Andererseits gibt es ja vom Orchester diese herrliche Überleitung, und das Klavier setzt mit einem Rezitativ ein, bei dem ich die Gesten mit einigem Körpereinsatz spielen kann.

Das Finale erinnert ein bisschen an Johann Nepomuk Hummel, aber auch an Carl Maria von Weber und vielleicht sogar ein bisschen an Franz Liszt. Es klingt nach heiterer Musik, die zu spielen Spaß macht. Stimmt das, oder überwiegt die Konzentration auf die Sechzehntelläufe und Sprünge im Klavierpart?

Idealerweise überwiegt die Spielfreude, es klingt wie ein prickelnder Champagner. Da auf der Klaviatur rauf- und runterzusausen macht wirklich Spaß, gerade im Dialog mit dem Orchester. Meistens kann ich in den Gesichtern der Orchestermusiker ein Lächeln erkennen. Das animiert mich dann umso mehr!

Für Mendelssohn war sein eigenes Konzert ein, wie er selbst einmal schrieb, „schnell dahingeworfnes Ding“. Entspricht das der Wahrheit oder ist es eher ein bisschen kokett von Mendelssohn?

Das erste Klavierkonzert ist für mich eines von Mendelssohns besten Stücken überhaupt, von daher ist es bestimmt eine etwas bescheidene Aussage. Er war wirklich ein Genie und wird meiner Meinung nach oft unterschätzt. Trotzdem kann er es in kurzer Zeit komponiert haben. Auch Schubert hat ja beispielsweise einige seiner Meisterwerke in einem enormen Tempo komponiert.

Die Fragen stellte Felix Werthschulte.

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Felix Werthschulte