Musikstück der Woche vom 21. bis 27.12.2009

Auf dem Klavier durch Europa

Stand
AUTOR/IN
Doris Blaich

Johann Sebastian Bach: Französische Suite Nr. 5 G-Dur BWV 816

In seinen Französischen Suiten hat Johann Sebastian Bach Europa zum Klingen gebracht. Der englische Pianist Jonathan Plowright spielt in unserem „Musikstück der Woche“ die fünfte Suite; ein Live-Mitschnitt vom April 2008 aus unserer Konzertreihe „Internationale Pianisten in Mainz".

Der Komponist Johann Sebastian Bach auf einem Ölgemälde von Elias Gottlob Haußmann (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa -)
Johann Sebastian Bach

Ein halbes Jahr nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Johann Sebastian Bach erneut: im Dezember 1720 nahm er die Sängerin Anna Magdalena Wilcke zur Frau. Für sie stellte er ein „Klavierbüchlein“ zusammen, in das er auch fünf Französische Suiten aufnahm. Später überarbeitete er die Suiten mehrfach und komponierte noch eine sechste Suite hinzu.

Von den sechs Suiten gibt es mehrere zeitgenössische Abschriften; zum großen Teil sind sie von Bachs Schülern geschrieben. Jede davon ist anders: Hier ist ein einzelner Ton oder ein Vorzeichen verändert, dort ein kleines Ornament eingefügt, das der nächste Schreiber wieder verworfen hat; hier hat jemand Angaben zur Artikulation notiert, dort hat ein anderer die Führung der Stimmen ein wenig variiert. So lässt sich an diesen Handschriften auch etwas von Bachs Unterrichtsweise erahnen.

Die fünfte Suite in G-Dur hat er vermutlich 1723 in Köthen begonnen und erst im Jahr darauf fertiggestellt, als er bereits Kantor an der Leipziger Thomaskirche war.

Der Titel heißt zwar „Französische Suite“, ebenso gut aber könnte er „Europäische Suite“ heißen. Denn in den sieben Sätzen – allesamt sind es stilisierte Tänze – klingen die verschiedenen Nationen Europas an. Die Allemande verweist schon mit ihrem Namen auf ihren deutschen Ursprung. Die Sarabande stammt aus Spanien. Ursprünglich war sie ein wilder, lasziver Paartanz. Im Lauf der Zeit nahm sie sprichwörtlich an Gewicht zu; im 18. Jahrhundert ist sie ein stilisierter, zeremonieller Tanz mit winzigen Schritten, der für den Tänzer ein echter Balanceakt ist. Aber hier muss man ja nicht tanzen, sondern darf lauschen! Die Courante ist ein lebhafter französischer Tanz, der auch in Italien unter dem Namen „Corrente“ beliebt war. Gavotte, Bourée und Loure sind in Frankreich zu Hause. Die Ursprünge der Gigue liegen in England. Sie ist ein fröhlicher ‚Rausschmeißer’, deren Schrittfolgen aus Seitgalopp-artigen kleinen Sprüngen und beherzten Stampfern besteht.

 

Jonathan Plowright

Der Pianist Jonathan Plowright (Foto: Pressestelle, www.jonathanplowright.com - Photo: Sagar-Stewart)
Der Pianist Jonathan Plowright

Der Pianist Jonathan Plowright studierte an der Royal Academy of Music in London und schloss im Jahre 1983 mit der Goldmedaille ab. Im selben Jahr wurde er zum „Commonwealth Musician of the Year“ ernannt und gewann 1989 den „European Piano Competition“. Heute gehört Jonathan Plowright zur Gilde der britischen Spitzenpianisten, und er konzertiert in der ganzen Welt. In letzter Zeit hat sich Plowright zu einem Spezialisten für die polnische romantische Klaviermusik entwickelt. Neben einer hochgelobten Chopin-CD hat seine Aufnahme mit Klavierwerken von Ignaz Paderewski große Aufmerksamkeit erregt.

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Doris Blaich