Musikstück der Woche vom 2.3. bis 8.3.2009

Allerhand Zauberhaftes

Stand
AUTOR/IN
Kerstin Unseld

Seine "Zauberharfe" verwandelte Franz Schubert später in die "Fürstin Rosamunde"

Und Sir Roger Norrington verwandelte die Ouvertüre zur "Zauberharfe" gemeinsam mit dem RSO Stuttgart des SWR am 5. Mai 2002 im Schwetzinger Rokokotheater in schnörkellose Interpretation auf historischer Bühne.

Gerettet durch 'Recycling'

Stellen Sie sich eine Handlung vor, die so etwas wie eine Mischung aus »Die Zauberflöte«, »Il trovatore« und »Tannhäuser« ist. Ungefähr so: Die Fee Melinde ist mit dem Graf von Montabor Arnulf vermählt. Ihren Sohn übergibt sie dem Feuer, damit Arnulfs Nichte Ida das Thronerbe Brabants antreten kann. Der Sohn stirbt jedoch nicht, sondern lebt arm in einem fremden Land. Sein einziger Besitz ist eine Zauberharfe. Ein weiterer Protagonist ist ein böser Feuerdämon namens Sutur. Mit Gesang und Zauberkünsten erringt am Ende der Troubadour Palmerin, der niemand anderes ist als Melindes und Arnulfs Sohn, mit Gesang und Zauberharfe die Liebe Idas zu erringen und den Feuerdämon Sutur zu vernichten.

Ungefähr so verlief die Handlung zu Georg Ernst von Hofmanns Zauberspiel „Die Zauberharfe“, für deren Uraufführung im Sommer 1820 am Theater an der Wien Franz Schubert die Musik schrieb. Der Text dieses zumeist gesprochenen Ritterstücks ist verschollen, kann somit in seiner ursprünglichen Fassung nicht mehr rekonstruiert werden. Nur Schuberts Musik – neben der Ouvertüre eine Reihe von Männerchören sowie umfangreiche Melodramen – hat sich erhalten.

Wesentlich wichtiger als die Handlung scheint in diesem Zauberspiel sowieso die Rolle der Dekorateure, Maschinisten und dem Kostümbilder gewesen zu sein, die mit ihren Bühnenkünsten ‚zauberten’. Allerdings herrschten wohl chaotische Probenverhältnisse bei der Inszenierung dieses aufwändigen Zauberspiels. Die Schauspieler meisterten ihren Texten nur mit Mühe, der Souffleur leistete Schwerstarbeit. An der "Zauberharfe" ließen schließlich die Kritiker kein gutes Haar, allenfalls Schuberts Musik kam besser weg, Georg Ernst von Hofmanns Libretto aber wurde als "langweiliger Unsinn" abgetan. Schon die dritte Aufführung der "Zauberharfe" fand vor halbleeren Rängen statt und nach der achten Vorstellung verschwand das Stück von der Bühne. Nicht nur künstlerisch sondern auch finanziell erwies sich die "Zauberharfe" für Schubert als ein neuerlicher Misserfolg auf der Opernbühne; 500 Gulden waren Schubert als Honorar zugesagt, davon bekam er allerdings keinen einzigen.

Übrigens: Vielleicht kennen Sie die Musik aus einem anderen Zusammenhang. Denn diese Ouvertüre zum 1. Akt der "Zauberharfe" setzte Schubert später als Ouvertüre zum Schauspiel "Rosamunde, Fürstin von Zypern" D 797 1823 ein zweites Mal ein. Mit dieser Form von Recycling überlebte die Musik der "Zauberharfe". Als auch das Schauspiel "Rosamunde" ein Misserfolg wurde, wurde die in Rosamunde verzauberte Zauberharfe schon bald separat veröffentlicht und fand unter diesem Titel den Weg auf die Konzertbühne. Erst Ende des 19. Jahrhunderts erhielt sie ihren ursprünglichen Titel zurück.

Schubert schnörkellos

Das Radio-Snfonieorchester Stuttgart des SWR spielt jährlich rund 90 Konzerte im Sendegebiet des Südwestrundfunks, in den nationalen und internationalen Musikzentren und bei bedeutenden Musikfestspielen. Das RSO pflegt das klassisch-romantische Repertoire in exemplarischen Interpretationen und setzt sich mit Nachdruck für zeitgenössische Musik und selten aufgeführte Komponisten und Werke ein.
Viele namhafte Dirigentenpersönlichkeiten haben das RSO in den letzten 60 Jahren geprägt, unter Ihnen Sergiu Celibidache, Carl Schuricht, Sir Georg Solti, Giuseppe Sinopoli, Carlos Kleiber, Sir Neville Marriner, Georges Prêtre und Herbert Blomstedt. Ebenso konzertieren regelmäßig hochkarätige Solisten aller Generationen beim RSO.

Seit 1998 ist Sir Roger Norrington Chefdirigent des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart. Er verleiht "seinem" Orchester ein unverwechselbares klangliches Profil durch die Verbindung von historisch informierter Aufführungspraxis mit den Mitteln eines modernen Sinfonieorchesters. Ergebnis dieser Synthese ist ein "reiner Klang", der von der Presse gerne als "Stuttgart Sound" bezeichnet wird.

Von Norringtons Verzicht auf 'romantische' Klangtraditionen - beispielsweise mit viel Vibrato in den Streichern - kommt vor allem Interpretationen von klassischen und frühromantischen Werken wie z.B. denen von Schubert entgegen. Norringtons "reiner" Streicherton ist gerade hier zum Markenzeichen geworden.

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Kerstin Unseld