Musikstück der Woche vom 25.01.2016

Friedrich Gernsheim: Quintett für Klavier, 2 Violinen, Viola und Violoncello Nr. 2 h-Moll op. 63

Stand
AUTOR/IN
Kerstin Unseld

Mit der Einspielung der Klavierquintette von Friedrich Gernsheim ist dem Pianisten Oliver Triendl und dem Gémeaux Quartett eine echte 'Entdeckung' gelungen, die laut Kritik "Spannung pur" vermittelt. Die Aufnahme entstand im Dezember 2013 im traditionsreichen Hans Rosbaud-Studio in Baden-Baden.

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Klassische Spätromantik - spätromantische Klassik

Im heutigen Bundesland Rheinland-Pfalz wurde mit Friedrich Gernsheim ein romantischer Komponist geboren, der zu den renommiertesten Vertretern seiner Zeit zählt und den wir persönlich wie künstlerisch mitten zwischen seinen fast gleichaltrigen Kollegen Camille Saint-Saëns und Johannes Brahms finden.

Der Komponist Friedrich Gernsheim (Foto: IMAGO, Imago - imago stock&people)
Der Komponist Friedrich Gernsheim

Als Sohn eines jüdischen Arztes in Worms wurde früh sein musikalisches Talent gefördert und 1850 die erste Orchesterouvertüre des damals elfjährigen – im Konzert ebenfalls als Pianist und Geiger auftretenden – Wunderkinds in Frankfurt aufgeführt.

Am berühmten Leipziger Konservatorium wurde Gernsheim Schüler von Koryphäen wie dem komponierenden Pianisten Ignaz Moscheles oder dem ebenfalls komponierenden Violinvirtuosen Ferdinand David, wechselte dann ans Pariser Konservatorium und befreundete sich dort mit Saint-Saëns. Gernsheim schlug schließlich selbst die Laufbahn eines Kompositionslehrers ein, zu seinen Stationen gehörten Saarbrücken, Köln, Rotterdam und schließlich Berlin, wo er auch Mitglied der Akademie der Künste wurde.  

Künstlerisch und menschlich enge Beziehung zu Johannes Brahms

Gernsheim komponierte sehr viel – aber viele seiner Sinfonien, Chorwerke, Lieder, Solokonzerte harren noch ihrer Entdeckung. Er ist einer der führenden Vertreter der sogenannten "akademischen" Schule und steht in der Nachfolge von Robert Schumann und Felix Mendelssohn.

Die "Neudeutsche Schule" war nicht seine Welt, und so wundert es nicht, dass Gernsheim sich künstlerisch wie menschlich mit Johannes Brahms verstand, mit dem ihn seit 1868 eine nahe Freundschaft verband.

Das Kammermusik-Werk von Gernsheim, das einen zentralen Platz in seinem Schaffen einnimmt, ähnelt auch im Umfang dem von Brahms: 5 Streichquartette, 2 Streichquintette, 2 Klaviertrios, 3 Klavierquartette, 2 Klavierquintette, 4 Violinsonaten schrieb er, außerdem die großen Quintetten der späteren Jahre, zu denen das 1897 entstandene zweite Klavierquintett h-Moll zählt.

Das Quintett ist dem Böhmischen Streichquartett (rund um den Komponisten Joseph Suk an der zweiten Violine) gewidmet, was man zu Beginn auch als musikalische Widmung in einem volkstümliches böhmischen Thema über Staccatoläufe hören kann.

Musikstück der Woche zum Download Friedrich Gernsheim: Klavierquintett d-Moll op. 35

Friedrich Gernsheim kennt heute fast keiner mehr, dabei wurde der Komponist früher als Wunderkind gefeiert. Begegnungen mit Brahms hinterließen ihre Spuren in seiner Musik. Oder war es umgekehrt?

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Kerstin Unseld