Musikstück der Woche vom 12.12. bis 18.12.2011

Rob Roy. Was ist das?

Stand
AUTOR/IN
Kerstin Unseld

Ein alkoholisches Getränk? Eine Salomoneninsel? Oder gar eine Automarke? All das ist Rob Roy. Aber vor allem ist Rob Roy ein legendärer Freibeuter aus den schottischen Highlands.

Ihm setzte Hector Berlioz ein klingendes Denkmal. Eine Viertelstunde lang und wunderschön. Dass diese Ouvertüre auf Rob Roy bei der Uraufführung 1832 glattweg durchfiel, versteht heute keiner mehr. Schon gar nicht, wenn das SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg unter Sylvain Cambreling spielt, wie in unserer Aufnahme aus dem Jahr 2007.

Eloge für einen schottischen Robin Hood

Sein eigentlicher Name war Raibert Ruadh, gälisch. Anglisiert heißt er: Rob Roy, geboren 1671 in Glengyle-House am Ufer von Loch Katrine. Als 2004 dieses alte Steinhaus aus dem 17. Jahrhundert versteigert wurde, protestierte die Scottish National Party als gelte es, das Nationalheiligtum zu retten. Rob Roy machte eine ähnliche 'Karriere' wie Robin Hood. Vom Rinderhändler zum Rinderdieb, wurde wegen Betrugs angeklagt und geächtet. Er ist ein schier zeitlos aktueller schottischer Held, dessen Geschichte Walter Scott 1817 wirkungsvoll in einen historischen Roman verwandelt und den Liam Neeson 1995 als Titelheld in Michael Caton-Jones' Film verkörperte.

Hector Berlioz (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa -)

1831 stand in Paris ein Theaterstück von Joseph Moor mit dem Titel "MacGregor où les montagnards écossais" auf der Bühne, das auf den Rob Roy-Roman von Walter Scott zurückgeht. Berlioz lies sich von diesem inspirieren. Es entstand noch 1831 eine großangelegte Ouvertüre für diesen Helden, die Berlioz im April 1833 bei der Uraufführung – fälschlicherweise - als offizielles Resultat seines Rompreis-Stipendiums von 1832 präsentierte. Das Werk fiel durch. Berlioz erinnerte sich an "eine lange und weitschweifige Ouverture zu »Rob-Roy«, die vom Publikum schlecht aufgenommen und in der Nacht nach dem Konzert von mir verbrannt wurde". Auch das eine falsche Information. Fakt ist, dass Berlioz seinen Rob Roy 1832 aus Rom bei der Académie einreichte, und dass die Académie am 12. Oktober 1833 eine Stellungnahme zum Rob-Roy ablehnte mit der Begründung, es läge bereits das negative Votum des Publikums vor. Im Fußball wäre solch eine Szene ein Eigentor...

'Wahr' sind in Berlioz' Ouvertüre zwei schottische Weise 'Scots, wha hae wi' Wallace blend'. Und echt ist auch die Musiksprache Berlioz', die ein wenig an die Trojaner erinnert. Nachdem die Uraufführung als Desaster geendete hatte, zog Berlioz diese – wunderbare – Partitur leider zurück. Sie erschien erst 1900 und damit lange nach seinem Tod, im Rahmen einer 20-bändigen Werkausgabe im Druck.
Übrigens: Dass die Musik für den Helden Rob Roy trotz aller Kritik besonders 'heldenhaft' klingt, fand Berlioz wohl schon. Zumindest entnahm er für das Hauptthema seines "Harold in Italien" Motive aus dem Stück auf den schottischen Freibeuter.

SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg

Das 1946 gegründete SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg identifiziert sich bis heute mit den Idealen seiner "Gründerväter", die der festen Überzeugung waren, dass die engagierte Förderung der neuen Musik ebenso wichtiger Bestandteil des Rundfunk-Kulturauftrags ist wie der Umgang mit der großen Tradition.

In diesem Sinne haben die Chefdirigenten von Hans Rosbaud über Ernest Bour bis zu Michael Gielen gearbeitet und einen Klangkörper kultiviert, der für seine schnelle Auffassungsgabe beim Entziffern neuer, "unspielbarer" Partituren ebenso gerühmt wird wie für exemplarische Aufführungen und Einspielungen des traditionellen Repertoires eines großen Sinfonieorchesters. An die 400 Kompositionen hat das Orchester bisher uraufgeführt und damit Musikgeschichte geschrieben; es gastiert regelmäßig in den (Musik)-Hauptstädten zwischen Wien und Amsterdam, Berlin und Rom, Salzburg und Luzern. Von 1999 bis 2011 hat Chefdirigent Sylvain Cambreling das Orchester entscheidend geprägt. Seit September 2011 steht Francois-Xavier Roth an der Spitze.

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Kerstin Unseld