Musikstück der Woche vom 18.5. bis 24.5.2009

Finale in Baden-Baden

Stand
AUTOR/IN
Kerstin Unseld

1865 schrieb Johannes Brahms den letzten Satz seiner Violoncellosonate Nr. 1 e-moll op. 38 in der Kurstadt an der Oos

Im Kammermusiksaal des Bruchsaler Schlosses spielten Alban Gerhardt (Violoncello) und Steven Osborne (Klavier) am 28. Januar 2007diese Sonate, die Brahms' mit 28 Jahren ganz in der Verehrung für Beethoven komponiert hatte.

Beethoven gefolgt

Die 1860er Jahre in Johannes Brahms' Leben waren geprägt von seiner Auseinandersetzung mit dem Vorbild Beethoven. Der knapp 30-jährige, noch weitgehend unbekannte Pianist und Komponist Brahms orientierte sich an dem Wiener Klassiker, studierte sein OEuvre intensiv und pflegt regen Kontakt mit Gustav Noteboom, dem berühmtesten Beethoven-Forscher dieser Zeit. Nach dem Vorbild nun Cellosonaten zu schreiben, lag für Brahms förmlich auf der Hand, war doch Beethoven als Pionier dieser Gattung mit seinen beiden Cellosonaten wirklich richtungsweisend. Cello und Klavier als gleichwertige Duopartner, das war das Neuartige in Beethovens Sonaten - und Brahms tat es Beethoven nach.

Die Sonate Nr. 1 e-moll op. 38 entstand in zwei Schritten, wobei die ersten Sätze im Jahr 1862 entstanden, das Finale drei Jahre später aber erst in Baden-Baden komponiert wurde. Brahms hatte gerade seinen Dienst an der Wiener Singakademie quittiert um als freischaffender Künstler zu arbeiten und kam nach Baden-Baden zu Clara Schumann. Hier vollendete er seine erste Cellosonate, die ursprünglich sogar aus vier Sätzen in der traditionellen Satzfolge bestand. Den langsamen Satz aber vernichtete Brahms und war trotz Bitten von Clara Schumann nicht dazu zu bewegen, die Sonate viersätzig zu veröffentlichen.

Gewidmet hat der leidenschaftliche Manuskriptsammler Brahms sein Opus 38 übrigens dem Juristen Josef Gänsbacher. Grund: Gänsbacher hatte Brahms eine Handschrift von Franz Schuberts Lied "Der Wanderer" vermittelt. Ein Umstand allerdings, der sich nicht musikalisch in der Sonate niedergeschlagen hat. Dennoch ist Brahms' erste Cellosonate eine fast 'historische': Außer den Ähnlichkeiten zu Beethoven griff Brahms hier auch auf Johann Sebastian Bach zurück, zitierte er hier doch dessen "Kunst der Fuge".

Alban Gerhardt und Steven Osborne

"Auch wenn sein Haar aufsässig wirkt, ist er ein Muster von musikalischer Aufrichtigkeit und Charisma. Und sein Spiel ist lupenrein, sprechend und entspannt…Eine edle Interpretation!" schrieb die Los Angeles Times über Alban Gerhardt.

Nach frühen Wettbewerbserfolgen und seinem Debüt als 21jähriger bei den Berliner Philharmonikern begann Alban Gerhardts internationale Karriere, die ihn inzwischen international zu über 160 verschiedenen Orchestern geführt hat. Trotz seiner intensiven solistischen Tätigkeit spielt Kammermusik im Schaffen des Boris Pergamenschikow-Schülers Alban Gerhardt eine wichtige Rolle: Bei internationalen Festivals wie den Londoner Proms und dem Edinburgh Festival und in renommierten Sälen wie der Wigmore Hall in London, der Berliner Philharmonie, der Suntory Hall in Tokio und dem Pariser Chatelet musiziert Alban Gerhardt regelmäßig. Auch bei den Bruchsaler und Ettlinger Schlosskonzerten gastierte er bereits mehrfach.

Alban Gerhardt musiziert seit vielen Jahren gemeinsam mit Steven Osborne. Der 1971 in Schottland geborenen Pianist machte 1991 durch seinen Erfolg beim Clara Haskil-Wettbewerb international erstmals auf sich aufmerksam und konzertiert seither erfolgreich auf der ganzen Welt. Steven Osborne studierte bei Richard Beauchamp in Edinburgh und bei Renna Kellaway in Manchester. Mit eigenwillig tiefen Interpretationen des Hauptrepertoires beeindruckt Osborne, aber auch mit spannende Entdeckungen in der Klavierliteratur des 20. Jahrhunderts (Messiaen, Tippett, Alkan). International bekannt wurde er für seine Interpretationen der Klavierkonzerte von Benjamin Britten und Sir Michael Tippett.

Stand
AUTOR/IN
Kerstin Unseld