Musikstück der Woche vom 14.11. bis 20.11.2011

Richard Strauss, noch nicht volljährig

Stand
AUTOR/IN
Kerstin Unseld

Erst 18 Jahre alt war Strauss, als er erste Gedichte vertonte. Bis zu seiner 'Meisterprüfung' auf der Opernbühne sollten noch Jahre vergehen. Die Reife seiner Musiksprache aber war schon da.

Das Lied-Duo Michael Nagy und Juliane Ruf trat am 18.3.2010 im Kammermusiksaal des Bruchsaler Schlosses mit Liedern aus Richard Strauss' op. 10 auf.

"Letzte Blätter" liefern erste Lieder

Richard Strauss hat 150 Lieder geschrieben? Wie?

In der Tat ist das (gesamte) Liedschaffen von Strauss sehr wenig bekannt. Die meisten seiner Lieder schrieb Strauss in den Jahren 1882 bis 1905 in München und Berlin, das heißt, als junger Mann zwischen 18 und knapp 40. Der große künstlerische Wendepunkt im Schaffen des Opernkomponisten Strauss war jener Moment, als 1905 seine „Salome“ auf die Bühne kam, Strauss in diesem 'Skandal'-Stück seinen musikdramatischen Stil fand und in der Folgezeit kaum noch Kammermusik und auch nichts Symphonisches mehr schrieb. Ebenfalls bricht das Liedschaffen fast völlig ab, zumindest für eine Weile. Erst in seinen letzten Lebensjahren wandte sich Strauss wieder Liedern zu und schuf mit seinen allerletzten Kompositionen auch gleichzeitig seine wohl berühmtesten, die so genannten „Letzten Lieder“.

Als er sich mit den Gedichten des österreichischen Dichters und Juristen Hermann von Gilm zu Rosenegg beschäftigte, war Strauss aber erst 18 Jahre alt. Gottfried Benn liebte die Lyrik des Staatsbeamten Gilm, diefür ihren feinsinnigen Ton berühmt war. Strauss entnahm dem Sammelband "Letzte Blätter" acht Gedichte, die eine Mischung aus Schwärmerei, Besinnlichkeit und Sentimentalität auszeichen. Spannend ist, dass er beim Schreiben von Liedern in seinem typischen Klangidiom schon ganz ‚angekommen‘ zu sein scheint. Anders als in den Kammermusikwerken aus dieser Zeit ist Strauss in seinen Liedern kein Suchender, sondern einer, der offenbar früh schon seine musikalische Sprache gefunden hat.

Der Bariton Michael Nagy

Das Singen wurde Michael Nagy, 1976 geboren, quasi in die Wiege gelegt: er begann damit bereits in früher Jugend, bei den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben. Erste überregionale Erfolge hatte er als Bundespreisträger bei "Jugend musiziert". Anschließend studierte er in Stuttgart, Mannheim und Saarbrücken Gesang (unter anderem bei Rudolf Piernay), Liedgestaltung (bei Irwin Gage) und Dirigieren (bei Klaus Arp und Georg Grün). Meisterkurse bei Charles Spencer, Rudolf Piernay und Cornelius Reid rundeten seine Ausbildung ab. Internationale Anerkennung brachten der Internationale Schubert-Wettbewerb in Graz und ein Jahr später der Internationale Wettbewerb für Liedkunst der Hugo-Wolf-Akademie in Stuttgart, der Rundfunkaufnahmen und eine Fernsehproduktion des SWR zur Folge hatte. Michael Nagys Karriere hat sich seitdem rasant entwickelt. Nach Gastverträgen an den Opernhäusern von Stuttgart und Mannheim war er zwei Jahre lang Ensemblemitglied der Komischen Oper Berlin und wechselte 2006/07 an die Oper Frankfurt, wo er unter anderem in Mozart-Rollen wie Papageno, Graf und Guglielmo brillierte, aber auch im romantischen Repertoire auf der Bühne stand.

Mit Michael Nagys Karriere als Konzertsänger ist vor allem ein Name eng verknüpft: Helmuth Rilling, der die  Entwicklung des jungen Sängers von Anfang an aufmerksam verfolgt und unterstützt hat. Auch als Konzert- und Oratoriensänger ist er mittlerweile weltweit gefragt, die Engagements führen ihn von der Carnegie Hall in New York bis nach Kuala Lumpur. Ergänzt wird seine umfangreiche Sängertätigkeit durch Liederabende, die er vor allem gemeinsam mit seiner Duopartnerin Juliane Ruf bestreitet. 

Die Pianistin Juliane Ruf

Nicht nur das Klavierspielen, sondern auch Geige und Oboe lernte Juliane Ruf als Kind, konzentriert hat sie sich dann vor allem auf das Klavier. 1975 in Freiburg geboren,  war sie von 1990 an Schülerin von Burkhard Schaeffer in Mainz. Erste Preise erhielt auch sie bei Jugend musiziert, und zwar in den Sparten Klavier solo und Klavierkammermusik. Sie studierte Germanistik und Musik in Mannheim und Heidelberg, bevor sie mit dem Aufbaustudium Liedgestaltung bei Irwin Gage in Saarbrücken begann. Meisterkurse bei den Liedpianisten Charles Spencer, Graham Johnson und Helmut Deutsch sowie bei den Sängern Ruth Ziesak, Ulf Bästlein und Rudolf Piernay kamen hinzu. Die Liste der Preise, die Juliane Ruf für Liedgestaltung zugesprochen wurden, ist lang, ebenso wie die der Stipendien, die ihre Karriere beförderten – unter anderem die der Stiftung Podium Junger Musiker und des Richard Wagner Verbandes. Sie konzertiert heute im In- und Ausland, bei bedeutenden Festivals und in den berühmten Konzerthäusern von Berlin, Bonn, Dortmund, Antwerpen, London und Zürich. Zahlreiche Rundfunk- und Fernsehaufnahmen, unter anderem des SWR, dokumentieren ihre künstlerische Arbeit.

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Kerstin Unseld