Musikstück der Woche vom 25.1.- 31.1.2010

Der einzige Krebs im Bach

Stand
AUTOR/IN
Doris Blaich

Johann Ludwig Krebs: Sinfonia c-Moll

Johann Sebastian Bach hatte viele Schüler. Johann Ludwig Krebs ist einer seiner besten. Seine Sinfonia c-moll ist unser Musikstück der Woche, gespielt vom Freiburger BarockConsort. Unser Live-Mitschnitt entstand im März 2008 im Konzerthaus Freiburg.

"Unser Krebs war bekanntlich einer der besten Schüler von Johann Sebastian Bach, deswegen man bey uns sich mit dem Wortspiel trug: In diesem großen Bach sey nur ein einziger Krebs gefangen worden", so liest man in einer Musikzeitschrift aus dem Jahr 1784. Bereits Krebs' Vater hatte bei Bach Unterricht genossen, und er schickte seinen Sohn zum selben Meister: Seit 1726 (da war er 13 Jahre alt) besuchte Johann Ludwig Krebs die Leipziger Thomasschule, lernte bei Bach Klavier- und Orgelspiel, Laute und Geige. Bach schätzte seine gute Stimme, engagierte ihn als Cembalisten im Collegium musicum, seinem Leipziger Studentenorchester, und immer wieder auch als Lautenisten (zum Beispiel für eine Aufführung der Johannes-Passion). Zum Abschluss seiner Schulzeit erhielt Krebs von Bach ein sehr gutes Zeugnis.

Krebs studierte anschließend zunächst Philosophie und Jura an der Leipziger Universität, entschied sich dann aber doch für den Musikerberuf. Er bekam eine Organistenstelle in Zwickau und hätte anschließend an die Dresdner Frauenkirche gewechselt, wo eine große Silbermann-Orgel war - wenn die Besoldung nicht so mager ausgefallen wäre. Die Schlosskirche in Zeitz war eine weitere Station seiner Karriere, schließlich das Hoforganistenamt im thüringischen Altenburg, das er bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1780 bekleidete.

Für den Altenburger Hof entstanden etliche Kammermusik- und Orchesterwerke, die bei festlichen Anlässen aufgeführt wurden. Hier experimentierte Krebs mit den Formen und Ausdrucksmitteln des galanten Stils, der sich von den strengen kompositorischen Grundsätzen der Barockmusik löste und das Hauptaugenmerk aufs Spielerische und Melodiebetonte legte.

Sturm in c-Moll

Extrovertiert und ausdrucksstark sind die drei Sätze der Sinfonia in c-Moll. Der erste Satz spielt mit dem Gegensatz von draufgängerischen Dreiklangsbrechungen, die raketenartig einen großen Tonraum durchmessen, und pathetischen Seufzerfiguren im engen Tonrahmen - musikalischer Hochsprung versus Taschenakrobatik. Plötzliche Aufhellungen nach Dur wirken wie harmonische Blitzlichter in der düsteren Umgebung von c-Moll, der klassischen Tonart für Klage und Trauer.

Der zweite Satz bringt einen Kulissenwechsel: er ist gemächlich im Tempo, versöhnlicher im Tonfall (trotzdem emotional gehaltvoll), tonartlich aufgehellt nach Es-Dur. In unserer Aufnahme haben die beiden Geigerinnen ihre Melodielinien mit phantasievollen spontanen Verzierungen angereichert.

Stürmisch-wirbelnde Schleiferfiguren eröffnen das abschließende Presto. Durch die Gegenüberstellung von hohen Streicherpassagen ohne Bass und massiven Tutti-Blöcken erreicht die Musik - trotz ihrer überschaubaren Besetzung - fast orchestrale Wirkungen.

Freiburger BarockConsort

Das Freiburger BarockConsort ist ein Ableger des renommierten Freiburger Barockorchesters. Dessen Konzertmeisterin Petra Müllejans spielt hier wie dort mit. In unserer Aufnahme gesellen sich zu ihr: Christa Kittel (Violine), Annette Schmidt (Viola), Ute Petersilge (Violoncello), Matthias Müller (Violone), Lee Santana (Laute) und Torsten Johann (Cembalo).

Wo die barocke Basis sich zerklüftet, wo die Komponisten besonders verrückt und virtuos, traurig und witzig werden und die Wege schmal, da ist das Freiburger BarockConsort unterwegs: ein Ensemble für die kleiner besetzte Musik des 17. und 18. Jahrhunderts, die intensive Zuwendung im kammermusikalischen Spiel verlangt. Die Besetzung variiert je nach Repertoire. Mit seinen Tourneen hat sich das Freiburger BarockConsort ein internationales Publikum erschlossen: Von Südfrankreich bis Skandinavien, vom Balkan bis nach Südostasien. Inzwischen hat das Ensemble auch mehrere CDs aufgenommen, die allesamt begeistert von der Kritik aufgenommen werden und vielfach mit Preisen ausgezeichnet sind.

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Doris Blaich