Musikstück der Woche vom 12.4. bis 18.4.2010

Glücksmomente für Cello

Stand
AUTOR/IN
Kerstin Unseld

Dass Johannes Brahms glückliche Sommermonate in der Schweiz verbrachte, als er seine Sonate für Violoncello und Klavier F-Dur op. 99 schrieb, hört man in der Musik.

Glücksmomente gab es auch bei den Bruchsaler Schlosskonzerten am 23.01.2009, als Daniel Müller-Schott und Christopher Tainton diese zweite Brahms-Sonate spielten.

Volkslied mit Geschichte

Eine offizielle Nationalhymne gab es nach dem Krieg 1945 nicht mehr. Und als sich 1949 zum ersten mal der deutsche Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung traf, wurde ein 'Provisorium' gesungen? Eigentlich ein Stück aus Brahms’ Cellosonate. Denn genau jenes Patriotische Studentenlied von Hans Ferdinand Maßmann aus dem Jahre 1820, das Johannes Brahms in seiner F-Dur-Sonate zitierte, erklang hier nach dem Krieg aus Ermangelung einer gültigen Nationalhymne. Das Lied mit dem Titel "Ich habe mich ergeben/ Mit Herz und Hand" ist nämlich keineswegs ein Liebeslied, wie’s auf den ersten Blick scheinen mag.

Mit dem zweiten Vers "Dir Land voll Lieb' und Leben/ Mein deutsches Vaterland!" entpuppt es sich als Volkslied, das in seiner Melodie auch verwandt ist mit dem Leitmotiv, das Brahms für seine "Akademische Festouvertüre" komponierte. Als Teil der Cellosonate hat das Lied ebenso kryptische wie musikalische Hintergründe – wie immer bei Brahms.

Brahms schrieb seine zweite Cellosonate in einem glücklichen Moment. Am Thuner See verbrachte er 1886 einen herrlichen Sommer und komponierte vier Werke gleichzeitig. So entstanden zwei Violinsonaten, das Klaviertrio c-moll und jene F-Dur-Cellosonate. Vor allem in seinen beiden Cellosonaten beweist Brahms, dass er sich in der Nachfolge von Beethoven sah: Schon 1860 hatte er sich intensiv mit Beethoven beschäftigt und Kontakt mit Gustav Nottebohm, dem damals berühmtesten Beethoven-Forscher, aufgenommen. Kompositorisch schlugen sich diese Einflüsse in den beiden Werken nieder, die Cellisten nach den Beethoven-Sonaten zum ihren Schätzen im Repertoire zählen.

Daniel Müller-Schott

Er ist erst 32 und gehört doch schon zu den Großen der Celloszene. Daniel Müller-Schott hat keine Wunderkind-Karriere gemacht und trotzdem mit 15 den sagenumwobenen Tschaikowsky-Wettbewerb für junge Musiker in Moskau gewonnen. Seine musikalische Entwicklung vollzog sich ganz unspektakulär, aber klar und stetig. Technische Souveränität und interpretatorische Gelassenheit auch bei der allerschwierigsten Literatur kennzeichnen seine Konzerte und Aufnahmen. Und wenn manche Musiker sich erst im hohen Alter reif für Bachs Solowerke fühlen, so gilt für Daniel Müller-Schott das Gegenteil. Er beeindruckte Publikum und Fachpresse, indem er mit dem Allerheiligsten der Celloliteratur, den sechs Solosuiten von Bach, sein CD-Debut gab – und damit einen großen Wurf landete. Inzwischen, acht Jahre später, umfasst seine Diskographie ein gutes Dutzend CDs, ein großer Teil davon wurde mit höchsten Preisen ausgezeichnet, wie dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik, dem Gramophone Editor’s Choice und der Strad Selection.

Daniel Müller-Schott stammt aus München, ein musikalisches Elternhaus und von Anfang an hervorragende Lehrer unterstützten seine Entwicklung. Neben seinem Studium bei Walter Nothas, Heinrich Schiff und Steven Isserlis erhielt er persönliche Förderung durch Anne-Sophie Mutter und ihre Stiftung. Mit der Geigerin und dem Pianisten Sir André Previn hat er auch schon musiziert und eine CD mit Klaviertrios von Wolfgang Amadeus Mozart eingespielt. Heute konzertiert der junge Cellist unter berühmten Dirigenten wie Charles Dutoit, Christoph Eschenbach, Michael Gielen und Kurt Masur und arbeitet mit Orchestern wie dem New York Philharmonic, dem Boston Symphony, dem Chicago Symphony und dem Philadelphia Orchestra in den USA sowie zahlreichen renommierten europäischen Orchestern zusammen. Sein Instrument stammt aus der Werkstatt des Venezianers Matteo Goffriler, es ist das "Ex Shapiro" aus dem Jahr 1727.

Christopher Tainton

Der Pianist Christopher Tainton, gebürtiger Hamburger, wurde zunächst von seiner Mutter unterrichtet, kam aber schon mit elf Jahren in die Klavierbegabtenschmiede von Karl-Heinz Kämmerling in Hannover. Nachdem er mehrere Jugendwettbewerbe gewonnen hatte, wurde er von der Deutschen Stiftung Musikleben und der Studienstiftung des Deutschen Volkes gefördert. Nach weiteren Studien am Mozarteum Salzburg und in Berlin führten ihn Konzertreisen ins europäische Ausland, in die USA, nach Russland und nach China. Insbesondere eine  Chinareise in Begleitung des Bundespräsidenten zählt für ihn zu den Höhepunkten der letzten Jahre. Eine der prägenden Persönlichkeiten in seinem künstlerischen Leben war der Pianist und Dirigent Christoph Eschenbach, mit dem er seit frühester Jugend zusammenarbeitet. Beeinflusst hat ihn auch der Komponist Hans Werner Henze, dessen erstes Klavierkonzert er mit dem NDR Sinfonieorchester unter Peter Ruzicka aufgenommen hat. Neben seiner solistischen Tätigkeit ist Tainton ein gefragter Kammermusiker. Daniel Müller-Schott und Baiba Skride gehören zu seinen bevorzugten Partnern.

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Kerstin Unseld