Musikstück der Woche vom 11.1.-17.1.2010

"Tanz der feurigen Pferde"

Stand
AUTOR/IN
Doris Blaich

Georges Bizet: Satzfolge aus den Arlésienne-Suiten

Melodien aus der Provence regten Georges Bizet zu seiner Arlésienne-Musik an. In unserer Aufnahme spielt das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart unter Leitung von Ruben Gazarian. Ein Live-Mitschnitt vom April 2008.

Bauernjunge liebt schönes Mädchen, darf sie aber nicht zur Frau nehmen. Sie flirtet mit einem anderen, er stürzt sich in seinem Unglück vom Heuboden und stirbt - wie es eine dunkle Prophezeiung vorhergesagt hat. Das ist das Handlungsgerüst von Alphonse Daudets Theaterstück "L'Arlésienne". 1827 bekam Georges Bizet den Auftrag, für das Pariser Vaudeville-Theater eine Bühnenmusik zu diesem Schauspiel zu komponieren. Innerhalb weniger Wochen entstanden in enger Zusammenarbeit mit Daudet 27 Sätze, die das Drama musikalisch umrahmen: Vor- und Zwischenspiele, Finali zu den drei Akten und kurze Melodramen. Bizet ließ sich dafür von Themen aus der provencalischen Volksmusik anregen.

Die Uraufführung des musikalischen Schauspiels war ein Misserfolg - was sicherlich auch daran lag, dass das Stück in allerletzter Minute und kaum geprobt auf die Bühne kam. Aber die Suite, die Bizet wenig später daraus zusammenstellte, wurde neben der Oper "Carmen" zu seinem bekanntesten Stück. Nach Bizets Tod fügte sein Freund Ernest Guiraud vier weitere Sätze aus der Schauspielmusik zu einer zweiten Suite zusammen. Der Dirigent Ruben Gazarian hat für ein Konzert mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR aus beiden Suiten vier Stücke ausgewählt, die unser "Musikstück der Woche" bilden.

Das Prélude eröffnet Bizets Schauspielmusik. Es ist ein Marsch, dessen Thema auf ein altes Dreikönigslied zurückgeht. Es stammt - wie die rätselhafte Schöne des Theaterstücks - aus der Gegend um Arles. Das Adagietto malt im Dämmerlicht gedämpfter Klangfarben eine Atmosphäre der leidenschaftlichen Sehnsucht. Carillon (Glockenspiel) ist auf einem Fundament aus drei Tönen gebaut, das als Ostinato die Rahmenteile des Satzes durchzieht. Dazwischen ist ein Abschnitt aus wiegenden Rhythmen eingebaut, der an schlichte Hirtenmelodien erinnert. Die Farandole greift noch einmal den Dreikönigsmarsch auf und kombiniert ihn mit einer provencalischen Volksmelodie, dem "Tanz der feurigen Pferde". Hier imitiert Bizet zwei Folkloreinstrumente: Tambourin und Galoubet, eine einfache Flöte, die mit einer Hand gespielt wird, sodass der Musiker gleichzeitig das Tambourin schlagen kann.

Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR

Das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR spielt jährlich rund 90 Konzerte im Sendegebiet des Südwestrundfunks, in den nationalen und internationalen Musikzentren und bei bedeutenden Musikfestspielen. Ein herausragender Höhepunkt in der Geschichte des RSO Stuttgart war das Konzert zum 80. Geburtstag von Papst Benedikt XVI. im Vatikan, das im April 2007 weltweit live übertragen wurde.

Das Orchester pflegt das klassisch-romantische Repertoire in exemplarischen Interpretationen und setzt sich mit Nachdruck für zeitgenössische Musik und selten aufgeführte Komponisten und Werke ein. Bis heute hat es mehr als 500 Werke uraufgeführt.

Viele namhafte Dirigentenpersönlichkeiten haben das RSO in den letzten 60 Jahren geprägt, unter Ihnen Sergiu Celibidache, Carl Schuricht, Sir Georg Solti, Giuseppe Sinopoli, Carlos Kleiber, Sir Neville Marriner, Georges Prêtre und Herbert Blomstedt. Ebenso konzertieren regelmäßig hochkarätige Solisten aller Generationen beim RSO.

Seit 1998 ist Sir Roger Norrington Chefdirigent des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart. Er verleiht "seinem" Orchester ein unverwechselbares klangliches Profil durch die Verbindung von historisch informierter Aufführungspraxis mit den Mitteln eines modernen Sinfonieorchesters. Ergebnis dieser Synthese ist ein "reiner Klang", der von der Presse gerne als "Stuttgart Sound" bezeichnet wird.

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Doris Blaich